Historical Collection Band 03
sie auch nicht, wenn ihre Männer und Väter sich gut um sie kümmerten. Wie es schien, fiel diese Pflicht jetzt ihm zu, ihm, der in seinem ganzen Leben für keine Frau gesorgt hatte. Oder zumindest nicht, seit sein Vater sich wieder verheiratet hatte.
Julia wurde blass. „Sie kann mich doch nicht gegen meinen Willen hier behalten?“
„Nein? Meinst du, der Ladenbesitzer könnte nicht dazu überredet werden, morgen oder an einem anderen Tag gegen dich auszusagen? Oder der Konstabler? Es sei denn, du lässt dich auf weitere Nächte in diesem Etablissement ein.“
Sie sog scharf die Luft ein. „Das würde sie nicht tun.“ Darauf antwortete er nichts. Er brauchte es auch nicht, da Julia die Wahrheit endlich doch aufging. „Was soll ich nur tun?“
„Gehen. Sofort. Mit mir. Sie wird es nicht wagen, Ärger zu machen.“
„Ich soll ohne mein Geld gehen?“
„Du bekommst von mir, was sie dir schuldet. Betrachte es als Zeichen meiner Wertschätzung.“
Verwundert krauste sie die Stirn. „Hast du nicht bereits gezahlt?“
Er zuckte die Achseln.
„Aber dann wäre ich ja wieder jemandem verpflichtet, nur dieses Mal dir. Das kann ich nicht.“
Das Entsetzen in ihren Augen empfand er wie eine Ohrfeige. Sein erster Gedanke war, sich dagegen zu wehren. Stattdessen lächelte er sie nur beschwichtigend an. „Keine Verpflichtung. Vertraue mir.“
Vertrauen. Seine finstere Seite spottete bei diesem Vorschlag. Schließlich konnte er sich nichts vormachen. Er begehrte Julia immer noch. Wie leicht würde es für ihn sein, sie unter seinen Schutz zu stellen und ihre Einwände mit seiner Macht beiseite zu wischen. Aber eine andere Seite tief in seinem Inneren, die er meistens ignorierte, wünschte sich, Julia würde aus freiem Willen zu ihm kommen.
Der Spott, der wie so oft gegen sich selbst gerichtet war, traf ihn heute ganz besonders. Diese süße, unschuldige und doch so tapfere Frau hatte nichts beim „Zügellosen Duke“ zu suchen. Er hatte den Mantel der Lasterhaftigkeit zu lange getragen, um ihn jetzt so einfach ablegen zu können. Er würde sie verderben, so, wie ein fauler Apfel die übrigen Äpfel im selben Korb verdarb.
In jedem Fall, so schlecht er sonst auch sein mochte, blieb ihm keine andere Wahl, als ihr aus ihren Schwierigkeiten zu helfen. Sie verdiente das Schicksal nicht, das sie erwartete. Dafür war sie zu anständig und eine zu wundervolle Frau. Sie hätte verdient, dass die Welt ihr zu Füßen lag.
Ein wilder Einfall ging ihm durch den Kopf. Ein vollkommen irrsinniger Einfall.
3. KAPITEL
J ulia sah ihn aufstehen und an den Schrank treten, in dem sich ihre Kleider befanden. Er sah hinreißend aus, schlank und doch muskulös, breite Schultern, schmale Hüften und ein festes Gesäß. Noch nie hatte sie eine so vollkommen geformte männliche Gestalt gesehen, nicht einmal bei einer Statue. Warum hatte ihre Familie nicht jemanden wie ihn für sie zum Gatten auswählen können? Er mochte ja ein lasterhafter Mann sein, aber er war freundlich, ein großzügiger Liebhaber und unglaublich attraktiv.
Sie seufzte. Ihre Weigerung, seine Hilfe anzunehmen, hatte ihn offensichtlich verärgert, und jetzt wollte er gehen. Gewiss hielt er sie nicht für so naiv zu glauben, dass er keine Gegenleistung von ihr wollte, oder? Jede Freundlichkeit hatte ihren Preis. Und genau das war der Grund, weswegen sie sich geschworen hatte, nie wieder jemandem außer sich selbst zu vertrauen. Andererseits hatte sie es auch ohne fremde Hilfe geschafft, sich in Schwierigkeiten zu bringen.
Alistair nahm seinen Mantel aus dem Schrank. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, wenn sie sich vorstellte, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Es war, als hätte sie etwas unendlich Wertvolles gefunden, nur um es sofort wieder zu verlieren.
Wenn sie es nur wagen könnte, ihm zu vertrauen. Doch der Gedanke, diesem finsteren, zynischen Mann, der ganz offensichtlich seine eigenen Probleme hatte, verpflichtet zu sein, machte ihr Angst. So oft war ihr Vertrauen in andere erschüttert worden. Sie hatte ihren Eltern vertraut, einen guten Ehemann für sie auszuwählen, und auf die Hilfe ihres Bruders vertraut, der ihr keine geben wollte.
Warum sollte es bei diesem Mann anders sein? Ihr Herz sagte ihr, dass er ihr nichts Böses tun würde, doch ihr Verstand nannte sie eine Närrin.
Zu ihrer Überraschung kehrte Alistair zum Bett zurück. Er hielt einen schwarzen Samtbeutel in der Hand. Er beugte sich über sie und küsste sie auf die Lippen. „Lass
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