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Hinterhalt am Schwarzen Fels

Hinterhalt am Schwarzen Fels

Titel: Hinterhalt am Schwarzen Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Willi!«
    »Weshalb?«
    »Klassenfahrt. Um sechs Uhr
holt uns der Bus ab.«
    Klößchen drehte sich zur Wand.
»Ich... fahre nicht mit. Ich bin müde.«
    Tim antwortete nicht, sondern
zählte in Gedanken weiter: ...35, 36, 37... Bei 80 Liegestützen hörte er auf,
hängte sich stattdessen an das von ihm angebrachte Türreck und machte 30
Klimmzüge mit Ristgriff, dann — nach kurzem Ausschütteln der Arme — noch 20 mit
Kammgriff. Zum Abschluss zwei Minuten Dehnen im Seitenspagat — unerlässlich für
seine Beweglichkeit als Kickboxer. Nur ein Kurzprogramm, aber Tim war jetzt
munter.
    »Ich geh Zähne putzen und
duschen, dann bin ich fertig. Und natürlich werde ich die Zahnbürste einpacken.
Möchtest du eine Tasse Tee?«
    »Kakao! Was soll ich mit Tee?!«
    Tim grinste, schnappte sich
seinen Kulturbeutel und ging leise zum Waschsaal, hörte aber noch, wie Klößchen
fluchend das Fenster schloss.

5. Wo ist
das Handy?
     
    Ein halbes Dutzend Geiseln war
vorgesehen. Und die nimmt man nicht auf dem Gepäckträger mit. Westor und seine
Leute benutzten einen großen, alten Lkw — einen Mannschaftstransporter aus
ehemaligen Bundeswehrbeständen. Die alte Kiste hätte keinen TÜV mehr geschafft,
aber für diesen Coup mit kurzen Wegen war sie noch tauglich. Die graugrüne
Plane war rissig, aber rundum an den Pritschen festgezurrt. Die Ladeklappe
hatte nur noch einen Haken, hielt jedoch. Bei Ölsardinen-Enge passten mehr als
20 Leute auf die Ladefläche.
    Den Wagen hatten sie auf einer Waldlichtung
geparkt — etwa zwei Kilometer südwestlich des Internats. Ein breiter
forstwirtschaftlicher Fahrweg führte dorthin. Die Lichtung war Startplatz des
Kommandounternehmens.

    Und dorthin würde man auch
zurückkehren. Denn dort wartete der Hubschrauber, mit dem man dann endgültig
verschwinden wollte in ein entlegenes Versteck. Galeb würde den Hubschrauber fliegen,
war ausgebildet als Pilot, hatte das erlernt in einem terroristischen
Trainingslager im Nahen Osten.
    Auch die anderen hatten ihre
Spezialausbildung. Denn Terroristen waren sie alle, führende Köpfe der HDE,
dieser angeblich weltweit verzweigten Organisation. Im Sprachgebrauch der
Medien war die HDE ein Sammelbecken für Fanatiker, Spinner, Kriminelle,
Versager, Umstürzler, übrig gebliebene Söldner und charakterliche Monster,
nämlich Gewalttäter aus Leidenschaft. Das politische Ziel, von der HDE formuliert,
hörte sich ungefähr so an: Ein neues System muss her rund um den Globus. Alle
alten Systeme, Staats- und Regierungsformen müssen weg, und zwar mit Gewalt.
Bösartiger ging’s nicht: ein Programm für Anschläge jeder Größenordnung,
überall und jederzeit.
    Aber Westor hatte seinen Leuten
eingeschärft: »Wir treten nicht als HDE-Kämpfer auf. Vergesst es! Es würde
alles verraten. Kein politisches Wort! Wir sind Kidnapper, Geiselnehmer,
Lösegelderpresser. Sonst nichts. Das verschleiert unser Ziel. Wenn dann alles
gelaufen ist, sind die Bullen gelackmeiert. Alles klar?«
    Natürlich war alles klar. Und
keiner bezweifelte den Erfolg des Unternehmens. Westors Miene sah an diesem
Montagmorgen allerdings besonders vereist aus. Er war unzufrieden mit sich. Zum
ersten Mal seit er sich erinnern konnte, entdeckte er in seinem
Perfektionismus, in seiner zielgenauen Planung, einen Riss. Nichts
Wesentliches. Und es würde, wie er glaubte, auch keine Auswirkung haben,
dennoch — es störte ihn.
    Seit Freitag hatte er sein
Handy verlegt. Es war weg. Er fand’s einfach nicht. In Gedanken hatte er alles
zurückverfolgt bis zur letzten Handhabung. Das musste am Freitag gewesen sein,
morgens. Dann verlor sich das Sülzgerät irgendwo, steckte jedenfalls nicht in
der kleinen Ledertasche am Gürtel. Und auch von seinen Leuten hatte es keiner
gesehen, als er ganz beiläufig danach fragte.
    Wer sollte ihn anrufen? Er
hatte weder Familie noch Freunde oder liebe Bekannte. Als psychopathischer
Einzelgänger hatte er lediglich Komplizen, Mittäter. Und die waren alle hier.
Die konnten Auge in Auge mit ihm reden. Deshalb mochte es ohne Folgen sein,
wenn er für die Außenwelt zurzeit nicht erreichbar war. Mit einer Ausnahme:
seiner Informationsquelle. Doch von daher war alles geregelt. Es gab nichts
mehr zu sagen. Trotzdem — eine winzige, klitzekleine Möglichkeit bestand, dass
sein Handy inzwischen eine Nachricht in der Mailbox enthielt: eine Message, die
er sich nicht angehört hatte. Und das machte ihn unruhig. Dennoch, zugeben
wollte er seine Minipanne auf keinen

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