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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Gefühl – die Ahnung, wie sie es nannte – gehabt hatte, dass ihm etwas Furchtbares zugestoßen sein könnte und sie deshalb ihren widerwilligen Bruder so lange nervte, bis dieser mit ihr zu Hiobs Wohnung fuhr und dort aufgrund des üblen Gestanks die Wohnungstür aufbrach und dann den Notarzt anrief, während sie bei Hiob Erste Hilfe anwandte. Wenn sie nicht bei ihm saß und munter über ihre Schulfreundinnen plapperte oder ihm etwas aus »Aus dem Leben eines Taugenichts« von Joseph von Eichendorff vorlas, schlief sie in einem der Wartezimmer. Eine Krankenschwester zwinkerte Hiob zu und fragte, wann es mit ihm und Myriem denn so weit sei, mit Heiraten und so, und er antwortete, bald, und er freue sich schon so darauf.
    Auch Kamber tauchte mal wieder auf und sorgte dafür, dass Hiob nach Hause verlegt werden konnte. Es gab da nämlich dieses kleine Problem, dass Hiob nicht krankenversichert war, und Kamber hatte sich gutherzigerweise bereiterklärt, die Krankenhauskosten zu übernehmen, und jeder weitere Tag im St. Joseph riss eine weitere stark blutende Wunde in Kambers ohnehin fragile Finanzwelt. Da Myriem sich bereit erklärte, die noch nötigen Salbungen vorzunehmen und sich auch ansonsten um Hiob zu kümmern, brachte ihn ein gutgelauntes Notarztwagenteam in seine vollgekotzte und nassgepisste Bude zurück.
    Myriem betätigte sich dort, ohne übermäßig die Nase zu rümpfen, als Hausfrau und brachte die verhunzte Klitsche erst mal wieder einigermaßen auf Vordermann, samt einer neuen Matratze und einem neuen Teppich, die ihr Vater ihr günstig besorgt hatte und kostenlos liefern ließ. Mit der Zeit ging Hiob ihre selbstverständliche Geschäftigkeit auf die Nerven. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie seine momentane Hinfälligkeit ausnutzte, um sich im Singlehaushalt Montag eine gefestigte Position einzurichten. Seine Gelenke schmerzten noch wie vom Nachhall einer Arthritis, aber so langsam ging es dann auch physisch wieder mit ihm aufwärts, sodass er sich erfolgreich dagegen wehren konnte, dass Myriem ihn dauernd einsalben wollte. Er machte das jetzt selbst und schickte die Uneinsichtige dabei aus dem Zimmer. Auch gelang es ihm, ein paar Klümpchen von neben dem Telefon gefundenen Haut- und Fleischabrieb vor Myriems unbedingtem Hygienewillen zu retten und in einem leeren, kleinen Marmeladeglas zu verstauen. Eine Häutung war schließlich irgendwie ein schamanistisches Ereignis. Hiob war zwar nicht unbedingt ein neuer Mensch dadurch geworden, aber wie wiedergeboren fühlte er sich schon, mit allen unangenehmen Details, die so was mit sich brachte. Er wollte einfach ein paar Stückchen der alten Hiobshaut behalten, zur Erinnerung, zum Gedenken, zur Mahnung, vielleicht auch einfach nur so.
    Schließlich war der Tag gekommen, an dem es an der Wohnungstür klopfte und diese mondäne Blondine draußen stand, die schwelende Erotik an sich trug, wie andere Frauen vielleicht einen läppischen Nerz tragen würden. Myriem war irritiert, ließ die etwa zehn Jahre ältere Frau dann aber doch ein. Eine Szene aus Gute Zeiten, schlechte Zeiten hätte nicht fahriger sein können.
    Hiob kam der Auftritt der Blondine gerade recht. Er rappelte sich hoch, stand in seinem zerknitterten T-Shirt und mit wacklig rosigen Stachelbeerbeinen aufrecht auf seiner Matratze und brummte: »Darf ich dir vorstellen, Myriem? Das ist ... Ashley, meine Lebensgefährtin.«
    »Hiob, Darling, wie siehst du denn aus?«, flötete »Ashley« affektiert. »Mein Gott, kann ich denn nicht mal für eine Woche in New York sein, ohne dass du in Schwierigkeiten gerätst? Und seit wann hast du eine Putzfrau angestellt?«
    »Ich bin keine ...«, setzte Myriem an, aber Hiob kam ihr schon zuvor.
    »Myriem ist keine Putzfrau, sondern die Schwester meines besten Freundes Kamber. Kein Grund also, ausfallend zu werden oder irgendwelche falschen und völlig an den Haaren herbeigezogenen Schlüsse zu ziehen. Ich bin sehr krank gewesen, und Kamber und Myriem haben mir sehr, sehr geholfen und ich bin ihnen sehr, sehr zu Dank verpflichtet.« Er nickte Myriem zu, als wolle er sie segnen. »Aber Myriem, du verstehst doch sicher, dass ich und Ashley jetzt unter uns sein wollen. Nach allem, was ich durchgemacht habe, habe ich ihr viel zu erzählen.«
    Das arme Mädchen war schlichtweg überlastet. Sie wusste weder, was gerade in ihr vorging, noch, was sie jetzt tun sollte. »Warum ... warum hast du mir nie ... erzählt ...?«, stammelte sie.
    »Myriem,

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