Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
drastische Drohung, und der abergläubische Paddy in mir könnte schwören, dass in seinem Gehänge tatsächlich etwas kribbelt, was wiederum meinem Gedächtnis auf die Sprünge hilft.
    »Der Code lautet: When the going gets tough, the tough get going .«
    »Dan, Schatz«, sagt Sofia zuckersüß und verheißungsvoll. »Wo bist du?«
    Mädchen, die mit Babystimme sprechen, lassen mich normalerweise zusammenzucken, aber Sofia tut es mit solcher Bedürftigkeit und Überzeugungskraft, dass sie die härtesten Herzen erweicht. Hätte der alte Paddy Costello jemanden wie Sofia kennengelernt, hätte er vielleicht tatsächlich Freude an seinem elenden Leben in sagenhaftem Reichtum gefunden.
    »Ich bin unterwegs zu dir«, sage ich ins Mikrofon. »In spätestens neunzig Minuten bin ich da.«
    Ich fahre auf den Newark Turnpike zu, und der Verkehr fließt zäh, aber er fließt, was schon mal ganz gut ist, deshalb könnte ich es in einer Stunde und zwanzig Minuten schaffen.
    »Ist dir heiß, Baby?«
    Möglicherweise glaubt Sofia Delano ernsthaft, dass Sex der einzige Grund ist, weshalb sich irgendjemand mit ihr abgeben möchte. Carmine, dieses Arschloch, hat sie wirklich gründlich verkorkst. So weit ich das bei ihren Nachbarn heraushören konnte, war Carmine ein eifersüchtiger Typ, der aus einem lebhaften jungen Mädchen eine Einsiedlerin gemacht hat – eine Katzendame ohne Katzen –, und Menschen sind zu allem Möglichen fähig, wenn sie nach Jahren, in denen ihnen systematisch jede Zuwendung entzogen wurde, ein bisschen Aufmerksamkeit bekommen wollen. Ich kann mich erinnern, als Kind mal beim Arzt gewesen zu sein und fast gehofft zu haben, der Schmerz in meinem Kopf käme von einem Tumor, weil Väter kranke Kinder doch immer lieben, nicht wahr?
    Glaube ich jedenfalls, irgendwie.
    Vor zwei Monaten habe ich versucht, Carmine zu finden, um Sofia endlich zu erlösen. Ich habe sogar ein mit Jason befreundetes Computergenie auf den Fall angesetzt, aber Carmine blieb einfach wie vom Erdboden verschluckt, als hätten sich Außerirdische in ihn verknallt.
    Wahrscheinlich ist er tot oder sitzt eingesperrt in den tiefsten Tiefen eines mexikanischen Gefängnisses. Aber ich kann nicht anders, als mir Sorgen zu machen.
    Die bösen Buben sind ja meistens doch nicht kleinzukriegen und tauchen früher oder später wieder auf.
    »Nein, Sofia. So ist das nicht. Vielleicht kommt noch jemand bei dir vorbei, bevor ich da bin. Ich möchte, dass du die Kette vorlegst und niemandem außer mir aufmachst.«
    »Sind das böse Menschen, Dan?«
    Sie klingt nicht ängstlich, eher ungeduldig, und ich mache mir Sorgen, dass sie nicht abschließt, nur weil sie sich über ein bisschen Gesellschaft freuen würde. Mike könnte ein paar eiskalte Killer vorbeischicken, und mein Mädchen würde ihnen Martinis mixen. Andererseits ist sie aber auch imstande und schlitzt ihnen die Bäuche auf, anschließend sagt sie ihnen anhand ihrer blutigen Eingeweide die Zukunft voraus. Ich übertreibe in beide Richtungen, aber der Punkt ist, dass Sofia beim Thema Zuwendung »gut« von »schlecht« nicht unterscheiden kann.
    »Ja, das sind böse Menschen, Sofia. Du musst mir vertrauen und abschließen. Was hast du für Waffen?«
    Sofia dreht mit ihrer Klein-Mädchen-Stimme noch weiter auf, deshalb weiß ich, dass sie lügt. »Ich habe keine Waffen, Danny. Hier gibt’s keine Schießeisen.«
    »Ich weiß, dass du mindestens eine Pistole hast, Sofia. Ich hab eine Patronenhülse im Müll gefunden.«
    »Ich brenne gerne Löcher in den Teppich, das beweist aber noch nicht, dass ich Schusswaffen besitze.«
    Damen anschreien ist schlecht, deshalb verzichte ich darauf.
    »Bitte, Sofia. Pass auf dich auf, bis ich bei dir bin. Tu, was nötig ist.«
    »Was nötig ist?«
    »Egal was.«
    Es knallt dumpf, als Sofia das Telefon fallen lässt. Sie ist so aufgeregt, dass sie vergessen hat aufzulegen.

    So ganz verstehe ich nicht, wie es Sofia schafft, mich derart in ihren Bann zu ziehen. Es gibt ein altes gälisches Wort, geasa , besser kann ich es nicht erklären. In der Schule hat uns unser bescheuerter Lehrer alles über geasa beigebracht: Mr Fitzgerald wollte von uns Kindern Fitz genannt werden. Den Mädchen hat er zugezwinkert und den Jungs Zigaretten geschenkt. Ein unheimlicher Zeitgenosse. Fitz wollte von uns die Bedeutung von geasa wissen. Das war wirklich eine schwere Frage, aber verfluchte Scheiße, ich wusste die Antwort.
    »Hängt dein Arm da an deiner Hand, Daniel?«, fragte Fitz,

Weitere Kostenlose Bücher