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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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würdest du das nennen, was dich auf deiner Irrfahrt durch dieses weite Land ausgerechnet nach Helmsby geführt hat?«
    Er war nicht sicher. Aber er hielt es zumindest nicht für völlig ausgeschlossen, dass King Edmund und die göttliche Führung, die er für sich in Anspruch nahm, etwas damit zu tun hatten. »Was immer es war, derzeit bin ich mir keineswegs sicher, ob es so ein großer Glückfall war. Weder für Helmsby noch für mich.«
    »Nein, ich weiß«, gab sie zurück. »Aber es ist, wie es ist. Und es wird Zeit, dass du damit aufhörst, dich zu bemitleiden, und dein Leben endlich in die Hand nimmst. Es gibt wichtige Dinge zu tun.«
    »Tu du sie«, entgegnete er kühl. »Helmsby hat drei Jahre gut auf mich verzichten können, es wird wohl noch ein Weilchen länger gehen.«
    »Es hat nicht gut auf dich verzichten können«, widersprach sie ärgerlich. »Und wenn du dir die Mühe machen würdest, einmal genau hinzuschauen, würdest du das sehen. Du machst den Bauern weis, du seiest ihr Freund und zögest ihre Gesellschaft vor, aber du bist noch keinmal nach Metcombe geritten. Dort leben fast doppelt so viele Menschen wie in Helmsby. Sie alle sind deine Pächter und Hörigen, und sie hatten einen furchtbaren Winter. Sie brauchen deine Hilfe. Noch schlimmer steht es in Blackmore. Seit jeher war es der Zankapfel zwischen Helmsby und Fenwick. Haimon hat deine Abwesenheit ausgenutzt, um es sich unter den Nagel zu reißen. Er drangsaliert die Bauern dort, weil sie dir gegenüber loyal sind und ihm nur unwillig Pacht zahlen. Du musst ihm Einhalt gebieten, Alan! Wenn du ihn in Blackmore gewähren lässt, wird er die Hand nach Helmsby ausstrecken, denn das ist es, was er eigentlich will.«
    Er hob abwehrend die Hände. »Ja, ich weiß. Das Problem ist nur dies, Großmutter: Seine Mutter war die ältere Schwester meiner Mutter. Er ist ein ehelicher Sohn, ich bin ein Bastard. Haimon mag kein besonders netter Kerl sein, aber er hat nun einmal recht. Helmsby sollte ihm gehören, nicht mir. Doch du hast deinen König umgarnt und dafür gesorgt, dass ich es bekam, weil du meine Mutter mehr geliebt hast als Haimons Mutter. Völlig willkürlich. Und das war unrecht.«
    Matilda erhob sich ohne Hast. »Ich denke, für heute habe ich genug gehört.« Da war es wieder: Stahl auf Eis. Alan ahnte, dass sie noch nicht fertig war, und wappnete sich. »Ich bin keine geduldige Frau, Alan, aber ich hatte Geduld mit dir. Ich könnte dir den Hals umdrehen wegen der Laute meines Vaters, aber ich habe es hingenommen. Ich habe dir Zeit gelassen, dich einzugewöhnen, Helmsby neu kennenzulernen und wieder in deine Aufgaben hineinzuwachsen. Aber du tust nichts , um es auch nur zu versuchen. Selbst das habe ich hingenommen. Doch die Überheblichkeit, mit der du mir unterstellst, ein Unrecht begangen zu haben, wo du in Wirklichkeit nur zu bequem und zu feige bist, dich Haimon, deiner Vergangenheit und deiner Verantwortung zu stellen, bin ich nicht bereit hinzunehmen.«
    Alan spürte sein Gesicht kalt werden vor Zorn, aber er gestattete sich nicht, ihren Köder zu schlucken. Er wusste, sie hatte ihn aus Berechnung einen Feigling genannt. Ein Wort wie ein Nadelstich. Damit er aufschreckte und irgendetwas tat, um ihr das Gegenteil zu beweisen. Und zwar das tat, was sie wollte …
    »Und das bedeutet?«, erkundigte er sich mit eisiger Höflichkeit.
    Vorsichtig, geradezu liebevoll hob sie die Bruchstücke der Laute auf und trug sie hinaus, ohne ihren Enkel auch nur noch eines Blickes zu würdigen.
    »Verstehe«, sagte Alan zu der geschlossenen Tür. Dann wandte er den Kopf und sah wieder aus dem Fenster. »Verdammt, Simon de Clare. Wo bleibst du nur?«
    In der Nacht schlug das Wetter um, und zwei Tage lang regnete es ohne Unterlass. Ein nasskalter Wind fegte über die Fens und die Wälder von East Anglia; es donnerte, hagelte und schneite sogar, sodass die Menschen sich in den Häusern verkrochen und der sonnige Frühsommer, den sie genossen hatten, zu einer unwirklichen Erinnerung verblasste. Die Bauern sorgten sich um die Saat auf den Feldern. Haimon, Susanna, Henry und seine Ritter waren enttäuscht, weil sie ihre geplante Falkenjagd hatten absagen müssen.
    Alan war es recht. Er hatte seine Falknerei besucht und festgestellt, dass er zwei hervorragende Beizvögel besaß, aber der Gedanke an die Jagd hatte ihn beunruhigt. Er wusste nicht, wieso. Er nahm an, früher hatte er keine Gelegenheit zu jagen ausgelassen, denn es war nun einmal der liebste

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