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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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die sich auszudrücken weiß. Was glauben Sie, wie lange jemand wie Sie es hier aushält?«
    Anna erwiderte nichts. Auch sie hatte sich diese Frage bereits gestellt.
    »Nicht reden, niemandem trauen, keine Gefühle, so werden Sie Ihre Zeit hier verbringen müssen. Aber das wird Ihnen nicht helfen. Es gibt Elemente hier, die genau das hassen, was Sie repräsentieren. Der kleinste Hinweis, dass Sie hier die große Nummer raushängen lassen, und man wird Ihnen den Arsch aufreißen.«
    »Vielleicht spielen die auch Muschilecken mit Ihnen. Wer weiß, im Laufe der Zeit finden Sie sogar Gefallen daran«, sagte Vincent.
    »Das sollte sie dann aber besser für sich behalten, oder was meinst du?«
    »Absolut.«
    Anna versuchte, die Worte abtropfen zu lassen. Es war reinste Gemeinheit und vulgäres Gerede von Leuten, die aussahen wie Anhänger einer Sekte. Das musste sie nicht an sich heranlassen. Sie presste die Lippen zusammen und beschloss, nichts mehr zu sagen.
    »Kommen Sie schon, Anna. Wer ist er?«, drängte Clyne.
    »Haben Sie Angst? Vielleicht können wir ja auch etwas zu Ihrem Schutz arrangieren. Was meinst du, Lesley?«
    Die Frau an der Tür trug das scheußlichste Kostüm, das Anna je gesehen hatte. Es war die improvisierte Aufmachung eines Filmstars aus den fünfziger Jahren in blauem Polyester. Sie kam herüber und setzte sich zu Anna an den Tisch, und ihr Lächeln war falsch und eisig. Vincent stand auf und steckte die Fotos in eine Aktentasche aus Kunstleder. »Detective Constable Clyne und ich werden jetzt gehen. Wir sehen uns wieder.«
    Sie verließen den Raum. Nach einer Weile zwang sich Anna, die Frau in dem blauen Kostüm anzusehen. An ihrem Revers hing ein Namensschild. Lesley Van Fleet. Sie war offenbar kein Cop, sondern Angestellte der Firma, die das Gefängnis betrieb. »Was geschieht nun?«
    »Wir beide werden uns ein bisschen unterhalten.«
    »Warum sollte ich? Sie sind kein Cop.«
    »Machen Sie es sich nicht so schwer«, sagte Van Fleet. »Reden Sie mit mir.« Sie lehnte sich zu ihr hinüber. »Fangen wir mit dem Geld an.«

    NEUNUNDDREIßIG

    Anna sprach nicht mit ihr. Van Fleet sagte: »Es wird Ihnen noch Leid tun, dass Sie nicht plaudern wollten«, und ging hinaus. Eine Aufseherin führte Anna durch lange Gänge, vorbei an einer Methadon-Ausgabestelle, einem Fernsehraum, an einer Bibliothek und an einem Raum, in dem Tischtennis und Schach gespielt wurde. Es war gerade die Phase der Freizeitgestaltung und Anna begegnete abschätzenden Blicken, kühler Herausforderung, aber auch dem einen oder anderen Grinsen. Sie wussten bereits alles über sie. »Was für ein Abstieg!«, bellte ihr eine hinterher.
    Auf ihrem langen Weg kam sie auch an Zellen vorbei. Sie waren hell und sahen bewohnt aus. Bücher und Kerzen auf Regalen, Poster und herausgetrennte Seiten aus Illustrierten an den Wänden, Batiktücher, die über Lampenschirme gebreitet waren, die Abdrücke der Körperformen der Benutzerinnen auf Kissen und Decken. Annas Zelle war schmal, nüchtern und kahl.
    Die Aufseherin drückte ihr Bettzeug und Bezüge in die Hand und wollte gerade verschwinden, als Anna fragte: »Und was jetzt?«
    »Evie wird dir alles erklären. Evie, komm mal her!«
    Aus der Nachbarzelle kam eine Aborigine, jung, langgliedrig und sehr schüchtern. Sie starrte unverwandt auf den Boden, bis die Aufseherin gegangen war.
    »Freut mich, dich kennen zu lernen«, sagte Anna und streckte ihr die Hand entgegen. Evie berührte sie nur leicht und zog ihre Hand sofort wieder zurück. Sie wich Annas Blick aus und lächelte unmerklich.
    »Na dann«, sagte Anna und verlagerte das Bettzeug von einem Arm in den anderen.
    Evie sah sie neugierig an. »Du warst das mit der Bank?«
    »Wird zumindest behauptet.«
    »Dein Typ konnte abhauen?«
    »Ich hoffe es.«
    Evie nickte.
    Einen Moment standen sie unschlüssig herum. Dann setzte sich Anna auf die Matratze, es war Schaumstoff und der Bezug schien neu zu sein. Sie deutete auf einen Stuhl in der Ecke. »Setz dich doch.«
    Evie setzte sich und betrachtete die Wände. »Morgen muss ich mir wohl was einfallen lassen«, sagte Anna.
    »Kannst ein paar Bilder von mir haben, solange du dein Zeug noch nicht hast.«
    »Danke.«
    Evie kehrte mit einem Stapel Hochglanzseiten aus verschiedenen Zeitschriften zurück. Madonna in BH und Jeans, wie sie an einem Mikrophon herumnagt, Demi Moore nackt und schwanger, eine Unbekannte mit vom Wind zerzaustem Haar vor einer Meereskulisse, eine schlafende Labradorhündin,

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