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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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hast.«
    »Darüber gibt’s nichts mehr zu reden. Was willst du also hier?«
    »Dass du deine Pläne noch um ein paar Tage verschiebst«, antwortet
Manfred Hofer.
    Leni dreht sich um und schiebt den leeren Schubkarren zurück zum
Stall. Ein brauner Kopf erscheint in der Stalltür, mit einem feinen Strich von
der Stirn bis zur Schnauze. Dann ein zweiter hellbrauner Kopf.
    »Kommt’s raus, na, Ludwig, komm. Romy, auf geht’s. Der Manfred tut
euch nichts.«
    Zwei Esel traben hinter ihr her, hinüber zur eingezäunten Weide.
Leni öffnet das Tor und schließt es hinter den beiden wieder.
    »Was machst du mit den Eseln, wenn du weggehst, auf deine Alm?«
    »Der Rudi kümmert sich um sie, mein Nachbar.«
    »Wo ist denn deine Alm überhaupt?«
    »Drüben im Österreichischen. Aber genauer sag ich dir das nicht. Es
gibt nur einen Menschen, der weiß, wie er mich erreichen kann.«
    »Der Rudi.«
    »Genau, der Rudi. Und der Rudi wird schweigen wie ein Grab, sonst
ist er mein bester Freund gewesen.«
    »Und wenn was mit deinen Eseln ist?«
    »Das kann der Rudi alles genauso gut wie ich.«
    »Und wenn dein Haus abbrennt?«
    »Dann brennt’s halt ab.«
    »Und wenn der Simon heimkommt?«
    Leni Morgenroth putzt sich die Stiefel im Gras ab und schaut nicht
auf.
    »Wo is er denn grad?«, fragt Hofer.
    »In Tasmanien, soweit ich weiß.«
    »Australien?«
    Sie nickt.
    »Ist er da wieder mit dem Seil unterwegs in den Bergen? Wie heißt
dieser Sport noch mal?«
    »Slacklinen. Oder Highlinen. Er hat das auch bei uns hier in den
Bergen schon gemacht. Schaut ziemlich spektakulär aus, wenn die ihr Seil
zwischen zwei Felsnasen spannen, dreihundert Meter über dem Abgrund.«
    Manfred Hofer wartet. Er weiß, was mit seiner Hauptkommissarin
Morgenroth los ist. Aber er will es von ihr selbst hören. Und sie tut ihm sogar
den Gefallen.
    »Erst hast du so ein Kind achtzehn Jahre um dich herum, ziehst es
auf, musst schaun, wie du es durchbringst allein«, sagt sie und bohrt mit dem
Gummistiefel in der Erde herum, »machst alle Wehwehchen mit, stehst die
Pubertät mit ihm zusammen durch, und dann ist er auf einmal weg. Von heute auf
morgen. Und kommt bloß noch zu Besuch. Nur du bist immer noch da, am selben Ort,
im selben Nest, aber das Nest ist leer.«
    Hofer betrachtet das mit dem Gummistiefel gebohrte Loch.
    »Ich muss jetzt auch mal weg von hier, Manfred. Verstehst du das?«
    »Ja, Leni, ich versteh’s eh. Und ich würd dich auch wirklich in Ruhe
gehen lassen, so wie ich’s versprochen hab.«
    »Aber?«
    »Aber jetzt ist was dazwischengekommen. Ein Fall.«
    »Aha, ein Fall. Und wieso könnt ihr den nicht allein lösen? Wieso
braucht ihr da gerade mich dazu?«
    »Weil der Fall da oben spielt.« Hofer dreht sich um und zeigt hinauf
Richtung Osten, zum Göll hinüber. »Da, in deinen Bergen. Wo du dich auskennst
wie in deiner Westentasche.«
    »Da, wo heute der Hubschrauber raufgeflogen ist?«
    »Du hast ihn gesehen?«
    »Und gehört. Ich hab gedacht, ein Bergunfall.«
    »Kein Unfall.«
    »Wo ist es denn passiert?«
    »In einer Höhle.«
    »In welcher?«
    »Ich glaube, die hat noch gar keinen Namen. Da oben, an so einem
großen Schneeloch, südwestlich vom Göllgipfel.«
    »Dort soll eine Höhle sein? Dann wird’s doch ein Unfall gewesen
sein.«
    »Nein, es war kein Unfall. Wär ich sonst hier? Da liegt einer drin,
den hat ein anderer von seinem Seil abgeschnitten.«
    »Ein Einheimischer?«
    »Die von der Bergwacht haben ihn jedenfalls nicht gekannt. Magst dir
den Toten nicht wenigstens einmal anschauen, solange du noch da bist? Obwohl er
natürlich nicht besonders gut aussieht, das muss ich dir schon sagen.«
    »Wie tief ist er runtergefallen?«
    »Hundertfünfzig Meter.«
    Leni schüttelt sich. »Anfang April ist hier auf der Reiteralm ein
Tourenskifahrer in eine Doline gestürzt. Der ist fünfzig Meter runtergefallen,
auf Schnee gelandet und dann auch noch vom nachrutschenden Schnee verschüttet
worden.«
    »Und, hat er überlebt?«
    »Es war ein Wunder«, sagt Leni. »Seine Freundin hat die Bergwacht
verständigt. Sie waren nach fünfzehn Minuten da, haben sich abgeseilt und ihn
ausgebuddelt. Er hatte ein Luftloch unter der Lawine und konnte atmen. Er war
verletzt, aber nicht lebensgefährlich.«
    »Der da oben am Göll hat nicht so viel Glück gehabt.«
    »Und wozu soll ich mir den jetzt anschaun? Manfred, wenn du mir den
Fall gibst, dann hab ich ihn an der Backe und werd ihn nicht wieder los, bevor
er nicht gelöst ist. Für wie blöd

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