Historical Collection Band 02
eine gute Frau sein, dafür sorge ich.“
Aisling bemerkte sehr wohl, wie Tharand unwillkürlich nach seiner Streitaxt tastete und voller Grimm die Lippen zusammenpresste. „Eure Sorge um sie ehrt mich, Herr. Aber ich bin gekommen, um sie heimzuholen.“ Mit diesen Worten schob er Aisling nach vorn und ergänzte: „Und als Dank für Eure Güte bringe ich Euch ein Geschenk. Diese Irin ist die Tochter eines Clanführers.“
Angst krampfte ihr den Magen zusammen, als er sie dem König überantwortete, denn er sah starr geradeaus und beachtete sie mit keinem Blick, so, als ob sie für ihn völlig bedeutungslos wäre.
Und ihr Unbehagen wuchs zusehends. Wollte er sein Versprechen brechen? Vielleicht hatte er sie belogen, um ihren Körper genießen zu dürfen, obwohl er sich nichts aus ihr machte.
Die Erinnerung an die vergangene Nacht ließ ihr die Schamesröte ins Gesicht steigen. Lieber Gott, was hatte sie getan?
Um den Mund des Königs spielte jetzt ein Lächeln. Aisling konnte ihn kaum ansehen, noch schlimmer aber war der Anblick von Tharands harter, unbeteiligter Miene.
In diesem Augenblick betrat ein junges Mädchen mit langem, blondem, zu Zöpfen geflochtenem Haar die Halle. Sie trug ein blaues Gewand, dessen Überkleid an den Schultern mit goldenen Spangen gehalten wurde. Da Tharands Anspannung sichtlich nachließ, konnte das nur Jora sein.
Allerdings blieb Aisling keine Zeit, lange darüber nachzudenken, denn im nächsten Moment wurde sie nach vorn gezerrt – ein Wächter hatte mit hartem Griff ihren Arm gepackt, ein zweiter seine Hand in ihrem Haar verkrallt.
Tharand rührte sich nicht, und das schmerzte sie mehr als die körperliche Pein.
Ich habe mich in ihm geirrt, er hat nur gesagt, was ich hören wollte . Sie biss sich so fest auf die Lippe, dass sie Blut schmeckte.
Als sie auf das Podest gestoßen wurde, auf dem der König saß, stolperte sie beinahe und musste um ihr Gleichgewicht kämpfen.
König Magnus musterte sie abschätzend. Er beugte sich vor, fasste sie beim Arm und umfing mit einer Hand ihr Kinn. Röte stieg ihr in die Wangen, doch sie hielt still, den bitteren Geschmack von Tharands Verrat auf der Zunge.
Der König zuckte die Achseln. „Ich hatte schon reizvollere Sklavinnen“, sagte er und wies mit einer abfälligen Kopfbewegung seine Männer an, sie fortzuschaffen.
Tharand schaute nicht einmal zu ihr hin. Ihr stockte der Atem, und in ihren Augen brannten Tränen. Er hatte sie benutzt, hatte sie genommen, doch nie auch nur beabsichtigt, ihr zu helfen. Und nun war sie die Gefangene des Wikingerkönigs.
„Jora wird hier bei mir bleiben, bis ich ihr zu einer Heirat verholfen habe“, fügte der König hinzu. Tharand verneigte sich stumm, doch sehr steif.
Ehe Aisling etwas unternehmen konnte, hatten die Männer sie aus der Halle gezerrt. Ihre begehrlichen Blicke brannten auf ihrer Haut.
Und immer noch kam Tharand ihr nicht zu Hilfe.
Sie schloss die Augen, bereitete sich auf den Kampf vor, der unweigerlich kommen würde. Denn kein Mann, keiner, würde sich an ihr vergreifen. Eher wollte sie sterben.
Kaum in einem der Langhäuser neben der Burg angekommen, riss einer der Männer an ihrem Gewand und fasste ihr an die Brüste. Aisling zerrte ihre Hände aus den locker gebundenen Stricken. Im nächsten Moment hatte sie ein Messer in der Hand, und Blut rann über den Arm des Mannes.
„Lass es!“, warnte sie in der nordischen Sprache. „Ich gehöre dir nicht.“ Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung, warf das Messer instinktiv in diese Richtung und zog, ohne nachzudenken, das zweite Messer. Zum Angriff bereit, baute sie sich auf, während der Wächter ungläubig seinen leblos am Boden liegenden Kameraden anstarrte.
„Rühr dich nicht, sonst geht es dir genauso!“, drohte sie. Langsam ging sie rückwärts, den Dolch in der Hand, und schob sich ins Freie. Wie wild klopfte ihr Herz, als sie sich nach einem Fluchtweg suchend umschaute.
Die Zeit drängte, denn der Wächter löste Alarm aus, und während sie noch auf die Tore zurannte, marschierten einige Bewaffnete auf und versperrten ihr den Weg. Sie blieb stehen, den Dolch wurfbereit.
Als die Männer sich ihr entgegenstellten, erwartete sie den Tod.
Tharand konnte seine Wut kaum zügeln, als die Männer Aisling fortschleppten. Dass sie dem König nicht gefallen würde, hatte er nicht erwartet. Nun musste er hilflos zusehen, denn wenn er auch nur andeutungsweise erkennen ließe, dass er sie schätzte, würde Magnus das
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