HISTORICAL Band 0272
ständig das Gefühl, beobachtet zu werden. Auf dem Rückweg verlor die Kutsche ein Rad.“
„Möglicherweise führt Prinz Antoine Experimente mit einer neuen Waffengattung durch, und zur gleichen Zeit landet der größte Feldherr seiner Generation an Frankreichs Küste. Und ganz zufällig erkranken die Personen, die vor Antoine Anspruch auf den Titel haben, oder werden in merkwürdige Unfälle verwickelt“, sagte Ryder nachdenklich.
„Ja, seltsam.“ Eva blickte ihn unverwandt an und fragte sich, wieso sie sich diesem Eindringling so unbesonnen anvertraute. Er könnte ein Spion von Antoine sein oder eigene Interessen verfolgen. Wie konnte sie nur so naiv sein?
„Haben Sie eigentlich Referenzen vorzuweisen, Mr. Ryder?“
„Ein wenig spät für diese Vorsichtsmaßnahme, Ma’am“,antwortete er und fasste damit ihre Bedenken in Worte. Der Anflug von Spott in seiner Stimme erboste sie.
„Besser spät als nie, Sir.“
Er hob eine Hand, schlug das Revers seines Jacketts um und zeigte eine kleine Anstecknadel in Form eines Windhundes. „Ich bin ein Gesandter des Königs.“
„So etwas wie ein besserer Postillon?“ Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken angesichts ihrer leichtfertigen Indiskretion. Wie könnte sie sich nur Gewissheit verschaffen, dass er die Wahrheit sprach?
„Wir befördern nicht nur diplomatische Post“, antwortete er in milder Nachsicht.
„Und woher soll ich wissen, dass Sie den echten Boten des Königs nicht getötet haben?“
„Das können Sie leider nicht wissen. Planten Sie, etwas gegen all die seltsamen Vorkommnisse zu unternehmen, bevor ich durchs Fenster in Ihr Gemach sprang?“
Die Gedanken wirbelten ihr wirr durch den Kopf. Sie begann mit raschelnden Röcken nervös hin und her zu wandern. Der Fremde stellte zu viele Fragen. Fieberhaft überlegte sie, was zu tun sei, und dann kam ihr ein rettender Gedanke. Es kostete sie keine große Mühe, höchste Aufregung vorzutäuschen. „Ich dachte daran, wie ich aus der Burg fliehen und das Volk gegen Antoine aufwiegeln könnte.“
„Reiner Wahnsinn“, bemerkte Ryder ungerührt, als sie vor ihrem Nachtkästchen stand.
„Oh mein Gott!“ Eva hob eine Hand an den Mund, um ein gespieltes Schluchzen zu unterdrücken, öffnete eines Schublade des kleinen Schranks, kramte darin herum auf der vermeintlichen Suche nach einem Taschentuch und richtete sich anschließend wieder auf. „Und ich halte es für Wahnsinn, Ihnen zu vertrauen, Sir. Ich ziehe an der Klingelschnur und lasse meine Leibwächter kommen. Dann werden wir ja sehen.“
„Nein.“ In drei langen Sätzen war Ryder bei ihr und packte sie am Handgelenk, um sie daran zu hindern, die Klingel zu betätigen. In diesem Moment ward sie das Spitzentuch beiseite, und darunter kam in ihrer Hand eine kleine Pistole zum Vorschein.
„Gut, dass Sie mir so nahe getreten sind. Das kleine Ding taugt nicht viel auf größere Entfernung, aber aus der Nähe kann es ziemlichen Schaden anrichten.“
Danach ging alles so schnell. Er wirkte verdutzt, als sie den Pistolenlauf gegen seine Brust drückte. Doch im nächsten Moment flog die Waffe durchs Zimmer und Eva wurde aufs Bett geworfen, wobei Jack Ryders sehniger Körper sie in die weiche Matratze drückte.
Er blickte in ihr zornentbranntes Gesicht, während er nichts weiter als leise Irritation zeigte. Und der verdammte Kerl atmete kaum schneller als vorhin. „Madame, entweder Sie begleiten mich freiwillig nach England, oder Sie verlassen diese Burg im Zustand der Bewusstlosigkeit und reisen als meine Gefangene. Sie haben die Wahl.“
2. KAPITEL
Diese Form der Zwangsausübung erwies sich als bemerkenswert erfolgreich – das musste Eva sich gestehen, während sie den Fremden anstarrte, der sie unter sich auf dem Bett gefangen hielt. Sie könnte sich zur Wehr setzen, zweifellos ohne nennenswerten Erfolg. Jede Bewegung ihrerseits würde nur dazu führen, dass er seinen Körper noch mehr an sie pressen würde, was ihre Würde nicht zulassen durfte. Offenbar war ihm das klar, denn er schien ihre Hilflosigkeit auch noch zu genießen.
Sie beobachtete das verwegene Funkeln in seinen grauen Augen. „Würden Sie sich freundlicherweise von meinem Bett erheben?“ Zu ihrer Verwunderung sprach sie mit gelassener Stimme, zumal etwas in ihr, eine aufkeimende sinnliche Regung, sie drängte, sich gegen seinen muskelgestählten Körper aufzubäumen. Rasch bezwang sie diese Anwandlung, die sie seit Jahren erfolgreich unterdrückt
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