Hirngespenster (German Edition)
Kindern brauchen wirst – da bist du für jeden Einbauschrank dankbar!«
Ich knirschte mit den Zähnen. »Ich will keinen Einbauschrank, Anna. Am liebsten würde ich in unserer Wohnung bleiben, aber da das auf Dauer nicht geht, suchen wir uns eine größere Wohnung oder ein altes Haus – etwas anderes will ich nicht.«
Sie ignorierte meinen Einwand. »Komm doch mal mit Johannes bei uns vorbei. Matthias kann dir ein paar Objekte zeigen – bestimmt ist was für euch dabei.«
Ich lehnte noch einmal ab. »Wenn wir Unterstützung brauchen, geb ich Bescheid. Wir suchen erst mal auf eigene Faust.«
Schnell stellte sich heraus, dass wir nicht die Einzigen auf der Suche nach einem Fachwerkhaus in der näheren Umgebung waren. Fachwerkhäuser schienen der Renner zu sein unter denen, die aus der Stadt raus wollten. Alles Individualisten. Und wir mittendrin. In Nordhessen hätten wir was finden können, zweieinhalb Stunden von unseren Arbeitsstätten entfernt.
»Also gut«, sagte Johannes, »es wird ja wohl eine größere Altbauwohnung geben, die erschwinglich ist.«
Aber dies war genauso illusorisch. Eine Vierzimmerwohnung, wie wir sie gebraucht hätten, kostete ein Vermögen.
Eines Abends klingelte es an der Tür und Anna stand mit Matthias im Hausflur. Gutgelaunt lächelte er mich an und schüttelte mir die Hand. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah, das hatte er noch nie getan. Mehr als überrascht bat ich die beiden herein in die Küche, wo noch das Geschirr vom Abendbrot stand. Wir setzten uns alle an unseren Tisch, ich räumte notdürftig ab, bot etwas zu trinken an, und Matthias erkundigte sich schließlich ohne Umschweife: »Wie viel Eigenkapital habt ihr denn?«
»Wieso willst du das wissen?«, fragte ich.
»Wie ich gehört habe, wollt ihr ein Haus kaufen«, lächelte er und klickte mit seinem Kugelschreiber.
Ich lachte auf. Am liebsten hätte ich Anna einen Tritt verpasst – wie konnte sie Matthias anschleppen? Doch ihr Blick von der anderen Seite des Tisches ließ mich zögern, den ungebetenen Gast ohne Umschweife abzuwimmeln. »Zehntausend«, sagte ich daher; ich wusste genau, dass das – egal für welchen Kauf – viel zu wenig wäre. Selbst für die Finanzierung eines Fachwerkhäuschens in Nordhessen war das nicht genügend Eigenkapital. Abgesehen davon – wir hatten nicht einmal diese Zehntausend, und das stimmte mich nicht einmal traurig. Wir waren eben keine Sparer. Wir hatten immer unser ganzes Geld für unsere Urlaube ausgegeben; zuletzt war alles für Nils' Erstausstattung draufgegangen. Andere kauften sich ein großes Auto – wir fuhren einen zwölf Jahre alten Volvo. Und eigentlich wollte ich gar keine Immobilie. Bevor ich so spießig wie die beiden hier endete, würde ich lieber in einem Wohnwagen leben.
Zu meiner Überraschung legte Johannes plötzlich seine Hand auf meinen Arm und wandte sich Matthias zu. »Zweihunderttausend haben wir«, sagte er, als sei es das Normalste von der Welt, und Anna klappte ihren Mund wieder zu, der noch offen stand von meinen »Zehntausend«.
Diesmal klappte mir die Kinnlade runter, und ich glotzte Johannes an.
Er fuhr fort: »Zeig uns einfach alles, was du in dieser Preisklasse hast, Matthias. Wenn du was hast, gut – aber, wenn nicht, dann nicht.«
Aha! Daher wehte der Wind. Johannes bluffte nur, er wollte Matthias loswerden. Seine Art war viel schlauer als meine. Männer!
Matthias verschränkte die Arme. »Für Zweihunderttausend kriegst du nix. Schon gar nicht in Bad Homburg.«
Ich blickte irritiert in die Runde und begegnete Annas Blick. Wer sprach denn bitte von Bad Homburg?
»Wir reden von Frankfurt«, sagte Johannes und blickte Matthias weiter unverwandt an. Der stand auf und verstaute seinen Kugelschreiber in seinem Sakko. »Anna hat mir gesagt, ihr sucht nach einer Immobilie in Bad Homburg. Bei uns im Bommersheimer Weg gibt es eine Doppelhaushälfte mit 150 Quadratmeter Garten, die wir auf 780.000 angesetzt haben. Wir geben euch fünf Prozent Nachlass. Das ist ein absoluter Schnäppchenpreis und kommt so nie wieder.«
Ich sog die Luft ein. So viel Geld für ein Haus!? Anna warf ich einen fragenden Blick zu, doch sie wich ihm aus. Was war hier los? Sie wusste doch ganz genau, dass Johannes und ich nie … Matthias war schon um den Tisch herumgewandert und packte Anna plötzlich beim Arm, zog sie vom Stuhl hoch. In ihren Augen las ich – was? Angst? Ich sprang ebenfalls auf und sagte beschwichtigend: »Matthias, wir wollen in Frankfurt
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