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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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es vorgeschlagen. Sie hat eine abschließbare Tür und einen dicken tragenden Pfeiler. Stabil genug für die Kette. Und zwei Fenster, die Regy Licht spenden, aber zu klein zum Herausklettern sind. Abgesehen davon, dass sie vierzig Fuß über dem Boden sind.«
    »Das klingt nach einer guten Lösung. Ich bin froh, dass du ihn da rausgeholt hast. Der Henker mag wissen, warum eigentlich, denn er hat die Hölle auf Erden verdient. Aber es ist eine Sache, das zu glauben, eine andere, zu sehen, wie sie sich für ihn anfühlt.«
    »Du warst bei ihm?«, fragte Alan erstaunt.
    »Heute früh. Ich dachte, irgendwer muss ihm doch was zu essen bringen. Er lag am Boden und winselte. Ich hab ihn angesprochen, aber er hat mich nicht gehört. Oder zumindest so getan. Es ging ihm dreckig.«
    »Ja.«
    Sie sahen sich einen Moment schweigend an. Dann sagte Simon ein wenig verlegen: »Es ist seltsam. Seit wir hier sind, fühle ich mich … verantwortlicher für die anderen als vorher.«
    »Es ist keineswegs seltsam. Das hier ist eine Welt, die du verstehst, sie nicht. Darum willst du auf sie achtgeben.«
    »Aber das hast du immer gemacht.«
    Alan nickte stumm. Er sagte nicht: Das kann ich jetzt nicht mehr, denn seit wir hier sind, fühle ich mich hilfloser als je zuvor in meiner Erinnerung. Aber selbst wenn Simon es nicht so recht verstehen konnte, hatte er so eine Ahnung, dass Alan genau das empfand.
    Grendel öffnete die Augen, stand auf, reckte sich und gähnte herzhaft. Dann drehte er sich einmal um die eigene Achse, schien einen Moment zu überlegen und wählte schließlich Simons Oberschenkel als neues Kissen.
    »Ich bin geehrt«, murmelte der junge Mann und zupfte ihn behutsam am Ohr. An Alan gewandt fuhr er fort: »Ich bin eigentlich gekommen, um dir zu sagen, dass ich morgen früh aufbreche. Ich weiß, dass dir das nicht gefällt. Aber deine Großmutter hat recht: Es gibt weit und breit niemanden außer mir, der diese Botschaft überbringen kann.«
    »Doch es ist gegen deine Überzeugung. Du stehst auf König Stephens Seite. Warum solltest du seinem Rivalen aus der Klemme helfen?«
    »Ich tu’s für Henry. Er ist ein guter Mann und war uns ein guter Gefährte. Und ich tu’s für dich. Denn auch wenn du es vergessen hast, kämpfst du für die Sache seiner Mutter und willst gewiss nicht, dass Henry König Stephen in die Hände fällt. Und ich tu’s für mich, wie du sehr gut weißt.«
    »Ungefähr das Gleiche hat Regy auch gesagt«, berichtete Alan. »Und er ist der Meinung, dein Risiko sei akzeptabel. Ich habe nach wie vor kein gutes Gefühl bei dieser Sache, aber ich kann dich nicht hindern. Du bist ein freier Mann. Nur werde ich auf keinen Fall zulassen, dass du allein gehst. Helmsby hat eine hervorragende Burgwache, wurde mir versichert. Ich bin zuversichtlich, dass es ein Weilchen auf zwei oder vier seiner Wachen verzichten kann.«
    »Und was genau sollen sie tun? Mir die Hand halten, wenn ich einen Anfall bekomme?«
    »Sie sollen dich schützen. Dass du einmal allein und unbehelligt durch umkämpfte Gebiete gekommen bist, ist ein Wunder. Aber du solltest das Schicksal nicht herausfordern.«
    »Vier Bauern in Kettenhemden gegen eine Armee von Stephens Haudegen? Oder Mauds?« Simon schüttelte den Kopf. »Ich habe eine andere Idee. Du müsstest mir allerdings den Karren und das brave Kaltblut in deinem Stall dafür borgen.«
    Alan fand es immer noch höchst sonderbar, dass ihm überhaupt etwas gehörte, und da sein Besitz ihm gleichgültig war, fiel es ihm leicht, großzügig damit zu sein. »Du bekommst alles, was du brauchst. Sag mir, was du vorhast.«
    »Ich werde Godric und Wulfric mitnehmen. Sie sind Feuer und Flamme. Wir werden uns als fahrendes Gauklervolk ausgeben. Sie sind schließlich ein Anblick, der jedem Jahrmarkt zur Zierde gereichen würde, nicht wahr? Obendrein können sie sogar auf den Händen laufen, wusstest du das?«
    Alan nickte, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Das haben sie sich vorletzten Sommer beigebracht, als Jeremy kam. Er konnte es, und die Zwillinge …« Er hielt inne. »Da. Ich fange an, die Erinnerung an die Insel zu verklären, Simon. Das ist wirklich grotesk.« Ehe Simon etwas erwidern konnte, kam Alan auf ihr ursprüngliches Thema zurück. »Erklär mir, warum du sie mitnehmen willst.«
    »Nun ja, es hat zwei Vorteile, denke ich: Niemand wird uns überfallen und ausrauben, ganz gleich, welch gesetzlosem Gesindel wir unterwegs begegnen, denn wir werden harmlos und arm aussehen.

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