Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
ausgeführt, Carmine.«
Dan-Carmine. Carmine-Dan.
Vielleicht bin ich wirklich Carmine. Kann ja nicht so schwer sein?
Das ist mir hier alles zu verworren. Zu viele verschiedene Handlungsstränge.
Mein Soldatenleben war einfacher: Man hat nur einen Feind.
Dessen Gesichtsfarbe ist grundsätzlich dunkler als die eigene, und er trägt Wüstenkluft. Keinen Tarnanzug, richtigen Wüstenscheiß. Ziegenfell, grobe Schals, alte Levi’s.
Suche den Feind.
Töte den Feind.
Aber hier und jetzt habe ich eine Menge Feinde, die alle verdammt noch mal gleich aussehen. Mike, Freckles, Shea, KFC , Krieger und Fortz.
Ich brauche einen Freund. Jemanden, der die Trickser austrickst. Eine Person mit Paranoia, die mir ihr Leben verdankt.
Hier in der Wohnung ist es mir zu hell. Alles sieht aus wie gebleicht. Wie kann das sein bei so kleinen Fenstern?
Evelyn stöhnt zu meinen Füßen.
Ich brauche einen Arzt.
Ich nehme mein Handy, um Zeb anzurufen.
Besser, er hält mich nicht hin. Dafür bin ich nicht in Stimmung.
Ich gebe Zebs Nummer ein und bete, während das Handy an meinem Ohr tutet, dass mein Freund nicht schon wieder stoned ist.
KAPITEL SECHS
Hier haben wir also Evelyn Costello, die verschollene Erbin, die mich in der Kunst der Mammipulation – ein Wort, das es nicht gibt, aber geben sollte – unterrichtet hat. Vierundzwanzig Stunden nachdem ich ihrer Stiefmutter begegnet bin, die ungefähr zehn Jahre jünger ist als ihre Stieftochter, trat sie erneut in mein Leben. Allmählich klingt das hier nach Wildwest: Manchmal ist es im Trailerpark so verdammt einsam, dass einem gar nichts anderes übrigbleibt, als es mit der eigenen Schwester zu treiben .
Ich kenne viele Leute, die nicht an Zufälle glauben, aber ich schon. Passiert ständig. Normalerweise geht es um Kleinigkeiten, dass man innerhalb einer Stunde gleich zwei Typen kennenlernt, die beide Ken heißen, oder dass man eine DVD genau an dem Tag kauft, an dem der Film abends im Fernsehen läuft. Normalerweise haben Zufälle keine unmittelbaren lebensverändernden Folgen. Ich nehme an, es ist möglich, dass Edit und Evelyn sich rein zufällig an ein und demselben stressigen Tag entschieden haben, in mein Leben zu treten, aber wenn es so war, dann war das ein verdammt verwegener Winkelzug des Schicksals.
Jetzt, wo ich ihr ganz nah bin und die Wunde an ihrem Kopf, die ihr Sofia zugefügt hat, in Augenschein nehme, fällt mir auf, dass Evelyn noch genauso riecht, wie ich es in Erinnerung hatte. Sie benutzt immer noch dasselbe Shampoo. Frauen machen so was: Sie bleiben demselben Produkt über Jahre hinweg treu. Männer glauben immer, es könnte noch was Besseres geben. Männer wie Carmine.
Ich desinfiziere die Wunde, aber mehr nicht, weil Zeb sonst einen seiner kleinen Anfälle bekommt, von wegen ich sei kein Profi und nicht ausgebildet und ob ich denken würde, er habe sechs Jahre lang Medizin studiert, nur damit irgendein Dödel hier den Chirurgen markiert? Zeb hat nicht oft Gelegenheit, den echten Arzt rauszukehren, und reagiert supergenervt, sobald ihm jemand auch nur ein klitzekleines Lüftchen aus den Segeln zu nehmen droht.
Mein Twitter-Icon zwitschert und spuckt eine Weisheit von Simon aus:
An Klingon 22 : Natürlich ist das in Ordnung, wenn du dich zu einem Romulan hingezogen fühlst. Unter dem Latex sind wir alle gleich.
Ich weiß zwar nicht, wer Klingon 22 ist, aber ich würde jederzeit mit ihm tauschen.
Ich lege Evelyn aufs Sofa und bin immer noch dabei, sie zu betrachten, als Zeb auftaucht. Wie immer ist Sofia alles andere als froh, sein Gesicht zu sehen, und wie immer versucht sich Zeb an sie heranzumachen.
»Hey, Sofia, Baby«, sagt er mit ausgebreiteten Armen. »Ich bin’s, dein geliebter Carmine, zurück aus dem Krieg, wo ich die letzten beiden Jahrzehnte gewesen bin. Die haben mich ins Militärgefängnis gesteckt, Baby. Hab Sachen aus Bambus gebaut. Das Einzige, was mich davon abgehalten hat, mir die Pulsadern aufzuschlitzen, war der Gedanke an deinen süßen Hintern.«
Jemand sollte ein Buch über Zeb schreiben und all die Lügen und Betrügereien für die Nachwelt festhalten, aus denen sein bisheriges Leben besteht. Ein Buch wäre gut, kein Film. Filme brauchen einen Spannungsbogen, vielleicht auch einen durchgängigen roten Faden. »Typ verzapft jeden Tag irgendeinen blöden Scheiß« ist kein brauchbarer roter Faden, oder? Nicht so richtig. Da bleibt kein Platz für die Entwicklung einer Figur.
Sofia wirft mir böse Blicke zu, als wäre
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