Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
halte weiterhin eine Pistole aufs Fenster gerichtet, die andere auf die Tür. Das ist der Teil mit dem Drahtseilakt, die Jonglierbälle müssen in der Luft bleiben, um mal wild mit Zirkusmetaphern um mich zu werfen. Alles Show. Und zwei Clowns draußen vor der Tür.
Die jetzt lässig und supercool wie zwei ganz harte Kerle hereingetrottet kommen, aber abrupt stehen bleiben, als sie sehen, wer da am Fenster in Schach gehalten wird.
»Was zum Teufel …«, sagt KFC .
»… ist hier los?«, vollendet sein Partner den Satz.
Ich frage mich, wie die beiden die Situation wohl deuten werden, und beschließe einzugreifen.
»Okay, Jungs. Waffen auf den Tisch.«
KFC bewegt sich ein bisschen schneller als erwartet, weicht nach links aus und geht in Deckung, mit dem Resultat, dass ich ihm in die Wade anstatt in den Fuß schieße und er mit dem Gesicht auf die Schreibtischplatte knallt, sich selbst außer Gefecht setzt.
Sein Partner ist starr vor Unentschlossenheit und bleibt bibbernd stehen, bis die Gelegenheit verstrichen ist. Seine massiven Schultern beben, als er zu schluchzen beginnt, was ihn sichtlich selbst anwidert. Er zieht seine Waffe aus dem Holster und legt sie kleinlaut auf den Tisch. Ich filze KFC und finde eine Pistole und ein Messer. Das Messer stecke ich in der Hoffnung ein, dass ich demnächst keinen Metalldetektor passieren muss, da ich allmählich zum wandelnden Waffenarsenal werde. Die Pistole lege ich auf den Tisch.
Ich packe KFC am Kragen und ziehe ihn auf die Füße.
»Das bindest du besser ab«, sage ich und zeige auf die Schusswunde.
»Du bist tot, Mann«, erklärt er mir, aber nur aus Showgründen. Er ist blass und hat einen Schock erlitten, aber motorisch ist er gerade so noch in der Lage, seinen Gürtel rauszuziehen und das verletzte Bein abzubinden.
Als ich alle am Fenster versammelt habe, halte ich meine Rede.
»Ich will die Situation mal zusammenfassen. Ihr seid ein schöner Haufen Rowdies. Drogen, Geld, egal, ich hab noch nie was von euch gehört.«
»Hauptsächlich Drogen«, sagt KFC ein bisschen verwirrt. »Aber wir legen auch Leute um und so.«
»Super, okay. Wir verstehen uns. Also Folgendes ist passiert: Ich wurde in einen Bandenkrieg hineingezogen. Freckles hier sollte den Jungen erschießen und mich zum Sündenbock machen.«
KFC hebt die Hand. »Was ist ein Sündenbock?«
Ich hatte nicht damit gerechnet, unterbrochen zu werden. »Das ist ein Prügelknabe.«
»Nein«, sagt KFC . »Jetzt komme ich nicht mehr mit.«
Möglicherweise dreht der Kerl den Spieß um und macht jetzt selbst auf hohl.
»Verarschst du mich?«
KFC ist verletzt. »Hey Mann, du hast auf mich geschossen, ich kann vor Schmerzen und was weiß ich noch alles kaum noch denken.«
Und was weiß ich noch alles? Der Mann gefällt mir.
»Okay. Shea und Freckles sollten sich gegenseitig umbringen, das ist der Deal. Habt ihr das kapiert?«
Alle nicken. Sogar Shea und Freckles.
»Bei euch gibt’s ein Schisma.«
KFC hebt die Hand. Ich habe jetzt aber keinen Nerv dafür.
»Ihr seid gespalten«, sage ich. »Uneins. Okay?«
KFC stützt sich auf seine blutigen Fingerknöchel. »Ja, ich hab’s kapiert. Hättest du mir nicht in den Arm schießen können? Meine Karriere kann ich doch jetzt vergessen.«
»Ich kann dir gleich in den Arm schießen, wenn du möchtest. Würdest du dann die Fresse halten?«
KFC merkt, dass es keine richtige Antwort auf die Frage gibt, und entscheidet sich klugerweise dafür zu schweigen.
Ich komme zurück zum Punkt. »Der Punkt ist folgender: Diese Gruppe agiert nicht als Einheit. Ich weiß nicht, wer hier wem gegenüber loyal ist. Ihr braucht ein bisschen Zeit für euch, um das herauszubekommen. Lasst es euch mal richtig durch den Kopf gehen, zeichnet ein Diagramm oder was auch immer. Ich hab damit nichts zu tun, und deshalb werde ich mich jetzt auch absetzen.«
Shea wird unruhig. Wahrscheinlich fragt er sich, ob Freckles die anderen Jungs geschmiert hat.
»Nimm die Waffen, McEvoy. Du musst dich schützen.«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich hab genug Waffen dabei. Die zwei auf dem Tisch lasse ich euch da. Ich mag grundsätzlich keinen Überfluss. Ich töte nur, was ich auch verzehren kann, wie die Apachen.«
Shea fängt jetzt an zu schwitzen. »Du kannst mich doch nicht hier alleine lassen. Ich gehöre nicht zu diesen Typen.«
Der Junge ist so gut wie tot, und das weiß er auch. Ich frage mich, ob ich ein schlechtes Gewissen haben sollte. Wahrscheinlich. Würde man als
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