Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
kurzen tiefen Schläfchens aus den Augen.
»Hä?«, sage ich, weil ich eine Sekunde brauche, bis die Zylinder in meinem Gehirn zünden.
Ich gebe Ihnen einen kleinen Rat: Gehen Sie niemals ans Telefon, wenn Sie gerade aus dem Tiefschlaf erwacht sind. Erstens klingt Ihre Stimme, als hätten Sie die letzten zwanzig Jahre mit Bob Dylan und Rod Stewart Schnaps getrunken, und zweitens werden Sie vermutlich etwas sagen, das nicht unbedingt einen Bezug zur Realität hat. Wie wahr das ist, musste ich auf die harte Tour lernen, als mich Tommy Fletcher zu irischer Ortszeit anrief und ich kerzengerade im Bett saß und behauptete: Terrortauben, ohne Scheiß, die haben Terrortauben ausgebildet.
Tommy ruft mir die Szene häufig mit großer Schadenfreude ins Gedächtnis. Ich rate Ihnen also, wenn Sie das Telefon klingeln hören, reden Sie erst mal ein paar Sekunden lang mit sich selbst, bevor Sie drangehen.
Anscheinend habe ich im Schlaf gesprochen, denn Zeb weiß plötzlich bestens Bescheid über die Ereignisse meines höllischen Tages.
»Du Idiot«, sagt er und klatscht sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Hast du dich gelangweilt, war es das? Du konntest dich nicht einfach nur so mit Mike treffen, ohne dass Armageddon draus wird?«
Ich schnaube ein bisschen, aber eigentlich hat er recht. Als würde ich Menschen zur Gewalt treiben. Als kämen sie überhaupt erst auf die Idee, wenn sie mich sehen.
Blödsinn. Mike hat sich Gewalt wie einen kalten Umschlag um die Stirn gewickelt. Und Shea hatte dein Grab schon ausgehoben, bevor du überhaupt dort angekommen bist.
Diese Menschen sind gewalttätig, aber ich kann nicht leugnen, dass der gemeinsame Nenner all dieser verdrehten Szenarien Dan McEvoy ist. Ich trotte zum Sofa und lasse mich neben Evelyns Füßen nieder. Schnuppert man an ihrem Shampoo vorbei, stinkt sie wie eine Brauerei, aber sie sieht absolut friedlich aus. Mit dem Alkoholschweiß könnte ich leben, wenn ich dafür Frieden bekäme.
»Wird sie wieder?«, frage ich, weil ich denke, dass ich dieses Durcheinander nur überstehe, wenn ich klare Prioritäten setze.
»Sie wird wieder ganz die Alte«, sagt Zeb. »Du allerdings bist gefickter als meine Cousine Ada auf einer Bat-Mizwa, und das ist die Nutte in unserer Familie, die wird ständig gefickt.«
Ada ist das reizendste Mädchen, das man sich nur vorstellen kann. Wahrscheinlich hat sie Zebs Annäherungsversuche abgewehrt oder sich geweigert, ihm Geld zu leihen. Aber auch wenn wir uns über Adas Nuttenhaftigkeit uneins sind, so bin ich doch unbestritten gefickt.
Ich berühre Evelyn am Kopf, und Sofia knurrt in ihrer Ecke.
»Gibt es einen Ausweg?«
Normalerweise würde ich Zeb Kronski nicht um taktischen Rat bitten, aber er ist eine schlüpfrige Person, und je enger die Schlinge, umso heftiger zappelt er, um sich daraus zu befreien.
Zeb geht ein bisschen auf und ab. »Du hast hier keine Macht, Ire. Nur Verbindlichkeiten.«
Bei dem Wort Verbindlichkeiten nickt Zeb plump Richtung Sofia, die sich daraufhin mit der Whiskeyflasche aus ihrer Ecke erhebt.
»Hey, ich zähle mich selbst dazu«, sagt Zeb eilig. »Wir alle sind Ritzen in der McEvoy-Rüstung. Wenn Mike mitbekommt, dass sein Plan in die Hose ging, wird er herkommen. Außerdem musst du dir wegen der Cops Sorgen machen und dich vor den Überlebenden des Shea- Massakers in Acht nehmen.«
Ich zucke zusammen. Die Sopranos und Kokain haben Zeb desensibilisiert, jetzt hält er Massaker für cool. Er sollte es besser wissen, wir waren gemeinsam im Krieg. Na schön, ich muss zugeben, auch damals hat er sich seine Medikamente schon selbst verschrieben.
»Wieso muss ich mir wegen der Cops Sorgen machen?«
Zeb guckt mich an, als hätte er nicht richtig verstanden. »Was? Meinst du das im Ernst, Mann? Du hast gerade zwei mit einem Dildo verprügelt, und man kann’s auf YouTube sehen.«
Sofia hat anscheinend den Eindruck, ich könnte einen Drink gebrauchen, denn sie reicht mir die Flasche. Ich habe sie fast zum Mund gehoben, als mir einfällt, dass ich vielleicht lieber klar im Kopf bleiben sollte.
»Nein danke, Baby. Ein betrunkenes Familienmitglied reicht.«
Zeb bleibt stehen. »Okay. Okay. Darf ich dich was fragen? Ist diese Edit echt? Klingt in meinen Ohren alles ziemlich zweifelhaft. Sie erkundigt sich nach der abtrünnigen Evelyn, und plötzlich taucht Tantchen auf?«
Daran hatte ich auch schon gedacht. »Ja, daran hab ich auch schon gedacht. Ich glaube aber, Edit ist okay. Leuchtet mir ein, dass sie
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