Historical 148 - Die Geliebte des Rebellen.doc
gehörst."
„Sehr richtig", bekräftigte Gavin. „Außerdem bist du hier in Sicherheit. Ballinarin ist wie eine natürliche Festung. Sie werden nicht wagen, sie zu stürmen."
Rory fuhr sich in einer hilflos anmutenden Geste mit den Fingern durchs Haar. „Aber, Vater, verstehst du denn nicht? Ich habe Lord Thompsons Tochter bei mir. Glaubst du denn allen Ernstes, die Soldaten ziehen ohne sie wieder ab?"
„Wenn sie versuchen, sie mit Gewalt hier herauszuholen, werden viele von ihnen dabei ihr Leben lassen müssen", wandte Conor ein.
„Ja, einige. Aber nicht alle. Sie fordern immer wieder Verstärkung an, bis sie haben, was sie wollen."
„Warum geben wir ihnen dann nicht, was sie fordern?" AnnaClaires Stimme klang ruhig und bestimmt.
Ungläubig und sprachlos sahen die anderen sie an. Moira fasste sich als Erste. „Wisst Ihr, was Ihr da vorschlagt?"
„Ja. Ich sage den Engländern, ich sei den Fängen Eures Sohnes entkommen. Ich behaupte, ich sei in einem günstigen Augenblick unbemerkt geflüchtet. Sie werden so erleichtert sein, dass sie Rory vergessen."
Moira erkannte den Ausdruck grenzenloser Liebe in Anna-Claires Augen und wusste, dass diese junge Frau alles tun würde, um Rory zu schützen. Doch hier ging es um mehr.
„Es würde nicht gut gehen", widersprach Rory und unterbrach damit die Überlegungen seiner Mutter. „Es wäre ihnen nicht genug, dich zu haben. Sie werden niemals vergessen, dass ein einzelner irischer Rebell sie geschlagen und gedemütigt hat. Deshalb werden sie nicht eher ruhen, als bis sie mich wie ein Tier gestellt haben. Und selbst das würde ihnen noch nicht ausreichend Genugtuung bereiten. Sie wollen meinen Kopf draußen vor dem Tower von London aufgespießt sehen."
AnnaClaire zuckte entsetzt zusammen. „Sag so etwas nicht, Rory", bat sie.
„Warum nicht? Es ist doch die Wahrheit. Also denk gut darüber nach, AnnaClaire. Solltest du dich selbst aufgeben, um mich zu retten, wäre das zwar eine noble Geste, aber leider völlig nutzlos. Sie wollen nämlich nicht nur dich, sondern auch mich. Verstehst du das?"
Alle konnten sehen, dass in AnnaClaires Augen Tränen schimmerten, und schauten betroffen zu Boden. Es war so, wie
sie befürchtet hatten. Zwischen Rory und AnnaClaire war ein Band geknüpft worden, das sie für alle Zeiten aneinander kettete. Sollte es gewaltsam zerrissen werden, würde das für beide größtes Elend und lebenslanges Unglück bedeuten.
Ein Dienstmädchen klopfte an und verkündete, dass das Es sen im Speisezimmer angerichtet sei. Moira schaute von Rory zu AnnaClaire und sagte: „Heute Abend wollen wir nicht mehr davon sprechen. Wenigstens für diesen einen Abend wollen wir nochmals als Familie zusammenkommen, um zu essen, zu reden und zu lachen." Und zu beten, dachte sie inständig, während sie ihrem Mann eine Hand auf den Arm legte und sich von ihm in den Speiseraum führen ließ.
„Vielen Dank, Velia. Ich komme jetzt allein zurecht." Anna Claire hatte sich in das Schlafgewand helfen und das Haar bürsten lassen. „Gute Nacht."
Die Zofe knickste und huschte hinaus. Im nächsten Moment sprang AnnaClaire aus dem Bett, streifte das Nachtgewand ab und zog stattdessen ihre eigenen Kleider an, die Velia zwi-schenzeitlich geflickt und gereinigt hatte.
Sie hatte ausreichend Zeit gehabt, um ihre nächsten Schritte sorgfältig zu überdenken und zu planen. Heute Nacht, wenn niemand mehr wach war, wollte sie sich hinausschleichen und ins Dorf zu den englischen Soldaten reiten.
AnnaClaire war ganz sicher, dass sie diesen glaubhaft ma chen konnte, sie sei Rory entkommen und es sei nun die Pflicht der Soldaten, sie schnellstmöglich unversehrt nach Hause zu bringen. Schließlich war sie die Tochter von Lord James Thompson, und die Soldaten würden es nicht wagen, sich ihren Wünschen zu widersetzen.
Sie musste eine so gute Lügnerin sein, dass die Soldaten sich mit ihrer Rückkehr in die englischen Reihen zufrieden gaben und demzufolge nicht mehr nach Rory suchten. Sollten sie jedoch entschlossen sein, ihn weiterhin zu verfolgen, so hätte sie den Menschen auf Ballinarin genug Zeit verschafft, eine starke Verteidigungslinie aufzubauen.
AnnaClaire wollte gerade in ihren Mantel schlüpfen, als sie draußen auf dem Gang Schritte hörte. Blitzschnell legte sie sich wieder ins Bett und zog die Decken bis zum Kinn hoch.
Rory kam herein, schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Unter seinem prüfenden Blick wurde AnnaClaire abwechselnd heiß und
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