Hiobs Brüder
ich dir später«, erwiderte Simon und nickte fast unmerklich auf die Unbekannten am Tisch zu.
»Vergebt mir, de Clare«, sagte Lady Matilda. »Mein Enkel Haimon de Ponthieu und seine Cousine Susanna, Alans Gemahlin. Haimon, Susanna, dies sind Alans Freunde Wulfric und Godric und Simon de Clare, die Henry und uns allen einen unschätzbaren Dienst erwiesen haben.« Ihre Stimme klang seltsam matt, die Worte gestelzt, als habe sie sie auswendig gelernt, ohne ihren Sinn zu verstehen.
Während Simon, Haimon und Susanna ein paar höfliche Floskeln tauschten, fuhr sie fort: »Emma, bring unseren Gästen Wasser und Handtuch und dann trag ihnen auf. Nehmt Platz«, lud sie die Ankömmlinge ein.
»Was, hier?«, fragte Godric entgeistert.
»Wenn ihr uns die Ehre erweisen wollt«, beharrte sie, als sei es üblich, angelsächsische Krüppel bäuerlicher Herkunft an einer hohen Tafel willkommen zu heißen.
»Herrje, muss das sein?«, murmelte Susanna vor sich hin.
Sie hatte französisch und sehr leise gesprochen, aber die Zwillinge verstanden sie mühelos. »Habt Dank, Lady«, antwortete Wulfric Matilda. »Aber lieber nicht. Wir machen uns auf die Suche nach unseren Freunden.«
»Sie sind im Dorf«, erwiderte die alte Dame. »Kehrt nicht gleich in dieses Wetter zurück, ohne euch aufzuwärmen und zu stärken. Und lasst euch von Susannas Gehässigkeit nicht kränken. Wenn es noch Ehre und Anstand auf der Welt gäbe, müsste sie mit den Hunden vom Boden essen … Du bleibst sitzen, Susanna.« Sie sah die junge Frau nicht an, aber ihr Ton war mit einem Mal so scharf geworden, dass Simon um ein Haar zusammengezuckt wäre.
Die junge Frau sank zurück in ihren Sessel und starrte geradeaus. Sie riss die Augen weit auf, um zu verhindern, dass die Tränen zu laufen begannen, aber vergeblich.
Jesus, was ist hier passiert?, rätselte Simon, nahm Wulfric beim Arm, damit die Zwillinge nicht ausbüxen und die alte Lady beleidigen konnten, und führte sie entschlossen an die hohe Tafel.
Er ließ sich in den Sessel neben Henry sinken. Die Zwillinge blieben verlegen stehen, bis zwei Knechte eine kleine Bank für sie herbeischafften.
»Wo ist er?«, raunte Simon Henry zu.
Der neigte sich leicht zu ihm herüber und antwortete ebenso gedämpft: »Abgehauen. Vor zwei Tagen.«
»Warum?«
Henry seufzte so tief, dass es komisch gewirkt hätte, wäre er nicht so unverkennbar unglücklich gewesen. »Auch darüber sollten wir lieber später reden.« Er stand auf, trat zu den Zwillingen und schüttelte ihnen die Hand. »Ich danke euch. Es war riskant, und ihr schuldetet mir nichts. Ich werde euch das nie vergessen, und sobald ich kann, mach ich es gut.«
Über die Schulter übersetzte Simon seinen Freunden die schönen Worte.
Noch ein bisschen verlegener wehrten die Zwillinge ab.
Emma erlöste sie, als sie mit einer Schale Wasser hinzutrat. Die Ankömmlinge wuschen sich die Hände und benutzten das Handtuch, um sich auch die Gesichter und die triefenden Haare abzutupfen. Simon hätte allerhand darum gegeben, sich umziehen zu können, aber das Kaminfeuer in seinem Rücken war herrlich warm, und früher oder später würde er schon trocknen. Emma brachte ihnen Wein, Brot und einen Eintopf mit Bohnen und einer ordentlichen Portion Hammelfleisch. Wulfric und Godric fielen mit Hingabe darüber her.
Auch Simon war hungrig, aber die Neuigkeiten über Alans Verschwinden und die Stimmung am Tisch schnürten ihm die Kehle zu. Er nahm einen unbescheidenen Zug aus seinem Becher, begann dann langsam zu essen und wartete, dass irgendwer das bleierne Schweigen brach.
Erwartungsgemäß war es Henry, der das schließlich tat. »Meine Ritter haben hergefunden.« Er wies auf die zehn Männer an der oberen linken Tafel.
»Das ist großartig. Wann willst du aufbrechen?«
»Vorgestern«, entfuhr es Henry. Mit einem kläglichen Lächeln fuhr er fort: »Morgen früh, schätze ich. Ich habe sehnsüchtig auf dich gewartet, Simon, das kannst du mir glauben. Ich fürchte, ich habe die Gastfreundlichkeit hier ein wenig überstrapaziert.«
Simon runzelte verwundert die Stirn, dann kam ihm ein fürchterlicher Verdacht. Verstohlen sah er zu Alans bildschöner Frau hinüber, die immer noch starr an ihrem Platz saß wie eine Strohpuppe, dann zurück zu Henry, und er zischte wütend: »Was hast du angestellt, Henry Plantagenet?«
Der senkte zerknirscht den Blick und hob die breiten Soldatenschultern. »Ich glaube, die Frauen werden einmal mein Untergang sein«, bekannte
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