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Hinterhalt am Schwarzen Fels

Hinterhalt am Schwarzen Fels

Titel: Hinterhalt am Schwarzen Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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für den Besucher. Auf jeder Seite waren ein Mikrofon und ein
Lautsprecher. Man konnte also miteinander reden und Sichtkontakt bestand
sowieso. Der und nur der war heute wichtig für Mulka.
    Niemand war da.
    Mulka schlurfte zu dem Stuhl
und setzte sich.
    Hinter ihm, an die Wand
gelehnt, bezog Paulmann Posten.
    Eine halbe Minute verging. Dann
öffnete sich die Tür auf der anderen Seite. Eine Frau trat ein — zögernd,
hinter ihr ein Justizbeamter, der Södderich hieß und mit einem Auge stark
schielte.
    Die Frau blickte durch die
Scheibe herüber, nickte unsicher und setzte sich.
    Södderich stellte sich hinter
ihr auf, ebenfalls seitlich. Mulka und die Frau sahen sich an.
    Paola Beneviste mochte 30 sein,
war schmal und hoch gewachsen. Braune Augen, breiter Mund. Mit langer Mähne
wäre sie attraktiv gewesen, aber sie trug das dunkle Haar in halber
Streichholzlänge und wirkte ein bisschen wie ein freundlicher Igel.
    Die Mikrofone waren fest
installiert, die Lautsprecher eingeschaltet. Paola kreuzte die Arme vor der
Brust, ohne dabei die Hände zu verstecken. Nervös klopften fünf Finger der
linken Hand auf den rechten Oberarm — und umgekehrt. Aber nach den ersten
Worten kamen die Finger zur Ruhe.
    »Hallo, Dieter!«
    »Hallo, Paola! Nett, dass du
mich besuchst.«
    Sie nickte. Zufrieden stellte
sie fest, dass er ihr nicht in die Augen sah. Nein, er starrte auf ihre Finger.
    »Wie geht es dir?«
    Er grinste. »Ausgezeichnet. Ist
wie Urlaub. Hier fühlen wir uns wie in ‘nem Wellness-Hotel. Und die hohen
Mauern ringsum sorgen dafür, dass wir unter uns bleiben.« Er verstärkte sein
Grinsen. »Kein unerwünschter Besuch. Hier ist die Elite unter sich.«
    Sie lächelte schwach. Mit der
linken Hand hatte sie die Fünf signalisiert — durch kurzes Krümmen der Finger —
, dann die Drei, die Zwei und wieder die Fünf. Die rechte Hand stand für
doppelte Zahl. Fünf Finger bedeuteten die Zehn, drei die Sechs.
    Sie morste langsam, damit er
sich die Zahlenfolge einprägen konnte, wechselte schließlich die Armhaltung,
indem sie nun den rechten Arm obenauf legte und den linken nach unten nahm.
Dann wiederholte sie ihre stumme Botschaft.
    »Ich soll dich grüßen von einem
Lutz Bormeister. Er sagte, er sei ein Schulfreund von dir. Aber er weiß nicht,
dass du hier bist.«
    »Grüß ihn zurück. Sag ihm, ich
wäre gerade am Amazonas. Kokosnüsse ernten. Oder was man dort so treibt.«
    »Du bist verbittert.«
    »Paola, ich habe
lebenslänglich. Du wirst es nicht für möglich halten, aber so was drückt auf
die Stimmung.«
    »Du hast mir nie was gesagt.«
    »Sollte ich dich da mit reinziehen?«
    »Kurt hat mich auch außen vor
gelassen. Ich bin wie aus allen Wolken gefallen.«
    »Sei froh. Sonst wärst du
nämlich jetzt hier. Der graue Betonklotz auf der Westseite — das ist der
Frauenknast. Aber wir kriegen nie eine Tussi zu sehen. Sie könnten ebenso gut
am Nordpol sein.«
    »Noch fünf Minuten«, sagte
Södderich barsch. »Noch fünf Minuten Sprechzeit.«

    Paola lächelte und ließ die
Hände sinken, die jetzt brav im Schoß ruhten auf einem schokoladebraunen
Jeansrock mit weißen Steppnähten.
    »Bist du inzwischen
verheiratet?«, fragte Mulka und memorierte (auswendig lernen ) alle
Zahlen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich
bleibe lieber allein.«
    Himmel!, dachte Paulmann. Reden
die einen Mist! So kann man Besuchszeit vergeuden. Allerdings, angenehm ist es
sicherlich nicht, wenn zwei Fremde mithören. Ist nun mal unsere Aufgabe.
Feststellen sollen wir, ob die sich heimlich was mitteilen. Verschlüsselt. Ein
Ding der Unmöglichkeit. Dazu müsste man ihre Geheimsprache kennen, ihren Code.
    Die Besuchszeit endete. Laue
Abschiedsworte. Entweder empfanden Paola und Mulka nichts mehr füreinander oder
sie ließen sich nicht in die Karten gucken. So schlussfolgerten Paulmann und
auch Södderich.
    Fünf Minuten später war Mulka
wieder in seiner Zelle und die elektronische Sperre rastete ein im Türschloss.
Er setzte sich aufs Bett. Er stand wieder auf, nahm den Notizblock vom Tisch
und den Bleistift mit viel zu weicher Mine.
    Im Liegen schrieb Mulka die
Zahlen auf — in drei Spalten: links die für die Buchseiten, rechts daneben die
für die jeweilige Zeile, ganz rechts jene für die betreffenden Worte in der
Zeile.
    Alle Angaben bezogen sich auf
den Kriminalroman »Rose mit tödlichem Duft«, den eine gewisse June Anne Flood
vor 20 Jahren verfasst hatte, eine englische Autorin. Die deutsche Übersetzung
las sich besser

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