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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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den Erhalt von Nistplätzen für Singvögel kümmern, Rosmarinhecken pflanzen und Bienen ansiedeln? Und was veranlasste einen, nach der Weinernte Jahre zu warten, bis man lächerlich wenig Flaschen auf den Markt brachte? In seinen Augen war das alles ausgemachter Unfug, doch einer von hohen Graden. Denn aus welchen Gründen auch immer, der Brunello von Soldera, dem großen Eigenbrötler unter den Winzern von Montalcino, war auch nach Lausitz’ kritischer Einschätzung eine Offenbarung. Und da vor wenigen Tagen der neue Jahrgang in den Verkauf gelangt war, wollte er ihn sofort verkosten, wohl wissend, dass man ihn besser noch etwas ruhen lassen sollte. Aber warum sollte es dem Wein von Case Basse besser ergehen als ihm? Auch ihn störte man mit schöner Regelmäßigkeit im falschen Moment. Er warf einen Blick auf Melissas von der Sonne Sardiniens gebräunte Beine und dachte an den heutigen Morgen, als ihn ein Telefonanruf davon abgehalten hatte, die Innenseiten dieser göttlichen Oberschenkel … Er kniff die Augen zusammen und versuchte sich auf den Wein zu konzentrieren. Während er die Flasche abstellte und mit dem Sommeliermesser den oberen Teil der Kapsel abschnitt, fragte er Panepinto nach dem Fortgang in Sachen der Tenuta del Leone.
    »Promette bene, molto bene, sehr viel versprechend«, antwortete dieser mit einem verheißungsvollen Lächeln.
    Lausitz setzte den Korkenzieher an. »Mach es nicht so spannend. Was gibt es Neues?«
    »Allora, ich habe mit Dino gesprochen …«
    »Dem Kellermeister von Luca Pertini?«
    »Giusto! Dino ist natürlich beunruhigt, was den Gesundheitszustand seines Chefs betrifft.«
    »Wie wir alle!« Lausitz hatte den langen Korken herausgezogen und roch an ihm.
    »Deshalb wäre Dino bereit, seinen Job bei der Tenuta del Leone zu kündigen und zum nächstmöglichen Termin bei uns anzufangen.«
    Lausitz verlor für einen Augenblick das Interesse am Flaschenkorken. »Aber damit hätte Luca Pertini …«
    »… der unglückseligerweise halbseitig gelähmt auf der Intensivstation liegt«, setzte Panepinto den Satz fort, »und mehr denn je auf seinen Kellermeister angewiesen ist …«
    »… seine wichtigste Kraft verloren!«, stellte Lausitz zufrieden fest. »Damit wäre die Bastion, um sich einmal militärisch in der Sprache meiner Vorfahren auszudrücken, sturmreif geschossen.«
    »So könnte man es ausdrücken. In Italien würden wir vielleicht eher sagen, la fortuna ci assiste.«
    »Das liebe ich an den Italienern, sie haben immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen, auch wenn sie gerade einen Widersacher mit Betonklötzen an den Beinen im Meer versenken.«
    »Sobald Dino bei Pertini gekündigt hat und die Banken, auch dafür habe ich gesorgt, den laufenden Kredit nicht mehr verlängern, bleibt ihnen nichts anderes mehr übrig«, Panepinto klatschte freudig in die Hände, »als an uns zu verkaufen.«
    »Ben fatto, mein Kompliment«, lobte Lausitz, der sich nun wieder in bester Stimmung auf den Wein konzentrierte. Er goss eine kleine Menge in sein Glas, schwenkte dieses, schloss erwartungsvoll die Augen und roch daran. »Ich weiß nicht, wie dieser Soldera das immer wieder hinbringt«, sagte er, gleichermaßen verzückt wie verwirrt. »Vielleicht sollte ich mich doch mal um Nistplätze für Singvögel kümmern. Offenbar hören die Trauben am Rebstock gerne den Gesang von Rotkehlchen oder Nachtigallen, womöglich setzt das zusätzliche Aromen frei?«
    »Das kann nicht funktionieren«, brachte Panepinto einen entscheidenden Einwand vor. »Wir Toskaner pflegen auf Singvögel zu schießen, sie in Rotwein zu schmoren und im Kreise guter Freunde zu verzehren.«
    »Stimmt, ich habe vergessen, ihr seid ein Volk von Jägern.«
    Panepinto, der selbst gerne im Herbst mit der Schrotflinte ins Unterholz zog, nickte stolz. Den leisen Spott in Lausitz’ Stimme hatte er überhört.
    Ohne vom Wein gekostet zu haben, goss Lausitz nun eine angemessene Menge in alle drei Gläser und machte eine einladende Handbewegung. »Ich bin auf euren Kommentar gespannt. Melissa, probier du zuerst.«
    Seine Freundin nahm das Glas, führte es rasch zum Mund, trank es aus und stellte es wieder ab. Lausitz beobachtete diesen Vorgang mit amüsierter Missbilligung.
    »Was war denn das?«
    Melissa sah ihn verständnislos an. »Ich habe den Wein probiert, sollte ich doch, oder?«
    Lausitz schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was du gerade gemacht hast, aber eine Weinverkostung war das ja wohl nicht. Du hast diesen

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