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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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ihn ausgerechnet zu armen Torfstechern zu bringen, wo seine Überlebenschancen gering gewesen waren. Aber sie hatte teuer bezahlt. Zwei Kinder verloren und Helmsby obendrein und einen Wüterich zum Gemahl bekommen. Und seine Großmutter – ihre Mutter , Herrgott noch mal – hatte offenbar keinen Finger gerührt, um ihr zu helfen.
    Und Haimon? Alan wusste, sein Cousin war keine zwei Jahre älter als er. Noch nicht aus den Windeln, hatte Haimon schon für die Sünden seiner Mutter büßen müssen, seine Geschwister und die Gunst des Königs verloren und einen vermutlich fürchterlichen Stiefvater bekommen.
    Obwohl das Bild, welches allmählich entstand, immer noch große weiße Flecken aufwies, spürte Alan doch, dass diese längst vergangenen Ereignisse ihn und alle anderen genau hierhin geführt hatten, wo sie heute standen. Es war, als sinke das White Ship immer noch.
    Langsam klappte er das schwere Buch zu. Er fühlte sich bedrückt und gleichzeitig seltsam matt. So viel Elend. So viel Schmerz. Und er war unfähig, die Wunden zu heilen, die immer noch klafften, weil er sich nicht erinnern konnte. Er wusste nicht einmal, ob Haimons Mutter, die unglückliche Eloise, noch lebte.
    In der vagen Absicht, seinen Cousin ausfindig zu machen und ihn zu fragen, stand er auf und verließ sein Gemach. Auf dem Flur zog es fürchterlich; die Fackeln fauchten und rußten, und sein Schatten an der Wand war mal der eines Gnoms, dann der eines buckligen Riesen. Alan stieg die Treppe hinab und schaute sich in der Halle um. Die Frauen saßen beieinander, putzten Gemüse oder spannen, ein paar dienstfreie Wachen hockten über einem späten Frühstück aus Brot, Räucherhering und Bier, und zwei von Henrys Rittern maßen sich im Armdrücken.
    Alan hielt bei ihnen an. »Wisst ihr zufällig, wo Haimon steckt?«
    »Er begleitet Eure Großmutter in die Kirche, Monseigneur«, antwortete einer höflich. Sie waren immer ausnehmend höflich zu Alan, was ihn argwöhnen ließ, dass sie ihn in Wahrheit belächelten.
    »Danke.«
    Er verließ die Halle, obwohl er nicht die Absicht hatte, Haimon und Lady Matilda zu folgen. Es hatte unbestreitbar seine Vorzüge, dass seine Großmutter derzeit kein Wort mit ihm sprach, aber das machte es ziemlich unsinnig, ihre Gesellschaft zu suchen. Unschlüssig verließ er das Gebäude und stieg die steinerne Treppe hinab. Der Regen hatte ein wenig nachgelassen. Ein ungemütlicher Wind fegte jedoch immer noch über den Burghof, und es war viel zu kalt für Mai. Alan fand die frische Luft indes wohltuend. Er nickte der Torwache zu, schlenderte den überdachten Gang zum Burghof hinab und weiter Richtung Pferdestall. Er hatte keine Ahnung, warum er nach rechts abbog und die Scheune betrat. Er hatte dort nichts verloren, kein Interesse daran, zu überprüfen, ob das frisch gedeckte Dach dicht oder genug Platz fürs neue Heu geschaffen worden war. Es war eben einfach die Scheune, zu der seine Füße ihn trugen. Doch als er eintrat, bereute er bitter, dass er nicht vorbeigegangen war.
    Seine Frau lag im Heu wie die fleischgewordene lasterhafte Schäferstochter, von der so viele Lieder schwärmten: die wundervolle weißblonde Haarpracht aufgelöst, das Kleid aufgeschnürt, die Brüste entblößt, die Röcke gerafft. Und zwischen ihren angewinkelten Knien lag Henry Plantagenet und … rammelte.
    Sie hatten es nicht sehr weit ins Innere der Scheune geschafft. Vermutlich war die Leiter zum Heuboden ihr Ziel gewesen, aber ihre Lust hatte sie übermannt, ehe sie sie erreichten. Was soll’s, hatte der unbekümmerte Henry sich vermutlich gedacht. Bei diesem Sauwetter läuft kein Mensch im Hof herum.
    Aber er hatte sich getäuscht. Alan trat durchs Tor, lehnte sich an die Bretterwand und schaute ihnen zu. Susanna und Henry waren zu sehr miteinander beschäftigt, um ihn zu bemerken. Seine bildschöne Frau hatte die Augen geschlossen, den Kopf zurückgeworfen und wölbte sich ihrem emsigen jugendlichen Liebhaber entgegen. Henry stieß einen kehligen Laut der Zufriedenheit aus. Seine Hände verschwanden in ihren Röcken, vielleicht um ihr vermutlich ebenfalls hinreißendes Gesäß zu umklammern, und er wurde schneller. Susanna schlang die Arme um seinen Hals, öffnete die Lider, sah ihrem Gemahl direkt in die Augen und schrie entsetzt auf.
    Henry begriff nicht sogleich, dass es ein Problem gab. Gewiss hielt er ihren markerschütternden Schrei für einen Ausdruck ihrer Lust – genug Mühe gab er sich jedenfalls. Als Susanna sich

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