historical 176 - Meer der Sehnsucht.doc
sich normalerweise um die Schultern schlang, trug er den schweren Wollmantel, der üblicherweise das äußere Zeichen eines Kapitäns war.
Die drei Schwestern trugen Seemannskluft, bestehend aus bunten Hemden mit nach unten weiter werdenden langen Ärmeln sowie die aus festem Stoff genähten Hosen, die von den Knöcheln bis ungefähr Kniehöhe im Schaft glänzender hoher Stiefel steckten.
Während Riordan noch immer ungläubig das sich ihm bietende Bild betrachtete, erschienen jetzt auch die wortkarge Haushälterin und die ehemalige Kinderfrau auf Deck.
Diese beiden sahen aus, als hätten sie sich besonders fein gemacht für eine Ausfahrt im Park.
„Bitte um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen!" Ambrosias Stimme klang hell und fröhlich. Keine Spur mehr von dem Ärger, der noch vor wenigen Stunden darin mitgeschwungen hatte.
Misstrauisch beäugte Riordan sie. Für seinen Geschmack war Ambrosia viel zu vergnügt.
Was mochte sie nur wieder im Schilde führen? Er hatte nicht die Absicht, sich von ihr an der Nase herumführen zu lassen. „Erlaubnis verweigert!"
Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich von der Re ling ab. Gleich darauf hörte er hinter sich das Getrappel von Füßen. Langsam drehte er sich um, denn er ahnte, was er sehen würde.
Und richtig! Ambrosia hatte seine Anweisung missachtet und war einfach auf die Undaunted geklettert - im Beisein seiner gesamten Mannschaft!
„So, du missachtest also den Befehl eines Kapitäns", stellte er in eisigem Tonfall fest. Er war entschlossen, diesem Unfug auf der Stelle und für alle Zeit Einhalt zu gebieten. „Matrose Lambert, dir ist hoffentlich klar, dass ich dich dafür in Ketten legen kann."
„Das Wagnis musste ich eingehen." Ambrosia zuckte gleichmütig mit den Schultern.
„Aber zunächst wirst du dir anhören, welchen Plan ich geschmiedet habe. Ich glaube, er hat gute Aussicht auf Erfolg."
„Ich habe bereits genug gehört."
„Bitte, Captain!" Ambrosia senkte die Stimme, so dass nur noch Riordan sie hören konnte.
„Können wir in deiner Kabine ungestört miteinander reden?"
Ihm lag die Ablehnung bereits auf der Zunge. Doch dann musste er daran denken, welche Mühe sie auf sich genommen hatte, um ihn auf hoher See zu erreichen. In tief dunkler Nacht hatte sie ihren kleinen wendigen Segler durch die gefahrvollen Untiefen hinaus aufs Meer gesteuert.
„Nun gut", gab er widerstrebend nach. „Ich gebe dir eine Minute meiner kostbaren Zeit, keinen Moment länger. Wir haben es verdammt eilig, nach London zu kommen."
„Also, Ambrosia, was willst du mir sagen?" Riordan hatte die Tür seiner Kajüte fest geschlossen und war sicher, dass niemand ihr kleines Gespräch belauschen konnte.
Ambrosia atmete mehrmals tief durch und wünschte, ihr Herz würde nicht so heftig und aufgeregt klopfe n. Sie hatte sich eingeredet, mit Riordan reden zu können wie mit jedem beliebigen Mann. Doch ihr Herz wusste es besser.
„Nachdem du gegangen warst, haben mein Großvater, meine Schwestern und ich noch über die Aufgabe gesprochen, die du zu bewältigen hast. Wir waren uns einig darin, dass dein Vorhaben edel ist, jedoch einen kleinen, aber bedeutsamen Fehler aufweist."
„Wie bitte? Was für einen Fehler?"
„Ja. Du hast uns erzählt, dass Barclay Stuart sterben musste, weil jemand unbedingt wissen will, welcher Art die Ladung ist, die die Undaunted von der Dover übernommen hat. Folglich muss der Mörder alles tun, um seinen Plan doch noch erfolgreich durchzuführen."
„Ja, und? Wo ist der angebliche bedeutsame Fehler?"
„Das ist dieses Schiff, Riordan, denn es wird früher oder später Ziel eines Angriffs werden."
„Daran hege ich keinerlei Zweifel. Aber wir sind gut vorbereitet. Die Undaunted ist bestückt mit Kanonen und Waffen. Außerdem sind genügend Männer an Bord, die die Fracht bis zu ihrem letzten Atemzug verteidigen werden."
„Ich sage es noch einmal", erklärte Ambrosia. „Was du vorhast, ist äußerst edel gedacht.
Doch wenn erst einmal bekannt wird, dass ihr bereits ein Piratenschiff vernichtet habt, wird das nächste Mal eine ganze Armada Kurs auf die Undaunted nehmen. Und dann werdet ihr nach einem heroischen Kampf wegen der schieren Übermacht der Angreifer Leben und Ladung aufgeben."
„Willst du damit etwa andeuten, dass wir uns kampflos erge ben?"
Ambrosia schüttelte den Kopf. „Du hörst mir leider manchmal nicht genau zu. Ich habe doch gerade das genaue Gegenteil gesagt. Aber unser Vater brachte uns bei, dass man
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