HISTORICAL Band 0272
nicht auf ein bequemes Bett.“ Sie straffte die Schultern. Jack schlug die Zeitung auf und beobachtete sie über den Rand hinweg. „Erwecke ich etwa den Eindruck, ich könnte in ungezügelter Lust über Sie herfallen?“
„Ich … Sie … Was haben Sie gesagt?“
In diesem kritischen Moment erschien ein Diener mit einer Schüssel, gefolgt von ein paar Mägden, die Platten mit kaltem Braten, Brot und zwei Krüge Wein brachten. Eva presste die Lippen aufeinander und setzte sich an den gedeckten Tisch.
Jack legte die Zeitung beiseite und nahm ihr gegenüber Platz. „Möchten Sie Brot, ma chère ?“
„Nennen Sie mich nicht ma chère “, zischte sie und schwieg wieder beim erneuten Eintreten des Dieners, der einen gebratenen Kapaun und eine Schüssel mit Gemüse brachte. „Merci, das ist wirklich genug“, bedankte sie sich höflich.
„Keineswegs, es fehlt noch der Käse.“ Jack reichte ihr in diesem Augenblick den Brotkorb.
„Feigling! Sie können sich nicht ständig hinter der Dienerschaft verstecken.“ Sie rang sich ein Lächeln ab, als der Mann schließlich noch den gewünschten Käse brachte. Danach schloss er die Tür hinter sich. „Wie können Sie es überhaupt wagen, so mit mir zu reden?“
„Ich dachte, wenn ich ma chère zu Ihnen sage, erhöht dies unsere Glaubwürdigkeit. Ein Schluck Wein?“
„Ja, gern.“ Ein Schluck Cognac wäre ihr in diesem Moment lieber gewesen. „Das meinte ich nicht, das wissen Sie genau. Wie können Sie sich erkühnen, in meiner Gegenwart von ungezügelter Lust zu sprechen?“
„Ich entschuldige mich für meine unpassende Wortwahl.“ Jack reichte ihr ein Glas Weißwein und nippte mit nachdenklicher Miene an seinem Glas. „Amouröse Anwandlung? Stürmische Leidenschaft? Loderndes Verlangen? Gefallen Ihnen diese Begriffe besser?“
Jeder dieser Ausdrücke klang ebenso sündig und verlockend wie der Wunsch, ihm den Teller mit dem Käse ins Gesicht zu werfen. Zähneknirschend beharrte Eva auf ihrer Forderung. „Es wäre ausgesprochen unziemlich, dieses Bett miteinander zu teilen. Es ist einfach nicht breit genug.“
„Und welche Konsequenzen befürchten Sie, wenn Sie mir die Frage gestatten?“ Jack begann damit, den Kapaun zu zerlegen. Die Art, wie er das Messer energisch ansetzte, ließ Rückschlüsse auf einen inneren Aufruhr zu, der nicht zu seinem gleichmütigen Tonfall passen wollte.
„Wir könnten uns berühren. Unabsichtlich.“ Eva nippte an ihrem Glas, verschluckte sich beinahe und trank ein zweites Mal von dem Wein. Ein Hühnerbein lag auf ihrem Teller. „Danke.“ Auch wenn gerade über Fleischeslust gesprochen wurde, sollte man die Höflichkeit wahren, dachte sie ein wenig benebelt und griff nach der Karaffe, um sich von dem Getränk nachzuschenken. „Etwas Gemüse?“ Mit geübter Hand hob sie mit zwei Löffeln eine Portion Bohnen aus der Schüssel und drapierte sie auf seinem Teller.
„Ja, das ist ausgezeichnet.“ Jack reichte ihr die Butter und entfernte schwungvoll den Deckel von der Kasserolle. „Hmm, pommes dauphinoises .“
„Darf ich …“ Ihnen das Kartoffelgratin an den Kopf werfen? In Gedanken vervollständigte sie den Satz, den sie eigentlich aussprechen wollte. Mit eleganter Geste legte sie ihm von dem Auflauf vor.
„Ist Ihnen eigentlich entgangen, dass wir uns den ganzen Tag über gelegentlich berührt haben – unabsichtlich oder nicht?“ Jack sah sie aufmerksam an.
„Natürlich nicht. Das ließ sich nun mal nicht vermeiden. Wollen Sie auch Butter?“
„Nein, danke. Und?“
„Und nichts. Einander im Bett zu berühren ist etwas völlig anderes.“
„Damit, meine Liebe, haben Sie zweifellos recht.“
Eva verschluckte sich beinahe erneut an ihrem Wein und warf Jack einen tadelnden Blick über die dampfenden Schüsseln hinweg zu. „Es ist völlig unnötig, mich darauf hinzuweisen. Ich bin eine verahei… verheiratete Fl… Frau.“
„Eine verwitwete Frau“, verbesserte er sie nachsichtig. „Noch etwas Wein?“
„Ja.“ Offenbar war sie müde, trotz des kleinen Schläfchens in der Kutsche, sonst würde sie sich nicht ständig verhaspeln. „Bitte.“
„Tja.“ Jack kaute nachdenklich auf einem Geflügelstück herum. „Wie also können wir diese unerwünschten und unbeabsichtigten Berührungen vermeiden? Und zwar ohne dass ich auf meine Nachtruhe verzichten muss?“ Er griff nach der zweiten Karaffe mit Wein. „Wie gut, dass ich zwei Krüge bestellt habe.“
„Scheint ein guter Jahrgang zu sein“,
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