Hinterhalt am Schwarzen Fels
drei
Kilometer von hier.«
Udo erhielt Applaus, dann
ging’s an die Belegung.
Tim, Karl und Klößchen bezogen
ein Dreierzimmer im ersten Obergeschoss. Gaby und Rebecca wollten daneben
einchecken. Aber es war schon von zwei Männern belegt, einem bulligen Typ Marke
Panzerschrank und dessen Kumpel, der drahtig aussah und eine Hakennase trug wie
ein Geier sein Werkzeug. Die beiden standen im Türrahmen und beobachteten die
neuen Gäste.
Die Mädchen nahmen also das
drittnächste Zimmer im Flur. Ihnen gegenüber war ebenfalls ein Doppelzimmer, wo
Landres und Hendrik gerade mit dem Auspacken anfingen.
Die Bude der Jungs war eng. Ein
Etagenbett, ein einzelnes Bett im rechten Winkel dazu, drei schmalbrüstige
Schränke und ein Fenster zum Wald. Der war so nahe, dass Tim die Barthaare der
Eichhörnchen zählen konnte.
»Wer im Adlernest lebt«,
seufzte Klößchen, »den kann auch die Einzelhaftzelle für Galeerensklaven nicht
schrecken.«
»Nana«, meinte Tim. »Nichts
gegen unsere Behausung. Wenn wir in rosiger Zukunft nach dem Abitur dort zum
letzten Mal die Tür zumachen, werden Tränen fließen.«
»Stimmt!«, nickte Klößchen.
»Wahrscheinlich schwanke ich dann in einer Entscheidung herum: Werde ich
Direktor in unserer Schokoladenfabrik oder Hausmeister im Internat?«
»Seid ihr Internatsschüler?«,
fragte eine Stimme von der Tür her, die offen stand.
Tim drehte sich um. Der
Panzerschrank-Typ von nebenan lehnte am Rahmen. Eine gewollte Freundlichkeit
klebte auf dem Gesicht. Für Tim sah die Mimik so echt aus wie ein
Sieben-Euro-Schein. Der Typ musterte ihn aus sehr kleinen Pupillen.
»Teils, teils«, erwiderte Tim.
»Internatler und Externe.«
»Gute Mischung, ja?«
»Wir sind eine Superschule.«
»Und wo?«
Tim nannte Stadt und Schule.
»Ich war leider nie auf der
Oberschule.«
Hätte ich fast vermutet, dachte
Tim und verzichtete auf Antwort.
»Ich bin Leo.« Er streckte Tim
seine Hand hin.
»Freut mich. Ich bin Tim.«
Leos Rohrzangen-Händedruck war
wie Stahl, aber Tim hielt mühelos dagegen, und Leos Miene fiel für eine Sekunde
auseinander, baute aber sofort wieder die gewollte Freundlichkeit auf.
»Heh, Jungs!«
Gaby, mit Rebecca im Schlepp,
tauchte auf hinter Leo.
»Kommt rein!«, freute sich Tim.
Er bedeutete Leo, Platz zu machen, und der Typ schob ab.
Die Mädchen setzten sich auf
Klößchens Liege, die untere Hälfte des Etagenbetts. Karl hatte bereits
eingeräumt, auch Tims Klamotten lagen im Schrank. Klößchen schichtete noch
Schokoladentafeln ins Wäschefach.
»Schön habt ihr’s hier«,
lächelte Rebecca.
Sie würde auch ein Rattenloch
loben, dachte Tim, und wäre bereit, für alle die Schuhe zu putzen.
»Und ihr?«, fragte Karl.
»Ganz toll«, antwortete Gaby.
»Stellt euch vor, woran Rebecca gedacht hat! An künstliche Blumen! Ehrlich,
Rebi hat einen künstlichen Blumenstrauß mitgebracht — und jetzt sieht’s bei uns
richtig geschmückt aus.«
Rebecca lächelte glücklich.
»Man denkt, es sind echte Blumen. Schnittblumen mag ich eigentlich nicht. Sie
verwelken schnell, sind dann tot. Aber Blumen sollen leben. Deshalb liebe ich
Topfpflanzen.«
»Ich liebe Minikakteen«,
grinste Klößchen. »Die kann man so gut in Hauslatschen verstecken — und sich
dann aufs Gebrüll freuen.«
»Hat er das etwa bei dir
gemacht, Tim?«, fragte Rebecca.
»Ich bin doch nicht
lebensmüde«, übernahm Klößchen die Antwort. »Aber der dämliche Hannes Obermeier
hatte acht Stacheln im großen Zeh und weiß bis heute nicht, wer ihm den Streich
gespielt hat.«
Gaby deutete zur Tür, die immer
noch offen stand. »Wer war denn der Typ?«
»Keine Ahnung.« Tim hob die
Schultern. »Nennt sich Leo. Und ich glaube, er wollte mich testen.«
»Testen?«
»Per Händedruck. Wer ist der
Stärkere. Das ist üblich bei Ringern, bevor sie aufeinander losgehen. Die Kraft
der Hände zeigt schon mal, was kommen wird. Damit ist natürlich der Kampf noch
nicht gewonnen.«
»Es gibt ja Typen«, sagte Gaby,
»die das bei jedem machen. Sogar bei Mädchen. Völlig bescheuert. Aber denen
verhilft es zu Selbstbewusstsein. Und sie kneten Tennisbälle, damit die Finger
stärker werden.«
»Ich mache Liegestütze auf den
Fingerspitzen«, grinste Tim. »Mein Händedruck ist dir hoffentlich nicht
unangenehm.«
»Aber Häuptling! Ich denke
jedes Mal, du streichelst meine Hand.«
»So meine ich’s ja auch.«
»Genug der Turtelei«, forderte
Karl. Er lag auf dem Oberbett und polierte seine Nickelbrille. »Der
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