Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
Informationen durchsickern werden.
»Hast du was zum Betäuben?«
Zeb schnaubt und klopft Evelyn auf die Stirn. »Machst du Witze? Ich könnte ihr den Arm amputieren, und sie würde nicht mal zusammenzucken.«
Er betupft die Wunde mit einem sehr Rambo-untypischen Babyfeuchttuch, dann flickt er Evelyn zusammen. Zwei Minuten später beißt er den Faden ab.
Eins muss ich ihm lassen, das kleine Arschloch kann ganz tüchtig sein, wenn ihm der Sinn danach steht.
»Gute Arbeit, Zeb«, sage ich und genieße den flüchtigen Moment aufrichtiger Dankbarkeit, den Zeb zweifellos zerstören wird, sobald er den Mund aufmacht.
»Ja, na ja, vielleicht will sich Tantchen später ja noch mal richtig bei mir bedanken. Wenn du verstehst, was ich meine, Sarge?«
Zuverlässig wie ein Schweizer Banker. Zeb gießt weiter Öl ins Feuer: »Meinst du, die Irre hat was zu trinken? Ich bin am Verdursten, du Filmstar.«
Anscheinend stört es Sofia nicht, als die Irre bezeichnet zu werden, denn sie geht in die Küche, um uns beiden einen Drink zu holen.
Ich bin erleichtert, dass Evelyn regelmäßig atmet. Einen Augenblick lang konzentriere ich mich darauf, weil ich über so viel Dringenderes nachdenken muss, dass mein Gehirn gerade gar nicht mehr funktioniert.
Irgendetwas, das Zeb gesagt hat, nagt an mir, lässt mir keine Ruhe.
»Hey, Zebulon, wieso nennst du mich Filmstar ? Das ist doch neu.«
Zeb springt förmlich auf die Füße, stolpert ein paar Schritte rückwärts, stößt um ein Haar mit Sofia und ihrem Tablett zusammen.
»Oh, Scheiße! Oh, verflucht, Dan! Das weißt du nicht? Du weißt es ehrlich nicht?«
Ich stöhne. Offensichtlich geht’s um aufregende Neuigkeiten, das heißt, Zeb wird nicht einfach so damit herausrücken.
»Nein. Also tu mir den Gefallen und erzähl’s mir nicht. Ich hab schon genug Scheiße an der Backe, okay?«
Ich spiele keine Spielchen. Meine Krisenkapazitäten sind einigermaßen erschöpft.
Zeb geht auf und ab, völlig aus dem Häuschen, als könne er den Drang, einen traditionellen irischen Stepptanz aufzuführen, nur mit Mühe unterdrücken.
»Okay, scheiß drauf. Ich zeig’s dir einfach.« Er zieht sein Handy aus der Tasche und ruft einen Clip auf.
»Das ist auf YouTube. Fünfzigtausend Leute haben sich das schon angesehen, und es werden immer mehr.«
Mein Magen verkrampft, weil mein Unbewusstes längst draufgekommen ist. Der Rest muss wie ferngesteuert hingucken.
Sieh nicht hin.
Ich muss. Wie soll ich da nicht hingucken?
Ich warne dich. Das ist kein lustiges Kindervideo.
Also gucke ich hin.
Und es ist kein Kindervideo. Auch keine Katze, die einem Hund eine Ohrfeige verpasst. Oder ein dreadlockiger Teenager, der vom Skateboard fällt.
Ich bin es. Und ich verprügele einen Cop mit einem riesigen Dildo. Die Pornocrew hat die gesamte Szene mitgefilmt. Vielleicht weiß Zeb aber gar nicht, dass mein Opfer ein Cop ist.
»Du weißt schon, dass der Typ da ein Cop ist, oder?«, fragt Zeb. »Und der andere da hinten, der da heult. Ist auch ein Cop. Die Detectives Krieger und Fortz. Wurden ungefähr hundert Mal getaggt, hauptsächlich von anderen Cops, die sich vor lauter LOL s gar nicht mehr eingekriegt haben.«
»Ich dachte, der Dildo wäre kleiner«, nuschele ich, um vom Video abzulenken.
Zeb lässt sich in seiner Konzentration nicht stören. »Ist eine Frage der Perspektive. Dildos wirken immer kleiner, wenn man sie in der Hand hält.«
Ich bin derzeit nicht in der Lage, über Zebulon zu urteilen.
Sofia nimmt Zeb das Handy aus der Hand und zieht sich mit einer Flasche Whiskey in eine Ecke zurück. Nachdem sie sich den Clip ein paarmal angesehen hat, nimmt sie einen Schluck aus der Flasche und sagt:
»Hübscher Tanga, Dan.« Und dann: »Das hier soll Realität sein, aber Rambo nicht? Jetzt bin ich verwirrt.«
Ich auch. Aber das bin ich ja meistens.
Mein eigenes Handy vibriert und spuckt einen Tweet aus. Ich lese ihn, auch wenn mir das in jüngster Zeit wenig Glück gebracht hat.
Das Leben ist keine Theaterprobe. Das Leben ist real. Kein zweiter Versuch. Also stell die Flasche Grouse auf den Tisch und hab Sex.
Kein zweiter Versuch. Nichts mehr rückgängig zu machen. Der Geist ist aus der Flasche entwichen.
Schade nur, dass der Flaschengeist einen pinkfarbenen Tanga trägt und einen Dildo schwingt.
Irgendwie schlafe ich ein, direkt dort im Stehen. Es kommt einfach über mich. Eben brannte mir noch die Scham im Nacken, und im nächsten Moment blinzele ich schon den Nebel eines
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