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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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schützt.«
    Ich blinzelte. Für wie dumm hielt sie mich eigentlich? »Ich bin nicht schwanger, Mama. So was merkt man.«
    »Wie du meinst«, sagte sie und sah mich noch einmal prüfend an.

    Auf der Rückfahrt besorgte ich mir einen Schwangerschaftstest, einen, bei dem es ein digitales Display gab. Den würde ich meiner Mutter vor die Nase halten: Nicht schwanger würde dort stehen, dann hatte sie es schwarz auf weiß. Immerhin, bei Nils hatte ich schwanger werden wollen. Diesmal nicht.
    Ich war nicht einmal nervös, als ich auf das Stäbchen pieselte. Zufrieden blickte ich auf das kleine Fensterchen, das für wenige Augenblicke grau blieb. Sehr wenige Augenblicke. Und dann stand dort schwanger in fetten Lettern. Ich gab ein Quieken von mir und klopfte aufs Display. Es konnte nicht sein! Unmöglich! »Oh, mein Gott«, murmelte ich und lief in der Wohnung auf und ab. »Oh, mein Gott.« Unvermittelt bekam ich Bauchkrämpfe. Johannes würde mich umbringen. Nicht buchstäblich, aber er würde kotzen. Und rumschreien. Nein, rumschreien nicht, aber ausziehen. Mir vorwerfen, ich hätte das mit Absicht gemacht. Dabei war es doch auch seine Schuld! »Oh nein, oh nein«, murmelte ich wieder. Ich hatte ihm selbst erzählt, während des Stillens könne nichts passieren, und er hatte es zur Kenntnis genommen, es geglaubt, mir vertraut. Wo hatte ich diesen Schwachsinn bloß gelesen? Es hatte geheißen, man habe während des Stillens nicht seine Tage. Und das stimmte. Und ich war davon ausgegangen, dass ich erst wieder schwanger werden konnte, wenn ich meine Tage gehabt hatte. Was auch stimmte, mit der klitzekleinen Einschränkung, dass der Periode ein Eisprung vorausging! »Lieber Gott«, murmelte ich wieder, schnappte Nils, fuhr zur Apotheke und kaufte noch einen Schwangerschaftstest. Bei dem ersten war die Elektronik kaputt gewesen, das musste es sein! Erleichterung machte sich breit in meinem Bauch, ich fuhr wieder zurück, ließ Nils in der Diele stehen und raste aufs Klo. Pieselte auf den Streifen des diesmal klassischen Tests mit Fenster und beobachtete fassungslos, wie in dem weißen Fensterchen ein blauer Streifen erschien, zunächst blass, dann immer dunkler. Unverschämt fett war er, dieser Streifen. Ich heulte auf, schnappte Nils, strich ihm mechanisch übers Köpfchen, wieder und wieder, und überlegte mir eine Lösung. Ich musste Johannes verlassen. Abhauen, ihm gar nichts davon sagen. Nur weg hier! Da heulte ich wieder auf. Es lief doch gerade alles wieder so gut! Wir hatten uns eingefunden in unser Leben zu dritt, wir waren Eltern geworden, eine Mama und ein Papa. Unser Kind war ein kleiner blonder Sonnenschein – wir planten sogar schon die erste Reise. An drei Vormittagen pro Woche brachte ich ihn in einen Kinderladen, arbeitete stundenweise in der Redaktion. Wir hatten wieder regelmäßig Sex! Und nun dies.

    Johannes sagte minutenlang nichts, schüttelte den Kopf und blickte in die Ferne. Schließlich krächzte er: »Eins oder zwei, Silvie, ist doch egal.« Er lächelte. Sehr zaghaft.
    Ich konnte es nicht fassen. Dieses ganze Theater, als es um Nils gegangen war, sein Widerstand gegen ein Baby – und nun? Akzeptierte er es einfach?
    »Ich finde es ja schön mit Kind«, sagte er und betrachtete Nils liebevoll. »Ich wollte keins, das stimmt. Aber jetzt … wir werden schon klarkommen.«
    Er wollte es mir leichtmachen, auch wenn ihm ganz anders zumute war. Verantwortungsbewusst und anpassungsfähig, sich in sein Schicksal fügend. Sicherlich konnte es mir passieren, dass wir wieder bis nach der Geburt keinen Sex hatten. Nicht einmal Körperkontakt. Aber im Stich lassen würde er mich nie!
    Dass das für mich nahezu gleichbedeutend war, ahnte er nicht.

    Diesmal kam das Umzugsthema auf den Tisch – besonders Anna forcierte es. Matthias hatte unschlagbare Kontakte und würde uns ein Traumhaus besorgen können –- zu besonders günstigen Konditionen, erklärte sie mir am Telefon.
    »Ich will kein Traumhaus, Anna, wenn ich jemals etwas kaufen würde, dann ein Fachwerkhaus«, sagte ich. Ich wollte etwas renovieren, nichts Fertiges. Mir schwebte eine Art verlottertes Holzhäuschen vor, selbstverständlich ohne Holzwurm und für einen Schnäppchenpreis. Bloß nichts Spießiges.
    Anna gackerte. »Du bist ja verrückt! Ein Fachwerkhaus? Du bist doch kein Hippie! Matthias besorgt euch was Modernes mit Garten und Einbauküche. Eine Doppelhaushälfte zum Beispiel, so wie unsere! Was glaubst du, wie viel Platz du mit zwei

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