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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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Bedürfnisse.«
    Sie glotzte mich eine Schrecksekunde lang an und warf dann einen Blick auf die Küchentür hinter uns. »Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe, das kannst du mir glauben«, raunte sie. »Drei Kinder reichen mir. Du musst jetzt auch nicht so tun, als hättest du Spaß dran, nur weil du meinst, dass bei dir immer alles besserläuft als bei mir. Mir kannst du nix vormachen, das ist doch alles nur ein Mythos.«
    »Ein Mythos?«, fragte ich.
    »Ja, Orgasmus und so. Was soll das sein? Hatte ich noch nie. Und weißt du was: Wenn du mich fragst, je doller du stöhnst, desto schneller sind die Männer fertig.«
    Mir klappte die Kinnlade runter. »Du hast kein bisschen Spaß dabei?«
    Sie bekam eine rote Birne. »Also, Silvie!«
    Ich flüsterte: »Noch nicht mal am Anfang? Als ihr euch kennengelernt habt, da sprachst du davon, dass ihr Kinder wollt und so. Da müsst ihr doch auch guten Sex gehabt haben!«
    »Nie im Leben! Ich war noch Jungfrau! Matthias hatte Erfahrung, wir haben miteinander geschlafen, ich hatte solche Schmerzen, er meinte, ich hätte Spaß, und dann war ich schwanger. In der Schwangerschaft war ich froh, dass ich ihm sagen konnte, es geht nicht. Und dann war ich jedes Mal gleich wieder schwanger. Und jetzt sage ich ihm eben, dass ich kein Kind mehr will. Die Pille vertrage ich nicht. Manchmal muss ich natürlich, ich weiß ja, dass die Männer das ab und zu brauchen, aber ich sag's dir, nicht öfter als dreimal im Jahr. Da greift er zu mir rüber, nimmt sich ein Kondom, und dann machen wir's halt.«
    »Und dann stöhnst du ihm eins vor?«
    »Wie gesagt, er ist dann schneller fertig.« Anna stellte den letzten Teller in die Spülmaschine und wischte sich danach die Finger an meinem Geschirrtuch ab, während ich sie weiterhin anstarrte. Verrückt, das Ganze. Und das, was sie sagte, konnte auch nicht stimmen, denn was Luna erzählt hatte, klang nach etwas ganz anderem. Stöhnen, gut, aber Schreien, wenn man nichts empfand? Ich trat aus der Küche und lief ins Wohnzimmer, wo Matthias mit verschränkten Armen auf seinem Stammplatz saß. Anna folgte mir und warf ihm einen unsicheren Blick zu. Er nickte ein kurzes, fast unmerkliches Nicken und Anna rief: »Luna, Emma, Clara, wir gehen. Papa muss noch arbeiten!«
    Ganze zwanzig Minuten waren sie da gewesen.

    Johannes und ich waren uns einig, dass Nils unser einziges Kind bleiben sollte. Wir waren glücklich mit diesem einen; Johannes schien im Reinen damit, dass wir Eltern geworden waren. Manchmal wirkte er nach wie vor ein wenig zu enthusiastisch – als wolle er mir und sich selbst etwas beweisen –, aber sein Benehmen half mir wenigstens, mein Vertrauen zurückzugewinnen. Er kümmerte sich weiterhin sorgsam um mich, nahm die Bemerkungen der Hebamme ernst, die davor warnte, dass ich mir zu früh zu viel zumuten könnte. »Frauen wie Ihre neigen dazu, sich zu übernehmen«, mahnte sie. Womit sie recht hatte, denn ich konnte es nicht abwarten, den ersten Spaziergang zu machen, und schaffte es dann nicht einmal bis zum Park.
    Etwa acht Wochen nach der Geburt schliefen wir das erste Mal wieder miteinander, und es war fast wie bei unserem allerersten Mal. Er war so sorgsam und vorsichtig darauf bedacht, dass ich voll auf meine Kosten kam, dass ich anschließend in Tränen ausbrach und der ganze Frust aus der Schwangerschaft aus mir herausbrach. Ich weinte und weinte, und er hielt mich fest. Als der Anfall vorüber war, schworen wir uns, dass wir ganz neu anfangen würden. Ich wollte es so sehr. So sehr!
    Doch dann kam der Nachmittag bei meiner Mutter. Ich saß in ihrer Küche und fütterte Nils mit einem Brei, da sagte sie nebenbei: »Wann wollt ihr uns eigentlich sagen, dass du wieder schwanger bist, Silvie?«
    Ich lachte auf, den Löffel im Anflug auf Nils' aufgesperrten Schnabel.
    »Haha. Was soll das denn?«
    Sie setzte sich zu mir an den Tisch und blickte mich mit ernster Miene an. »Du willst mir nicht erzählen, dass du nichts davon weißt?«
    »Nein!«, sagte ich mit Bestimmtheit. »ich weiß es sogar ganz genau: Ich bin nicht schwanger. Von was auch, ich stille doch.« Ich hatte keine Lust, mit meiner Mutter über mein Liebesleben zu diskutieren. Mein Zyklus hatte noch nicht einmal eingesetzt. Sobald ich meine erste Periode hatte, würde ich wieder mit der Pille anfangen.
    »Du stillst doch gar nicht mehr ausschließlich«, deutete sie auf Nils' Brei, »außerdem ist das ein Ammenmärchen, dass Stillen vor Schwangerschaft

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