Historical 148 - Die Geliebte des Rebellen.doc
AnnaClaire." Rory hielt sie am Handgelenk fest, als sie sich soeben bückte, um eine Decke vom Boden aufzuheben. „Ihr lasst mich hier wohnen, pflegt mich und bringt Euren gesamten Haushalt meinetwegen in größte Gefahr. Warum?"
Beharrlich vermied sie es, ihn anzusehen. „Ihr brauchtet meine Hilfe. Ich würde niemals ein bedürftiges Wesen im Stich lassen, egal um wen es sich dabei handelt."
„Um Himmels willen, AnnaClaire, auf meinen Kopf ist ein hoher Preis ausgesetzt. Glaubt Ihr etwa, ich wüsste nicht, was die Engländer mit Euch machen würden, wenn sie mich hier fänden?"
„Sie werden Euch nicht finden. Und außerdem habt Ihr doch selber ganz richtig bemerkt: Ich bin eine von ihnen."
„Nun, ich habe schon vieles gesagt, und für manche Äußerung schäme ich mich heute", entgegnete er und fügte etwas leiser hinzu: „Ihr seid keine von denen, AnnaClaire. Und Ihr werdet es auch nie sein."
„Woher wollt Ihr das wissen? Mein Vater ist einer der Vertrauten der Königin. Vielleicht ist er in diesem Moment bei ihr und erörtert mit ihr Lösungen für das ‚Irische Problem', wie sie uns nennt."
„Seht Ihr?" Rory lächelte sie vielsagend an. „Ihr habt gerade ,uns' gesagt, also betrachtet Ihr Euch doch wohl eher als zu unserem Volk gehörig."
„Das war ein Verspreche r", wehrte sie ab.
„Nein, die Familie Eurer Mutter ist irisch. Und Euer Herz schlägt für uns." Er zog ihre Hand an die Wange. „Für mich."
AnnaClaire ließ sich ihre Gefühle nicht anmerken, obwohl sie bei der Berührung das nun schon vertraute eigentümliche Ziehen in der Herzgegend spürte. „Ihr deutet etwas in meine Worte hinein, was ich nie so gemeint habe. Rory O'Neil, Ihr wart verwundet. Ihr brauchtet einen Ort, wo Ihr gesund werden konntet. Ich hätte für jedes verletzte Lebewesen das Gleiche getan, egal, ob es sich dabei nun um einen Hund oder einen Menschen gehandelt hätte."
„Ihr habt ein weiches Herz, AnnaClaire. Das ist eine weitere Eigenschaft an Euch, die ich zu lieben begonnen habe."
„Hört auf." Sie wehrte seine Hand ab. „Ihr benutzt schöne Worte, um meinen Widerstand zu brechen. Setzt Euch lieber auf den Stuhl, damit wir noch einige Übungen mit Eurem Arm machen können, bevor wir schlafen gehen."
„Zusammen?" Seine Augen glitzerten vor Vergnügen.
„Das Einzige, Rory O'Neil, was wir gemeinsam tun, ist das Bewegen Eures Arms."
Folgsam zog er sein Hemd aus und ließ sich auf dem Stuhl nieder. AnnaClaire trat hinter ihn und begann, seine Schultern zu massieren. Den Moment hatte Rory herbeigesehnt, in dem er endlich wieder ihre Hände auf der Haut spüren würde. Nun stieß er einen tiefen, wohligen Seufzer aus. AnnaClaire tat ihm so unendlich gut.
Doch in das Wohlbehagen mischte sich eine Unruhe, die mit jedem Tag größer wurde. Er begehrte AnnaClaire. Er wünschte sich mehr von ihr! Ihre Hände wollte er überall auf seinem Körper spüren und ihre Lippen schmecken. Aber auch das würde ihm nicht genügen ...
„Ihr habt Euren Arm nicht so ausgiebig trainiert, wie ich es Euch geraten habe. Ich kann an mehreren Stellen kleine Kno ten fühlen, die ein Zeichen für Verspannung sind."
„Vielleicht rühren sie ja von etwas anderem als den Schmerzen und Verletzungen her."
„So? Was sollte das denn sein?"
„Das, AnnaClaire, dürft Ihr getrost selber herausfinden", entgegnete Rory.
Sie fuhr mit dem Massieren und den behutsamen Bewegungen des steifen Arms fort. Dabei überlegte sie, ob Rorys Neckereien eine tiefere Bedeutung angenommen hatten als zuvor. Sie wünschte, sie hätte das, was er ihr anbot, einfach annehmen und genießen können. Ehrlich gestand sie sich ein, dass die Versuchung beinahe stündlich größer wurde.
„So, das soll für heute genug sein." Mit einer ungeduldig anmutenden Bewegung gab sie das Schmerzmittel in den Be cher Wasser.
„Ihr wollt jetzt schon gehen?"
„Ja." Entschlossen schritt AnnaClaire zur Tür. Sie wagte nicht, sich nach Rory umzudrehen. Ein Blick in sein Gesicht mit den vor Vergnügen blitzenden Augen, und sie wäre rettungslos verloren.
„Werde ich Euch morgen früh sehen? Oder werdet Ihr einen weiteren Tag in der Gesellschaft Eures Engländers verbringen?"
Nun wandte sie sich doch zu ihm um und bedachte ihn mit einem rätselhaften Blick. „Um das herauszufinden, Rory O'Neil, werdet Ihr einfach abwarten müssen."
AnnaClaire und Rory entwickelten im Laufe der Tage eine Art Ritual. Täglich brachte sie ihm das Essen und widmete sich hingebungsvoll
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