Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will
korrekt verhalten oder als Leiterinnen und Führungspersonen darauf beharren, sorgen wir im Moment für Ruhe, aber deswegen nicht notwendigerweise für eine Lösung der Krise oder des Konflikts. Wenn die Ruhe dazu führt, dass alle besser gehört werden, dann steht sie im Dienst des Prozesses. Ist es nur eine verordnete Ruhe, dann bricht sie vielleicht die Stimme der Sprecherin im Augenblick, aber nicht die Kraft der Rolle im Hintergrund. Diese wird sich, wenn das verborgene Anliegen stark ist, stark machen müssen und so oder so ihre Aufmerksamkeit beanspruchen. Rollen halten sich so lange fest, bis ihre tiefsten Träume und Wünsche verstanden werden.
Wenn wir Menschen zwingen, sich korrekt zu verhalten, sorgen wir für Ruhe, aber nicht für eine wirkliche Lösung.
In die Praxis umgesetzt:
Einen Vorwurf ernst nehmen und die eigene Rolle dabei entdecken und besser verstehen
• Denken Sie an eine Situation in der vergangenen Zeit, da Ihnen ein Vorwurf gemacht wurde, der Ihnen wehgetan hat. Sie fühlten sich angegriffen und schlecht behandelt und haben sich oder hätten sich gerne besser verteidigt.
• Packen Sie den Vorwurf in einen Satz: »Du bist, du hast, du hättest...« Schreiben Sie ihn auf ein Blatt Papier und legen es auf den Boden.
• Stellen Sie sich auf das Blatt und tun Sie einfach für eine Weile so, als ob der Vorwurf stimmt, und sagen Sie laut: »Ich bin, ich habe...«, auch wenn es für Sie so nicht wirklich stimmt.
• Überlegen Sie nun, wozu dieses »Ich bin zu laut«, »Ich drücke mich« oder was immer es war, gut sein könnte. Wo im Leben könnten Sie davon mehr gebrauchen? Vielleicht spüren Sie jetzt etwas von der Essenz und Kraft, die in dem Verhalten steckt und die Sie noch bewusster in Ihr Leben nehmen könnten.
• Haben Sie einen Namen für die Rolle, die diese Kraft und Essenz ins Leben trägt? Schreiben Sie den Namen für die Rolle auf einen Zettel und legen ihn auf den Boden.
• Stellen Sie sich nun in die Position und sprechen Sie aus der Rolle heraus, was Sie sich wünschen. Die Rolle hat auch eine Botschaft an die Gruppe, aus der der Vorwurf kam. Welche könnte das sein? Sprechen Sie sie aus!
• Gehen Sie in Gedanken noch einmal kurz zurück zu dem Vorwurf. Welche gemeinsamen Verbotsstimmen haben diesen Vorwurf entstehen lassen? Gibt es eine gemeinsame Grenze, die Sie mit anderen Menschen teilen?
Seitenwechsel: Präventive Konfliktarbeit im Alltag
Konflikte entstehen bevorzugt dann, wenn wir zu lange nicht auf der eigenen Seite gestanden haben. Einem Freund haben wir viel zu spät gesagt, dass wir bestimmte Dinge nicht mögen, einen Arbeitsplatz haben wir nicht verlassen, weil wir an unsere finanzielle Sicherheit gedacht haben, aus einer Beziehung sind wir ausgestiegen, weil unsere Wünsche, aber auch unser Nein darin keinen Platz hatten. Wir haben kein richtiges Ja für unsere Fehler oder unsere Unvollkommenheit und stehen vielleicht noch zu sehr auf der Seite unserer Kritiker. Wenn wir die eigene Seite über eine längere Zeit vernachlässigen, muss sie böse werden.
In allen zwischenmenschlichen Situationen stehen wir natürlicherweise mal auf der eigenen und dann wieder auf der Seite unseres Gegenübers. Wir fordern oder wünschen uns etwas und denken, dass der andere vielleicht ein Problem damit hat. Wir wollen etwas Wichtiges ansprechen und überlegen, ob die andere das auch hören will und wie wir es so sagen können, dass es ihr oder ihm gut damit geht. Wenn wir diesen Wechsel bewusst in die Kommunikation mit hineinnehmen, ist das ein wunderbares Mittel für ein bekömmlicheres Miteinander in Familie, Partnerschaft
und im Arbeitsleben. Der prozessorientierte Seitenwechsel passt sich dem natürlichen Lauf der Kommunikation an.
Als systemische Therapeutin arbeite ich schon lange in Einzelaufstellungen oder in Beratungsgesprächen mit einem inneren oder in der Aufstellung vollzogenen Positions- oder Seitenwechsel. Das kann sehr frappierend sein, wenn sich ein Klient aus der Perspektive der Konfliktpartnerin sozusagen von außen anschaut und beispielsweise feststellt, dass das eigene Verhalten wenig hilfreich ist, um Veränderungen beim Partner hervorzurufen. Auch neutrale Metapositionen oder die Einnahme einer Weisheitsposition haben sich bewährt.
I n Konflikten und zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen kämpfen wir meistens darum, dass die anderen uns endlich verstehen und uns mit dem Verständnis quasi die Erlaubnis geben, so zu denken oder so zu
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