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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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rausgefunden?«, fragt Leni.
    »Es gibt einen Wiktor Kyrylenko, der wohnt mit einer Nadya und einer
Sonya Kyrylenko im Hotel Vier Jahreszeiten«, antwortet Mike Lebow. »Es handelt
sich um Vater, Mutter und Tochter und ist damit wohl eher nicht das
Höhlenforscher-Trio. Unsere drei Ukrainer haben am 15. Mai im Interconti
eingecheckt, ohne vorherige Reservierung.«
    »Oh, da haben sie aber Glück gehabt, dass sie noch was gekriegt
haben«, sagt Leni.
    »Wieso, ist das tatsächlich so ausgebucht? Bei den Preisen?« Leo
Weidinger kann das kaum glauben.
    »Nein, natürlich nicht. Ich hab nur einen Spaß g’macht.«
    »Also, die drei heißen Luba Munin, Wiktor Owtscharow und Marjana
Luschenko und definitiv nicht Putin, Shumeyko und Scharapowa. Sie haben zehn
Tage im Interconti logiert und sind dann Hals über Kopf ausgezogen, wie der
Hotelmanager mir am Telefon sagte. Von einer Stunde auf die nächste. Als wären
sie auf der Flucht gewesen.«
    »Hat er Angst g’habt, sie könnten bei ihm die Zeche prellen?«, fragt
Magdalena.
    »Nein, er sagt, sie hätten ausreichend Geld im Hotelsafe gehabt.
Aber sie hatten eigentlich vor, länger zu bleiben.«
    »Und jetzt sind sie weg? Zurück in die Ukraine?«
    »Davon weiß der Manager nichts, und ich habe auch keine Hinweise
gefunden, dass sie anderswo Quartier bezogen haben.«
    »Mist. Die werden doch nicht abgereist sein? Die drei hätte ich jetzt
schon gern kennengelernt. Okay, dann fahren wir jetzt zum Türken.«
    Leo Weidinger ist schon draußen im Hof, als Leni aus dem Gebäude der
Polizeiinspektion Berchtesgaden kommt. Er steht vor der Hauswand, an der in
etwa zweieinhalb Metern Höhe eine lebensgroße Heiligenfigur angebracht ist.
    »Auch kein schöner Tod«, sagt Leni mit Blick auf den mit Pfeilen
durchbohrten heiligen Sebastian.
    »Ist ein Hundertfünfzig-Meter-Sturz in eine dunkle Höhle schöner?«,
fragt Weidinger.
    »Auf jeden Fall. Da kommt der Tod schneller als durch ein paar
heidnische Pfeile, wie beim Sebastian. Erst fliegst du, und zwar mit ziemlicher
Beschleunigung. Die Felswände zischen an dir vorbei, du denkst vielleicht kurz,
du träumst das bloß. Du willst den Traum abschütteln, der dich so gepackt hat,
du willst die Augen aufmachen, aber dann merkst du, dass sie die ganze Zeit
schon offen sind, und …«
    »Ja?«, fragt Weidinger gespannt.
    »Und dann macht’s wumm und gleich darauf platsch. Aber bei platsch
bist du schon tot.«
    »Hm, richtig mitreißend, wie Sie das beschreiben. Sind Sie schon mal
irgendwo … ich meine, wumm?«
    »Nein, aber ich hab schon Situationen beim Bergsteigen erlebt, wo du
nicht weißt, wie’s weitergeht, ob rauf oder runter, vorwärts oder zurück.
Situationen, in denen ich mir genau dieses Fallen ausgemalt hab. Es sind nur
Sekunden, aber du siehst das alles haargenau vor dir. Im Geist natürlich.
Können wir jetzt aufbrechen? Oder müssen Sie sich erst noch von unserem
Schutzpatron verabschieden?«
    Weidinger schüttelt den Kopf. »Schon passiert«, sagt er.
    »Dann fahren wir jetzt rauf zum Türken.«
    »Es geht schon wieder bergauf?«
    »Das hab ich Ihnen doch gesagt, dass es bei uns fast überall bergauf
geht. Und der Obersalzberg ist halt, wie der Name schon sagt, ein Berg.«
    »Ein Berg mit einer unrühmlichen Geschichte«, meint Weidinger.
    »Genau. Aber das Hotel zum Türken stand schon an dieser Stelle, als
Hitler und Bormann noch gar nicht wussten, wo Berchtesgaden überhaupt liegt.
Die von den Nazis enteigneten Besitzer haben es nach dem Krieg als Ruine
zurückgekauft und wieder aufgebaut.«
    Bei der Fahrt auf den Obersalzberg überwinden sie vierhundert
Höhenmeter, einige Steigungen bis fünfundzwanzig Prozent und viele Kehren, bis
sie auf dem Parkplatz vor dem Hotel zum Türken ankommen.
    »Ui, das sieht jetzt aber schon ein bisschen gruselig aus«, sagt Weidinger.
    »Was meinen Sie? Den Türken mit seinem Krummsäbel, der da im Wappen
abgebildet ist?«
    »Gruseliger als den Türken an der Fassade finde ich dieses dunkle,
trutzige Gebäude selbst. Bergidylle schaut für mich anders aus. Wie finden Sie
es denn?«
    »Ich kann mit diesem Fünfziger-Jahre-Charme auch nichts anfangen.
Aber ich glaube, die Gäste, oder manche Gäste, kommen genau deshalb hierher.«
    »Wer hat denn hier gewohnt nach 1933?«
    »Hier war der Reichssicherheitsdienst untergebracht.«
    »Sind die Bunkeranlagen noch intakt, für die hier geworben wird?«
    »Die schauen Sie sich am besten drüben in der Dokumentation an. Dort
gibt es

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