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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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versteifte und die Handballen gegen seine Schultern stemmte, um ihn zum Einhalten zu bewegen, keuchte er: »Moment noch, Herzchen …«
    In ihrer Verzweiflung packte Susanna ihn beim Schopf und drehte seinen Kopf zum Tor.
    Auch Henrys Augen weiteten sich voller Schrecken, aber gleichzeitig zuckte sein Mund. Es gelang ihm nicht ganz, den Laut der Wonne zu unterdrücken, und er kniff einen Moment die Lider zu.
    Alan lächelte ihn an. »Mission erfüllt?«
    Die beiden Ertappten richteten sich auf, wandten ihm den Rücken zu und brachten ihre Kleider in Ordnung. Seite an Seite knieten sie da im Heu, die Köpfe gesenkt, und von hinten sahen sie aus wie Büßer in der Kirche.
    Dann stand Henry auf, wandte sich um und machte einen Schritt auf ihn zu. »Alan … Es tut mir leid.«
    Und das ist die reine Wahrheit, erkannte Alan. Henrys Augen waren so weit aufgerissen, dass rund um die Iris das Weiße sichtbar war, aber es war mehr Kummer als Schrecken, der darin zu lesen stand. Plötzlich konnte man sehen, dass der Junge erst vierzehn Jahre alt war.
    »Was genau?«, erkundigte sich Alan und dachte: Ich könnte dich töten. Du bist der außergewöhnlichste Mensch, den ich kenne, du bist mein Cousin, und du bist mir teuer, aber ich könnte dich töten. Weil du dir genommen hast, was mir gehört. Ich lege zwar keinen großen Wert darauf, aber trotzdem würde ich dich gern töten. Er schauderte bei der Erkenntnis, wie niedrig seine Hemmschwelle war. »Was genau, Henry? Dass du’s getan hast? Oder dass ich euch erwischt habe?«
    Henry schüttelte den Kopf und wagte sich noch zwei Schritte näher. »Dass es passiert ist.«
    »Nun, ich nehme an, du wolltest dich vergewissern, dass dein bestes Stück noch tauglich ist nach dem Hieb in die Glocken. Du hattest recht. Du bist ein schlechter Verlierer, weiß Gott.«
    Der Junge hob flehentlich die Hände. »Alan, du musst mir glauben …«
    »Nein«, unterbrach Alan und schüttelte langsam den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dir je wieder etwas glauben werde. Und jetzt sei so gut und verschwinde.«
    Henry ließ den Kopf hängen, nickte unglücklich und ging hinaus. Ohne Susanna auch nur noch eines Blickes zu würdigen, bemerkte Alan.
    Sie hatte unterdessen die Hände vors Gesicht geschlagen, und ihre Schultern zuckten.
    »Tränen, Teuerste?« Alan ging auf sie zu, langsam, weil ihm davor graute, ihr ins Gesicht zu sehen. Er stellte sich vor sie und schaute auf sie hinab. »Das kannst du dir wirklich sparen.«
    Sie fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen und erhob sich. Das machte sie sehr graziös, den Kopf leicht zur Seite geneigt, den Rock mit einer Hand zusammengerafft. Als sie ihn ansah, hatte sie die Fassung wiedergefunden. Ihr Blick war voller Trotz. »Du bist nicht unschuldig, Alan.«
    »Wirklich nicht? Weil ich deinem Bett zwei Wochen lang ferngeblieben bin, musstest du es mit dem erstbesten Kerl treiben, der sich fand? Falls er denn der einzige war.«
    Sie fuhr zusammen, und einen Moment lang glaubte er, sie werde ihn ohrfeigen. Aber dann kam sie offenbar zu dem Schluss, dass sie sich diese Art von Entrüstung im Augenblick schwerlich leisten konnte. »Er war der Einzige. Und dies das einzige Mal«, stellte sie eisig klar.
    »Und nun soll ich erleichtert sein? War zwei Wochen wirklich alles an Wartezeit, was du für mich aufbringen konntest?«
    »Ich habe drei Jahre auf dich gewartet. Und da du bei der Wiedererlangung deines Gedächtnisses ja keine Fortschritte machst, will ich dir gern auf die Sprünge helfen: Wir hatten uns nicht gerade im Frieden getrennt, denn am Abend vor deinem Aufbruch habe ich dich mit der Schwester des Reeve im Pferdestall erwischt. Es war genau wie eben.« Sie wies auf den zerwühlten Heuhaufen. »Nur umgekehrt.«
    Alan biss die Zähne zusammen. Er fürchtete, dass sie die Wahrheit sagte, denn es passte so hervorragend zu dem Bild, das er sich von Alan of Helmsby gemacht hatte. Doch er gedachte nicht, sich in die Defensive drängen zu lassen. »Seltsam. Hast du mir nicht neulich erzählt, wie glücklich wir miteinander waren?«
    Sie schnaubte. »Welchen Mann hätte das je gehindert?«
    »Gerade wurde bewiesen, dass Männer kein Monopol auf Untreue haben.«
    »Ja, ich war dir untreu. Und es ist schändlich und ehrlos. Aber du bist nicht nur meinem Bett ferngeblieben. Du hast nicht einmal mit mir geredet! Du hast mich wie Luft behandelt. Ich war so verzweifelt. Und Henry hat …«
    »Ich glaube nicht, dass ich das hören möchte. Es

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