Historical Collection 04
sich, wie ein so schwer verletzter Mann eine solche Kraft aufbringen konnte – wie er sie in seinem Zustand derart begehren konnte.
„Ich möchte Euch gar nicht erobern“, wandte sie ein und knabberte sanft an seiner Lippe. „Ich möchte lediglich ein Wörtchen mitzureden haben.“
Mit den Händen erkundete sie seine breite Brust. Nachdem sie ihn einen ganzen Tag entbehrt hatte, gierte sie regelrecht danach, ihn unter ihren Fingern zu spüren. Du lieber Himmel, wie mochte es sich erst anfühlen, längere Zeit von ihm getrennt zu sein?
Der Gedanke an das Kloster verblasste angesichts dessen, was Gareth ihr geben würde, wenn sie nur bei ihm bliebe: Heimstatt, Familie und eine Leidenschaft, die sie noch in den kältesten Nächten wärmen würde …
„Ihr wollt ein Wörtchen mitreden?“ Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und küsste sie voller Zärtlichkeit. Feurig erwiderte sie den Kuss, am ganzen Leib bebend ob der verruchten Freuden, die seine Zuwendungen versprachen. „Ihr habt bereits bewiesen“, sagte er, „dass Ihr einen bärenstarken Krieger durch Liebe in die Knie zu zwingen vermögt. Solltet Ihr zu dem Schluss gelangen, dass ich auf Euch dieselbe Wirkung habe, so sind wir einander wohl wirklich ebenbürtig.“
Ihre Lider zitterten, als sie die Augen aufschlug. Der Sinn seiner Worte traf sie wie ein Blitz.
„Ihr sprecht von Liebe?“ Sie rückte ein wenig ab, um zu sehen, wie er die Frage aufnahm.
„Was ist denn machtvoller als Rachsucht, wenn nicht die Liebe?“ Er verzog die Lippen zu einem breiten Lächeln, bei dem Emma schier das Herz überfloss. „Ich jedenfalls nenne das Liebe, Lady Emma. Grund genug in meinen Augen, Euch mir hier und jetzt und überhaupt jede Nacht bis an unser Lebensende hinzugeben.“
Ein wohliges Gefühl rauschte ihr durch die Adern, verstärkt durch das Wissen, dass es so und nicht anders richtig war. Ihre Verbindung war von jenem Moment an besiegelt gewesen, da Emma beschlossen hatte, Gareth ihre Unschuld zu schenken.
„Ja, ich liebe Euch, Gareth“, hauchte sie, bog den Rücken durch und drängte sich an ihn. „Und ich werde auf ewig die Eure sein.“
„Wie wäre es, wenn Ihr gleich jetzt damit beginnt, indem Ihr ein wenig sinnliche Rache für die süße Qual übt, mit der ich Euch vergangene Nacht zugesetzt habe?“
„So bin ich nicht länger Eure Gefangene?“ Ihr wurde ganz schwindelig vor Hoffnung und Glückseligkeit und dem Hunger nach weiteren Küssen.
Sanft drückte er sie rücklings auf das einladende Bett nieder.
„Vielmehr bin ich wohl Euer Gefangener.“
– Ende –
SKLAVENMARKT DER LEIDENSCHAFT
1. KAPITEL
Der Venustempel, King Street, St James’s, London, Mai 1814
D ie Uhr schlug zur nächsten vollen Stunde. Elf. Laurel presste ihre gefesselten Hände zusammen und spürte, wie die Nägel sich schmerzhaft in die Handflächen gruben. Jetzt würde es geschehen. Sie musste zwar jede Hoffnung aufgeben, aber sie würde nicht kampflos untergehen. Sie würde sich wehren und jeden widerlichen Mann ihre Nägel spüren lassen, der sie kaufen sollte. Obwohl es zu nichts führen würde. Sie wünschte, ihre Fingernägel wären länger. Sie wünschte, sie hätte ein Messer. Sie betete darum, nicht in Tränen auszubrechen.
Mit letzter Kraft zwang Laurel sich, aufrecht zu stehen und nicht vor Entsetzen zusammenzubrechen. Sie war außer sich vor Angst, das musste sie zugeben, aber sie würde ihnen nicht die Befriedigung verschaffen, es sich anmerken zu lassen. Ihre Hände zitterten, ihr Magen fühlte sich hohl an, dennoch war sie kein verschüchtertes Opfer, selbst wenn sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, weil ihre Vorstellungskraft ihr die fürchterlichsten Dinge vorgaukelte.
Barfuß und in einem langen weißen Leinenhemd, das Haar fiel ihr offen bis zu den Schultern, stand sie in einem fast dunklen Vorraum. Patrick, dachte sie sehnsüchtig, als die zwei jungen Frauen, die sie flankierten, ihre Arme packten. Im Gegensatz zu Laurels jungfräulichem Weiß waren beide nur knapp in purpurrote Seide gekleidet und stark geschminkt.
Wie konnte der Name eines Mannes, den sie nur wenige Tage gekannt hatte, ihr so viel Kraft geben? Trotz der kurzen Zeit, die sie sich gekannt hatten, war es Laurel nicht möglich gewesen, ihn zu vergessen.
Patrick, dachte sie wieder und wieder, während sie durch eine Tür geführt wurde, hinter der sie eine wahre Flutwelle der Gerüche empfing – Wein und Rauch, schweres Parfum und scharfe
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