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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Innenseiten ihrer Schenkel. Sie blickte noch einmal unter der Decke an sich herab und sank kreiselnd wieder aufs Kissen zurück. Sie war sauber. Er hatte sie gewaschen. Er hatte die Widerwärtigkeiten von ihr gewaschen. Seit sie ein Baby gewesen war, hatte das keiner mehr für sie getan. Ihr schien sogar, dass er ihre wunden Öffnungen eingecremt hatte, weiß der Teufel womit, aber es war kühl und angenehm, die fransigen Schmerzen von gestern gelindert. Ihr Blick zellteilte sich, sie blinzelte die Tränen weg und zog ihren Körper ratsuchend um das Kissen zusammen. Dieser Mann dort drüben hatte das Ekelhafteste von ihr gesehen und war immer noch da. Auch ihr Geld hätte er längst nehmen können und verschwinden. Was wollte er? Mehr Blut? Konnte sie noch mehr entbehren? Sie wünschte sich weg, zurück, in den Schlaf. Der Gedanke, dass ihre Körperausscheidungen seit Neuestem giftig und todbringend waren, durchzuckte sie schmerzlich. Trotzdem hatte Hiob sie abgewischt, berührt. Die Unreine berührt. Die Unreine. Auf viele erdenkliche Arten.
    »Was bist du eigentlich für einer? Was für ein Spiel spielst du?«
    »Ich töte, ich rette Leben. Ich rette mein Leben, meistens.«
    »Du ... hast schon getötet? Ich meine ... Menschen?«
    Hiob wunderte sich langsam, warum gerade diese Frage seinen Gesprächspartnern in letzter Zeit immer so wichtig war. Er hatte das Töten immer für eine sozialhistorische Grundkonstante in zwischenmenschlichen Verhaltensmustern gehalten.
    »Menschen?« Hiob lachte leise. »Ja. Auch. Aber das meine ich eigentlich nicht. Ich töte ... nein, das kann ich dir nicht sagen. Wozu auch? Du würdest es ohnehin entweder nicht glauben oder nicht verstehen.«
    »Versuch es doch. Du sagst, ich muss bald sterben ...«
    »Vier Jahre noch. Das ist eine lange Zeit. Ich wünschte, ich hätte so viel.«
    »Also, was hast du zu verlieren? Erklär mir, wer du bist!«
    Hiob veränderte unbehaglich seine Sitzhaltung. Wie Honig suppten morgendliche Sonnenstrahlen durch das Fenster auf den Boden. »Ich habe keine Zeit mehr, Diana. Ich muss los. Eigentlich wollte ich nur warten, bis du wieder zu dir kommst, um zu sehen, ob du die Recherche gut überstanden hast.«
    »... Warum ...?«
    »Ich habe dich in diese Situation gebracht. Ich bin schuld an deiner Schwäche. Und es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe. Ich bin zurzeit ziemlich runter mit den Nerven.«
    »Nein, ich meine, warum musst du gehen? Warum bleibst du nicht bei mir? Versuch es mir auszureden. Rette mein Leben.«
    »Genau deshalb muss ich los, Mädchen.« Er erhob sich ächzend vom Schemel. »Wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja wieder. Vorausgesetzt, du gehst nicht wieder raus und vögelst dich zu Tode.«
    Ich bin verwundet, wie ein Soldat nach einer Schlacht, dachte Diana.
    Ich bin müde, mein Leib ist kaltes Blei.
    Ich bin so fern, fern von zu Haus.
    Ich kam hierher, um mich zu rächen. Es war zu viel, mein Hass zu schwach.
    Ich werde sterben, mein Blut ist Gift, mit jeder Sekunde vermehrt sich und wuchert mein herzloser Feind in mir.
    Dieser verrückte Vampir hier ist alles, was mir geblieben ist.
    »Mein Blut ist Gift, du verrückter, blödsinniger Kerl. Ich habe AIDS. Du trinkst mein Blut. Du wirst verrecken.«
    Hiob lachte leise, nahe bei der Tür stehend, dicht davor, ihr Leben zu verlassen. »Das wäre Pech, Mädchen. Das wäre wirklich Pech.«
    Sie warf sich wild herum, deckte sich auf, krümmte sich wütend ihm entgegen, von weinerlicher, verzweifelter Kraft durchspült. »Willst du noch mehr? Ich hab noch mehr, du brauchst es nur zu nehmen. Trink mich aus, knüll mich zusammen und wirf mich weg. Bitte!«
    »Adieu.« Die Tür ging zwischen ihnen zu.
    »Bitte!«, flehte sie. Sich genug aus ihr zu machen, um auf sie wütend zu werden und sie zu schlagen, sie zu trinken, sie abzuwischen, auf ihr Aufwachen zu warten, das war so nah an Liebe ohne Mitleid dran, wie sie jemals wieder erfahren würde, während sie verfiel, mit 24 Jahren zu unnützem Unrat verkam, nichts weiter als ein Routinejob für eine vom Ende der Nachtschicht träumende Krankenschwester oder nicht mehr als Kummer, Ekel, Angst, Besorgnis in den Augen Sylvies oder der vorwurfsvollen Eltern Frahm. Sie schrie und heulte, bäumte sich auf dem quietschenden und rasselnden Bett auf, zerkratzte sich die Brüste unter dem quälend dünnen Stoff, warf den Kopf hin und her, riss und zog am Schorf des Handgelenkschnitts und lutschte ihr eigenes, schales, nach Blech schmeckendes

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