Historical Collection Band 02
nackten Mann, mit dem sie sehr, sehr schamlose, zügellose Dinge getan hatte, mit dem sie ungeahnte Wonnen erlebt hatte. Und nun war sie ruiniert. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, aber sie wusste, dass sie gehen musste, ehe er erwachte, hinausschlüpfen musste, hin zu der Schäferhütte, Daisy satteln und nach Hause reiten – ohne dass er ihr folgen konnte, denn er durfte nicht herausfinden, wer sie war.
Als sie sich aufsetzte, regte Jonathan sich. Sie musste ihn irgendwie aufhalten. Er würde aufspringen, sobald sie versuchte, hinauszuschleichen. Da, auf dem zerdrückten Federbett ringelte sich ein Seidenstrumpf. Abschätzend beäugte sie den Mann neben sich, der völlig entspannt hingestreckt auf dem Rücken lag, die Arme über seinem Kopf ausgestreckt.
Ah, sie will also Spielchen spielen?, dachte Jonathan amüsiert und erregt. Er hielt die Augen geschlossen, während er Seide über seine Arme gleiten, über seine Handgelenke streicheln fühlte. Ganz schön raffiniert, dafür, dass sie eine solche Unschuld war. Er spürte, wie sie seine Gelenke fesselte, merkte, dass sie an den Bettpfosten hantierte. Dann wurden Knoten fester gezogen, etwas raschelte leise, und dann war er hellwach und stemmte sich gegen die Fesseln, die nicht einen Zoll nachgaben.
„Was, zum Teufel …!“ Er sah Sarah, die sich gerade ankleidete und ihr Haar zu einem Pferdeschwanz band – mit einem Strumpf. Mit dem anderen war er vermutlich gefesselt.
„Es tut mir leid, aber du darfst unmöglich herausfinden, wer ich bin“, erklärte sie. Im Schein der Kerzen wirkte sie sehr blass. „Ich bin dir überaus dankbar.“
„Dankbar!“ Jonathan platzte beinahe vor Zorn, als er sich vergeblich in seinen Fesseln aufbäumte.
„Es war wunderbar und wirklich … hilfreich. Und ich weiß es sehr zu schätzen, dass du die Gelegenheit nicht ausgenutzt hast.“ Sie nahm seinen Umhang und ging zur Tür, dabei fügte sie hinzu: „Ich lasse deinen Umhang in der Hütte.“
„Hilfreich?“, Jonathan knirschte mit den Zähnen, als sie leise die Tür hinter sich schloss.
Der Orkan, der Saint’s Ford Manor durchrüttelte, war zum nächsten Abend auf gewöhnliche Sturmstärke abgeflaut. Mrs Catchpole hatte sich endlich von dem hysterischen Anfall erholt, den ihre Schutzbefohlene ausgelöst hatte, indem sie ihr detailreich beschrieb, wie es sich anfühlte, das Glied eines Mannes in der Hand zu halten. Auch hatte sie sich so weit erholt, um Sir Hugh überzeugend darlegen zu können, dass seine jungfräuliche Tochter dem Anschein nach defloriert worden war. Schlimmer noch, der jungen Frau war der Anstand so weit abhandengekommen, dass sie drohte, ihr Erlebnis Sir Jeremy in allen Einzelheiten zu schildern, wenn man sie zwänge, die Verlobung aufrechtzuerhalten.
Sir Hugh, anfangs im Gesicht so blau, dass man schon das Schlimmste befürchtete, zeigte nun nur noch fleckiges Scharlachrot, und er stellte sein wütendes Gebrüll lange genug ein, um zu erklären, er werde, um einen Skandal zu vermeiden, Sir Jeremy davon in Kenntnis setzen, dass Sarah ihre Meinung bezüglich der Heirat geändert habe und daran nicht mehr zu rütteln sei.
Woraufhin der verschmähte Freier ziemlich ergrimmt abreiste.
Das alles hatte sich bis zum späten Nachmittag hingezogen. Anschließend gab es weitere Vorwürfe, mehr Hysterie und die Forderung, endlich zu sagen, wer der Mann war – was Sarah entschieden ablehnte –, dazu Schreckensbilder davon, was mit ihr geschehen werde, sollte sich herausstellen, dass sie ein Kind empfangen hatte.
Fast wäre Sarah damit herausgeplatzt, dass das nicht zu befürchten wäre, doch sie biss sich auf die Zunge und setzte alles daran, äußerst unbeirrt zu wirken – was sie auch war – und sehr beschämt, was sie ganz gewiss nicht war. Außerdem jedoch gab es da noch ein anderes Gefühl, nämlich die alarmierend bewusste Wahrnehmung ihres Körpers und das ganz unbescheidene Gelüst, das alles noch einmal zu tun. Und wieder und wieder.
Als Sir Hugh sich schließlich grollend mit diversen wohlgefüllten Karaffen in die Bibliothek zurückzog und Mrs Catchpole sich einer Migräne ergab, erschien es Sarah taktvoller, ebenfalls ihr Zimmer aufzusuchen.
Mary, die vor Entzücken strahlte, weil ihre Herrin irgendwie den gefürchteten Sir Jeremy in die Flucht geschlagen hatte, wollte unbedingt wissen, wie ihr das gelungen war, doch Sarah erklärte nur, dass sie ihrem Papa entschlossen die Stirn geboten habe, bis er, wenn auch
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