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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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tun
haben, der jede mögliche Fehlerquelle ausschaltet«, sagt Leni.
    »Er hätte doch das Handy ganz einfach stumm schalten können, oder?«
    »Dann hätte er schon den Akku rausnehmen müssen.«
    »Wieso denn?«, fragt Weidinger.
    »Selbst ein hochtechnisches Gerät wie das iPhone macht nicht immer
nur das, was wir von ihm erwarten. Haben Sie nicht von diesem Vorfall bei einem
Konzert in New York, ich glaube, es waren die Philharmoniker, gehört? Warten
Sie, das hab ich doch erst vor Kurzem gelesen. Das hab ich mir doch
abgespeichert. Wo war das gleich noch mal?«
    Leni zieht ihr eigenes Smartphone heraus und sucht nach dem Artikel.
    »Hier. Schauen Sie sich das an. Der Mann sitzt in der ersten Reihe,
das iPhone ist stumm geschaltet, und trotzdem klingelt es mitten in der
Ouvertüre. So lange, bis der Dirigent abbricht und den Zuhörer bittet, endlich
das verdammte Handy auszuschalten. Das gelingt ihm aber nicht, denn es ist ja
auch nicht eingeschaltet beziehungsweise auf Stummschaltung.«
    »Und was macht er?«, fragt Weidinger.
    »Er verlässt mit hochrotem Gesicht und immer noch klingelndem iPhone
den Saal. Und bekommt wahrscheinlich Hausverbot in der Philharmonie.«
    »Ja, und was war das nun für ein Klingeln?«
    »Irgendein Alarm, der da in seinem Firmenhandy angegangen ist und
von dem er nicht wusste, wie man ihn ausschaltet.«
    »Sachen gibt’s! Aber zurück zu unserem Fall. Sie meinen also,
Wladimir hat vielleicht gewusst oder geahnt, dass ihn jemand verfolgt?«
    »Oder er ist selbst jemandem gefolgt.« Leni zuckt die Achseln. »Ich
kann auch nur raten. Oder wissen Sie vielleicht etwas, was ich nicht weiß?«
    »Wie käme ich dazu?«
    »Ihnen stehen im LKA doch noch ein
paar andere Informationsquellen zur Verfügung als mir und lauter gute Leute.«
    Weidinger geht nicht auf die Sticheleien ein. »Hinter wem könnte er
denn da oben her gewesen sein?«
    »Keine Ahnung, aber eine Gämse wird’s nicht gewesen sein.«
    »Wahrscheinlich nicht. Wir sind hier ja nicht im Bauerntheater«,
grinst Weidinger.
    »Vorsicht, auf unser Theater lass ich jetzt aber nix kommen«, sagt
Leni.
    »Habt ihr schon geguckt, was auf dem iPhone drauf ist?« Meik Lebow
ist mit zwei Männern von der Spurensicherung eingetroffen. Er zieht sich
Einweghandschuhe an.
    »Kann man damit überhaupt ein Smartphone bedienen?«, fragt
Weidinger.
    »Ja, das geht prima.«
    Lebows Finger wischen über den Touchscreen. Er öffnet eine Anwendung,
die für Magdalena wie ein Routenplaner aussieht. Wie auf einem Navigationsgerät
werden Strecken angezeigt, die Lebow mit Zeigefinger und Daumen zum Verkleinern
zusammenschiebt. Er arbeitet sich durch verschiedene Ansichtsmodi in einer
Geschwindigkeit, die Leni an Szenen im Kinderzimmer ihres Sohnes erinnert, wenn
er am Computer saß, über irgendeinem Geschicklichkeitsspiel, und in einem
affenartigen Tempo Spielzüge ausführte, denen sie mit den Augen nicht folgen
konnte, geschweige denn mit den Fingern. Die Fingerfertigkeit der jungen Leute hat
sich bestimmt enorm erhöht durch die Spielereien an Tastatur und Touchpad. Aber
war es eine Fertigkeit, die ihnen auch sonst im Leben nützlich sein würde?
Erhöhte das womöglich die Kraft in den Fingermuskeln und die Beweglichkeit in
den Gelenken, die man zum Klettern braucht?
    »Auf einem größeren Bildschirm könnte man das jetzt sehr
übersichtlich nebeneinander darstellen«, bringt Lebow sie in die Gegenwart
zurück. Sie erkennt verschiedene Streckenabschnitte, die Lebow nun nacheinander
anklickt und vergrößert: Kiew–Frankfurt. Frankfurt–München. München–Rosenheim.
    »Was zum Geier hat das zu bedeuten?«, fragt Leni. »Ist es tatsächlich
das, was ich vermute?«
    »Ganz genau.« Lebow nickt. »Das ist der Weg dieses iPhones. In der
App werden alle GPS -Punkte gespeichert.«
    »Gib mal her.« Leni hat sich einen Handschuh angezogen und bewegt
sich staunend durch die Kartenausschnitte. »Schade, dass Wladimir dieses Ding
nicht an seinem letzten Tag dabeihatte. Das wäre doch mal was, wenn uns das
iPhone jetzt zusammen mit seiner letzten Route auf den Göll und dem Einstieg in
die Höhle auch noch ein Bild des Mörders anzeigen würde. Ich sehe schon die
Schlagzeile in der Bildzeitung vor mir: ›Kripo ahnungslos – iPhone findet
den Mörder‹.«
    Sie überlassen der Spurensicherung das Zimmer und versuchen, beim
Hotelpersonal Kaffee zu organisieren. Die Chefin selbst kümmert sich darum. Als
sie mit einem verkratzten Silbertablett mit drei

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