Historical Collection Band 5
es?“
„Gouverneur de Feuonmayor bittet Euch, in die große Halle hinunterzukommen, Señor. Wir haben … interessanten Besuch, und er braucht Eure Unterstützung.“
Carlos nickte kurz. War dies also der Ärger, den er heute Nacht erwartete? Er legte sein Fernrohr beiseite und folgte dem Mann die engen, von Fackeln beleuchteten Stufen hinunter in den Hauptflügel der Festung.
Trotz der edlen Wandteppiche, die die Steinmauern bedeckten, und der geschnitzten Truhen und Tischen aus Spanien ließ sich die militärische Natur des Gebäudes nicht verleugnen. Nur wenige Fenster durchbrachen die massiven Wände, es gab kein warmes Licht in der kühlen Luft. Kein sanftes weibliches Lachen. Doch Carlos gefiel es recht gut. Es vermittelte den Eindruck von Stärke und Sicherheit und diente seiner Aufgabe besser, als es ein edler Palast je könnte.
Und auch wenn er gelegentlich dass sanfte Lachen und den Duft nach blumigem Parfüm vermisste – nun, das war der Preis, den er bezahlte.
Er eilte in die Große Halle, ein riesiger Raum mit der Standarte des Königs und einem großen Waffenarsenal. Manchmal wurde die Halle für Empfänge und Bankette genutzt, doch heute Abend waren die Tische und die mit Silber beladenen Anrichten an die Wände geschoben worden. Nur der Gouverneur und einige seiner Dienstboten waren hier versammelt, zusammen mit drei Männern in Seemannskluft.
Und einer Frau, die auf einer Trage aus Segeltuch lag.
Carlos runzelte die Stirn, als er sich der stillen Gruppe näherte. Die Frau schien tot zu sein. Sie war sehr blass, ihre Haut schimmerte weiß vor dem Hintergrund ihres wirren dunklen Haars. Sie trug nur ein schmutziges und zerrissenes Unterkleid – und ein schweres Smaragdkreuz an einer goldenen Kette.
Er betrachtete sie genauer. Das Kreuz war kunstvoll gefertigt und ein zweifellos teures Stück, und die Frau, die es trug, schien sehr jung zu sein. Ihre Haut schien weich und makellos, ihre Augenbrauen hoben sich zart wie Schmetterlingsflügel von ihrer marmorweißen Stirn ab.
Wie schade, so jung und schön zu sterben, dachte er. Doch warum war sie hier?
Dann sah er, wie sich ihre Brust sanft beim Atmen unter dem zerrissenen Unterkleid hob, wie der Puls noch in der verletzlichen Kuhle ihres Halses sachte schlug.
„Was soll das bedeuten?“, fragte Carlos und sah den Gouverneur und die Seeleute scharf an.
Feuonmayor, der in einen edlen Brokatmorgenmantel gekleidet und offensichtlich aus seinem Bett gerissen worden war, wusste nicht genau, was er tun sollte. Er zuckte die Schultern. „Diese Männer gehören zur Besatzung der Reyezuelo .“
Carlos sah den Größten der Fremden fragend an. Der Seemann verbeugte sich hastig und sagte: „Wir bitten um Verzeihung, Señor, dass wir Eure Ruhe gestört haben. Doch wir dachten, wir sollten die Dame so schnell wie möglich zu Euch bringen.“
„Und wer genau ist diese Dame?“, fragte Carlos.
„Das wissen wir nicht. Wir ankerten in der Nähe der Insel San Pedro, um den Sturm abzuwarten, Señor. Als das Wetter besser wurde, setzten wir Kurs Richtung Santo Domingo, um unsere Reparaturen auszuführen. Da haben wir sie gefunden.“
„Gefunden?“, wiederholte Carlos. „Wie bitte, schwebte sie in der Luft?“
„Beinahe, Señor“, sagte einer der Seemänner. „Sie trieb im Wasser und hielt sich an einer Planke fest. Wir hievten sie an Bord, doch sie war gerade so lange bei Bewusstsein, um uns zu erzählen, dass sie auf der Santa Theresa war und dass das Schiff im Sturm gesunken ist.“
„Die Santa Theresa ?“, rief Feuonmayor. „Alameda, glaubt Ihr, das bedeutet …“
Carlos hob die Hand und bedeutete allen, ruhig zu sein. Sogar der Gouverneur gehorchte. „Habt ihr sonst noch jemanden gefunden?“
Der Seemann schüttelte den Kopf. „Sie sagte, alle anderen seien tot.“
Der Gouverneur schüttelte traurig den Kopf. „Es ist ein Segen, dass überhaupt jemand gerettet wurde. Besonders falls sie …“
Seine Stimme verlor sich, als Carlos die Stirn runzelte, während er auf die bleiche Frau hinunterblickte. „Wir sollten Gouverneur Augusto in Havanna benachrichtigen“, sagte er. Er streckte seine Hand aus, um das Kreuz mit einer Fingerspitze zu berühren. Er spürte den Atem der jungen Frau und die lebendige Wärme, die sie ausstrahlte. Wie sie innerlich vor Leben und dem wundersamen Überleben auf dem tosenden Meer sprühte.
Gegen seinen Willen rührte ihn der Gedanke an das, was sie erlitten haben musste.
„Sie muss es sein“,
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