Historical 148 - Die Geliebte des Rebellen.doc
müssen, was die Engländer seiner wunderschönen Mutter und der bildhübschen Braut antaten.
Innis wurde von seinem eigenen Schrei wach und setzte sich auf. Er ballte die Hände zu Fäusten. Wie er diese Träume hasste! Wie er das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit verabscheute!
Er lauschte in die Nacht. Irgendwo, ganz in seiner Nähe, ertönte ein dumpfer Laut. Innis stand auf, um die Ursache dafür herauszufinden. Er hatte keine Angst. Nach allem, was er erlebt hatte, würde ihm nichts mehr Furcht einjagen. Bis auf die Nacht und ihre Schrecken.
Er nahm eine flackernde Kerze aus ihrer Wandhalterung, ging aus seiner Kammer und schlich sich langsam und aufmerksam den Gang entlang. Vor der Tür zu AnnaClaires Schlafgemach blieb er lauschend stehen.
Da war es wieder, das Geräusch! Diesmal etwas lauter als zuvor. Er klopfte an. Wie zur Antwort erklang abermals das dumpfe Geräusch. Entschlossen stieß Innis die Tür auf und blickte fassungslos auf das Bild, das sich ihm bot.
AnnaClaire lag auf dem Fußboden inmitten eines Knäuels von Betttüchern und Decken.
Mit den Füßen stieß sie unablässig gegen die Wand.
„Engländerin!" Innis eilte an ihre Seite und sah, dass sie sowohl gefesselt als auch geknebelt worden war. Er stellte die Kerze in einen Halter und beeilte sich, AnnaClaire von ihren Fesseln zu befreien.
„Wer hat Euch so etwas Schreckliches angetan?" wollte er wissen, sobald sie den Knebel los war und wieder sprechen konnte.
Sie war bitterböse und fand in ihrer Wut zunächst keine Worte. Dann stieß sie abgehackt hervor: „Rory O'Neil! Dafür wird er mir büßen. Aber zunächst, Innis, musst du mir ein Pferd und eine Waffe besorgen."
„Eine ... Waffe? Für Euch?"
„Ja, selbstverständlich. Bevor ich ihm das, was er mir heute angetan hat, heimzahle, muss ich ja schließlich erst sein erbärmliches, jammervolles Leben retten!"
AnnaClaire bewegte sich schnell und umsichtig. Es galt, keine Zeit mehr zu verlieren, denn Rory war dabei, sich Hals über Kopf in sein Verderben zu stürzen.
Sie warf sich ihren Reisemantel über und eilte durch die große Halle nach draußen. Bei den Ställen wartete Innis auf sie, wie er es versprochen hatte. Als sie nahe genug an ihn he-rangekommen war, sah AnnaClaire, dass er die Zügel von zwei gesattelten Pferden hielt.
„Was hast du denn vor?"
„Ich komme mit." Innis hielt AnnaClaire die Steigbügel, und nachdem sie aufgesessen war, schwang er sich auf seinen Wallach.
„Du wirst nichts dergleichen tun", erwiderte AnnaClaire entschieden und griff nach seinen Zügeln. „Steig sofort ab. Ich werde nicht zulassen, dass du dich in Gefahr begibst."
„Und wie, glaubt Ihr, könnt Ihr mich davon abhalten? Ich folge Euch einfach, sowie Ihr losgeritten seid."
„Ach, Innis!" Sie zerrte an den Zügeln und hoffte, dass der Junge begreifen würde, wie bitterernst und gefährlich ihr Vorhaben war. „Gib mir dein Messer, und dann geh wieder zu Bett."
„Was wollt Ihr mit dem Messer machen?"
„Ich kann es bedrohlich durch die Luft schwingen. Nie mand würde merken, dass ich es noch niemals zuvor benutzt habe."
„Hm. Aber ich kann damit auf eine Entfernung von zwanzig Schritten einem Mann das Auge herausstechen", erklärte Innis stolz. Ihm schien die Brutalität, die in seinen Worten lag, überhaupt nicht bewusst zu sein. „Ihr braucht mich, Engländerin", sagte er. „Ich werde Euch nicht allein losreiten lassen."
AnnaClaire sah zu dem im Dunkeln liegenden Gebäude hinüber, wo sämtliche Mitglieder des Haushalts vermutlich noch in tiefem Schlaf lagen. Sie wusste, dass man es ihr nie mals verzeihen würde, wenn Innis bei diesem Unternehmen etwas zustieße. Doch jetzt blieb keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was die Zukunft auf Ballinarin bringen würde. Sie musste Rory erreichen, bevor er einen schrecklichen, wenn nicht gar tödlichen Fehler beging.
Sie nickte. „Also gut, Innis. Wir reiten zusammen. Möge Gott mit uns sein."
Sie wendete ihr Pferd, und der Junge tat es ihr gleich. Im nächsten Augenblick gaben sie den Tieren die Sporen. Kurz darauf hatten sie Ballinarin hinter sich gelassen und preschten in gestrecktem Galopp die Straße zum Dorf entlang.
Rory stand im Schatten der Hauswand und beobachtete, wie zwei Soldaten mit ihren Bechern anstießen. Der Klang rauer Männerstimmen und heiseres Gelächter drangen zu ihm.
Es bereitete ihm keinerlei Schwierigkeiten, sich an den Wachen vorbeizuschleichen und durch ein Fenster im ersten Stock
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