HISTORICAL Band 0264
annehmen, dass ich dich verlassen würde?“, tadelte er zärtlich.
Die Nacht strahlte in ganz neuem Glanz, denn Blair glaubte, das Herz müsse ihr vor Freude zerspringen. Sie war überglücklich, endlich dort zu sein, wohin sie gehörte – in Camerons Armen. Nachdem sie ihn fast verloren hätte, erwiderte sie seine Küsse umso leidenschaftlicher. Ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen, verrieten sie beide durch ihr Verhalten, wie eng und unlösbar sie miteinander verbunden waren.
Nun hielt Cameron es für angebracht, das Verlöbnis in aller Form sichtbar zu machen. Behutsam gab er Blair frei, zog ein kleines Päckchen aus der Tasche und sagte: „Es gehörte meiner Mutter, davor meiner Großmutter und ganz früher deren Mutter. Willst du es tragen zum Zeichen unserer Liebe?“, fragte Cameron und holte ein Schmuckstück hervor.
„Eine Hochzeitsnadel!“, sagte Blair und strich mit der Hand über die Filigranarbeit der alten Brosche. Die Engländer hatten den jahrhundertealten Brauch abschaffen wollen, doch die Hochländer hielten ihn in hohen Ehren. Dies war das bindende Zeichen der Einheit zwischen einem Mann und einer Frau. Dass Cameron das Juwel aufbewahrt hatte, war der Beweis, wie sehr er sein schottisches Erbe achtete. Dieses Geschenk bedeutete, dass er Blair über alles liebte. Und doch wollte sie ganz sicher sein, ob er auch tatsächlich den Symbolgehalt der Geste kannte. „Cameron, wenn ich die Brosche trage, heißt das, dass ich deine Braut bin.“
„Habe ich dir das nicht seit Tagen zu verstehen gegeben?“, fragte er lächelnd und steckte ihr den Schmuck ans Kleid. „Du wirst mich heiraten, nicht wahr?“
„Natürlich“, versicherte sie und bekräftigte ihre Entschlossenheit mit einem innigen Kuss.
In diesem Moment betrat Ian Ferguson das Haus. „Ein gesegnetes neues Jahr und noch viele glückliche andere Jahre, Miss Duncan, Mylord! Lassen Sie sich nicht von mir stören“, sagte er verständnisvoll, legte das traditionelle Silvestergeschenk von Salz und Brot auf den Kaminsims und wandte sich zum Speisezimmer, ohne den sich umschlungen haltenden Liebenden einen weiteren Blick zu schenken.
Die anderen Dorfbewohner freilich, die sich einfanden, waren keineswegs so rücksichtsvoll. Sie wollten dem jungen Paar unbedingt Glück wünschen und die beziehungsreiche Brosche der Braut bewundern.
Blair Duncan strahlte inmitten der Freunde und Nachbarn, die sich so offensichtlich mit ihr freuten. Cameron dagegen wurde es zunehmend ungemütlich unter den forschenden Blicken der Leute von Glenmuir. Es war nicht zu übersehen, dass sie die Herrin von Duncan House liebten und ihr Glück teilen wollten, aber mochte der Himmel wissen, ob und wann sie sich zurückziehen und ihn mit ihr allein lassen würden. Von der offiziellen Verlobung hatte er sich doch noch andere Freuden erhofft.
Er war im Begriff, den Fergusons und MacNabs den Vorschlag zu machen, zum nächsten gastfreundlich geöffneten Haus weiterzuziehen, als Lord Haverbrook hereinkam und fröhlich sagte: „Ein frohes neues Jahr, Miss Duncan, Cameron! Bevor wir nach London aufbrechen, wollte ich nicht versäumen, vorbeizukommen und euch alles Gute zu wünschen. Den Bewohnern von Glenmuir aber möchte ich mitteilen, dass ich die Summe verdreifache, die ich auf die Ergreifung des Diebes ausgesetzt habe. Für dieses Jahr wird er sein Unwesen wohl nicht länger treiben. Das ist mir klar. Gewiss weiß mancher von euch, wer der Halunke ist. Ich glaube, ihr könnt das Geld gut brauchen.“
Mit einem Schlag verflog der heitere Überschwang, und lähmende Stille trat ein. Blair rann ein kalter Schauder über den Rücken, und sie ertappte sich dabei, wie sie in allen Gesichtern nach einem Zeichen forschte, was die Leute dachten. Wenn Mrs. Brown die Wahrheit kannte, wussten ganz bestimmt alle, wer der Wohltäter war. Würde einer aus dem Kreise der Nachbarn ihn verraten? Die Belohnung, von der Lord Haverbrook gesprochen hatte, war eine echte Versuchung.
Ian Ferguson trat vor, und Blair tastete suchend nach Camerons Arm, um Halt zu finden.
„Sehen Sie, Mylord, ich fürchte, wir können nicht dienen. Wissen Sie, den eigentlichen Dieb haben wir schon vor Jahren gefasst, und alle anderen Schurken sind nicht von Bedeutung“, verkündete er unter dem Beifall der Dorfbewohner.
„Harry, du wirst doch wenigstens zu einem Glas Punsch bleiben?“, schlug Cameron mit einer Seelenruhe vor, die Blair nur bewundern konnte. „Ich habe soeben bekanntgegeben, dass
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