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Hinter der Tür

Hinter der Tür

Titel: Hinter der Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Ihnen verquatschen.« Als Steve nicht antwortete, seufzte Baldridge und sagte: »Also gut, ich will Ihnen sagen, was ich weiß. Viel ist es nicht. Miss Malmquist hat keine Familie mehr, nur eine Tante in Seattle, die das Mädchen seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hat. Soweit wir wissen, hat sie in drei Städten gelebt, nachdem ihre Familie den Nordwesten verließ, als sie noch klein war – Los Angeles, Phoenix und New York. Wir nehmen an, daß sie in Phoenix mit einem Mann zusammengelebt hat, der sie dann verließ; damals muß sie den ersten Versuch mit den Pulsadern gemacht haben. Als ihr Vater starb, bekam sie etwas Geld von der Versicherung und ging ins Ausland. Sie war etwa achtzehn Monate unterwegs und besuchte Kunstschulen, eine in Paris und eine in der Schweiz. Dann kam sie nach New York zurück und blieb hier, organisierte ihre Sprechstunden auf der Couch und endete schließlich mit der Rasierklinge in der Hand.«
    »Ach, so hat sie das gemacht?« fragte Steve tonlos. »Mit einer Rasierklinge?«
    »Ganz saubere Sache. Sollte man gar nicht annehmen, bei all dem schmutzigen Geschirr im Abwasch – aber sie hat sich Mühe gegeben, die Schweinerei so gering wie möglich zu halten.«
    »Können Sie mir das mal beschreiben? Ich meine, wie Sie sie gefunden haben.«
    Baldridge kniff die Augen zusammen. »Warum? Was ist daran so wichtig?«
    »Ich möcht‘s nur wissen. Nennen Sie‘s morbide Neugier. Bitte geben Sie mir die Beschreibung, dann belästige ich Sie nicht mehr.«
    »Na gut«, erwiderte Baldridge. »Sie hat sich im Badezimmer umgebracht. Sie zog ein ärmelloses Baumwoll- neglige an und setzte sich mit einer einseitig geschärften Rasierklinge auf die Badematte. Sie stellte das Wasser an und schnitt sich beide Pulsadern auf. Als sie ohnmächtig wurde, schlug sie mit dem Kopf gegen den Rand der Badewanne. Nach einer gewissen Zeit starb sie.«
    Er griff nach dem Kaffeebecher und leerte ihn bis zum bitteren Bodensatz. Als er ihn wieder auf den Tisch stellte, blickte Steve in den Becher und sah zu, wie ein Streifen schwarzer Kaffeesatz hinabglitt – für ihn war das in diesem Augenblick der deprimierendste Anblick seines Lebens.
    Er rief von der Telefonzelle an der Ecke im Gunnerson-Haus an und regte sich auf, als Mrs. Bellinger ihm berichtete, Gail sei im Bett.
    »Wer ist denn auf die Idee gekommen? Was soll ihr die Bettliegerei nützen, sie hat doch keine Masern! In dem verdammten Zimmer dreht sie nur noch mehr durch!«
    Mrs. Bellinger war gekränkt. »Nicht ich habe das angeregt, sondern ihr Arzt.«
    »Sie meinen Vanner?«
    »Ja, der neue Arzt. Sie wollte nicht, daß ich Dr. Yost anrief, ihren praktischen Arzt. Sie meint, der könnte sowieso nichts für sie tun.«
    »Rufen Sie mal hoch zu Gail. Ich will mit ihr reden.«
    »Sie hat gesagt, sie will niemanden sprechen.«
    »Mir ist egal, was sie Ihnen gesagt hat«, meinte Steve drohend. »Ich will mit Gail sprechen. Ich muß sie aus dem elenden Bett holen!«
    »Tut mir leid, das kann ich nicht. Ich kann doch nicht gegen ärztliche Anweisung handeln!«
    Steve fluchte laut vor sich hin, legte jedoch so rechtzeitig auf, daß Mrs. Bellinger annehmen mochte, er habe nur einige Familienvorfahren beschworen. Dann wählte er die Nummer von Vanners Büro und bekam wie erwartet den Antwortdienst in die Leitung.
    »Ich weiß, ich weiß, der Doktor hat seine Sprechstunde und läßt sich nicht stören. Nur muß ich ihn bitte sofort sprechen, und ich bin nicht mehr lange unter dieser Nummer zu erreichen.«
    Vanner rief schließlich eine Viertelstunde später zurück. Steve regte sich gleich über seine ersten Worte auf.
    »Na, was haben wir denn so Dringendes?«
    »Wissen Sie, wo diese Telefonzelle steht?« fragte Steve barsch. »Direkt vor dem 20. Revier der New Yorker Polizei.«
    Trocken: »Hat man Sie verhaftet, Mr. Tyner? Dann rufen Sie lieber einen Anwalt an.«
    »Ich habe mit den Beamten über Helen Malmquists Selbstmord gesprochen.«
    »Warum? Was geht Sie das an?«
    »Soweit ich weiß, hat die Polizei bereits mit Ihnen darüber gesprochen.«
    »Natürlich. Helen war immerhin meine Patientin. Ich habe alles zu Protokoll gegeben, was die Beamten meiner Meinung nach über ihre Probleme wissen mußten. Ich wüßte nicht, was Sie noch dazu beisteuern könnten.«
    »Sie haben alles über Helen zu Protokoll gegeben. Aber was ist mit Ihrer anderen Patientin? Gail Gunnerson?«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    »Sie haben der Polizei nicht berichtet, daß Gail

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