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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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er leise.
    Wenn es das bedeutet, was ich fürchte, hast du nichts Besseres verdient, dachte Simon beklommen.
    In eisigem Schweigen brachten sie das Essen hinter sich, und dann führte Henry Simon in seine Kammer hinauf. Die Zwillinge wollte er ebenfalls mitnehmen, aber sie entschuldigten sich und machten sich auf den Weg ins Dorf, um, wie Godric Simon erklärte, ihre Freunde aufzusuchen und die schlechten Neuigkeiten dort von Menschen in Erfahrung zu bringen, die das Kind beim Namen nannten und den heißen Brei nicht so lange mit Andeutungen umschlichen, bis man kein Wort mehr verstand, wie die feinen Leute es gern taten.
    Vorausschauend hatte Henry einen vollen Krug und zwei Becher mitgenommen, und kaum hatte die Tür seines Gemachs sich geschlossen und die Begräbnisstimmung unten in der Halle ausgesperrt, fiel alle Trübsal von ihm ab. »Und?« fragte er gespannt, während er einschenkte. »Erzähl! Wie war Stephen?«
    Betrunken und ausgebrannt, hätte die ehrliche Antwort gelautet, aber das sagte Simon nicht. Von allen Enttäuschungen, mit denen das Leben ihn im Lauf des letzten Jahres so reichlich bedacht hatte, war seine Begegnung mit König Stephen vielleicht die bitterste gewesen.
    Simon hatte ihn mutterseelenallein in einer kleinen, dämmrigen Halle im Ostflügel des Palastes angetroffen, wo der König mit einem Becher Wein und seiner Krone am Tisch gesessen hatte. Die Krone lag auf der Seite, und Stephen stieß sie mit der Hand an, sodass sie ein Stück rollte. Wegen ihrer Form rollte sie in einem Halbkreis auf die Tischkante zu. Als sie abstürzte, fing er sie auf, legte sie wieder hin und begann von vorn.
    »De Clare?«, fragte er, nachdem die Wache verschwunden war, und schaute auf. Sein Kopf bewegte sich merkwürdig langsam, und die Augen, die Simon missmutig anblickten, waren blutunterlaufen und trüb. »Welcher?«
    Simon trat ungebeten näher und sank auf ein Knie nieder. »Simon de Clare of Woodknoll, Sire.«
    Ein mattes Lächeln huschte über Stephens Gesicht. »Ralphs Sohn?«
    »So ist es.«
    »Ihr seid der mit der Fallsucht.«
    »Ja, Sire.«
    Der König ließ sich in seinen Sessel zurücksinken, die ausgestreckte Rechte immer noch an der Krone. »Tut mir leid, die Sache mit Eurem Vater.« Er rülpste leise. »Er war einer meiner Besten.«
    Simon bedankte sich artig und senkte den Blick. Die Diskrepanz zwischen dem Bild, das er sich von diesem König gemacht hatte, und der Wirklichkeit erschütterte ihn.
    Als spüre der König seine Enttäuschung, bemerkte er: »Ihr trefft mich nicht gerade in Höchstform an, mein junger Freund. Ihr müsst mir vergeben. Gestern erhielt ich die Nachricht, dass Ranulf of Chester sich unserer Sache angeschlossen hat.«
    Simon machte große Augen. »Aber das ist wunderbar! Der Earl of Chester ist der mächtigste Mann in den Midlands.« Wenn es allerdings stimmte, was der Earl of Leicester ihm erzählt hatte, dass der nämlich ein Stillhalteabkommen mit Ranulf of Chester verhandelte, dann war dessen Unterstützung für König Stephen vermutlich ein wertloses Lippenbekenntnis …
    »Ja. Es ist großartig. Aber er ist Gloucesters Schwiegersohn. Ein angeheirateter Neffe der Kaiserin mithin. Und nun fällt er ihr in den Rücken. Wie … furchtbar das für sie sein muss. Und für Gloucester ebenso.«
    Simon fiel ein, was die Männer in der Halle seines Vaters hinter vorgehaltener Hand gesagt hatten: König Stephen sei zu nachsichtig mit seinen Feinden, um sie je schlagen zu können. Der junge de Clare begann zu fürchten, dass sie recht gehabt hatten. »Wo wir gerade von Kaiserin Maud sprechen, Sire …«, begann er ein wenig unbeholfen.
    »Ja? Was ist mir ihr? Steht auf, mein Junge.« Stephen ließ ihn nicht aus den Augen, hob den Becher an die Lippen, trank und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. »Seid Ihr gekommen, um Euch gleich wieder zu verabschieden, weil Ihr Euch für sie entschieden habt?«
    Simon stand auf. Sein Knie schmerzte. »Nein, Sire. Es geht um ihren Sohn. Henry.«
    »Ah! Der kleine Satansbraten ist in England, richtig? Habt ihr ihn gesehen?«
    Simon schluckte. »Ja, Sire.«
    Die Krone rollte wieder auf die Tischkante zu, fiel, wurde aufgefangen. »Und? Wie ist er? Ein Heißsporn, wie alle sagen?«
    »Ich denke schon, dass man ihn so bezeichnen könnte. Aber er ist in Nöten. Und ich bin hier, um Euch in seinem Namen um Hilfe zu bitten.«
    Der König lauschte mit gerunzelter Stirn, während Simon ihm von Henrys Missgeschick berichtete. »Ich hoffe,

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