Historical Exclusiv 45
„noch hatte er die Chance, Widerstand zu leisten.“
Yves hob zweifelnd die Brauen. „Dann habt Ihr keine Truppen mehr, den Angriff zu rächen.“
„Es geht nicht nur um die Zahl der Männer, die überlebt haben!“ Gabrielle drückte ihre Hand aufs Herz. „Was ist mit der Gerechtigkeit?“
„Der Gerechtigkeit ist nicht gedient, wenn Ihr noch mehr Gefolgsleute in den Tod schickt“, entgegnete der Ritter mit ruhiger Stimme.
Gabrielle hasste den Gedanken, dass er recht hatte.
„Ich habe ein Dutzend Männer und Waffen, und zwei Ritter, die meinem Haus loyal geblieben sind“, erklärte sie stolz. „Sie sahen all das Schreckliche, das Philippe getan hat, und blieben trotzdem treu.“ Sie blickte Saint-Roux fest in die Augen und wies mit einer Geste zu ihm. „Solch Treue kann nicht für Gold gekauft werden!“
„Das ist wahr“, gestand er. „Doch was ist mit Philippes Leuten?“
Gabrielle senkte den Blick, denn dieser Mann war offenbar nur durch Tatsachen, nicht durch Gefühle zu beeindrucken. „Er verstärkt seine Truppen von Tag zu Tag. Zuletzt zählten wir fünfzehn Ritter und eine Schar Fußsoldaten in Perricault.“
Sie seufzte, denn sie musste ehrlich mit ihm sein. „Die Bewaffneten sind so zahlreich, dass sie nicht zu zählen sind.“
„So habt Ihr also Spione ausgeschickt?“
„Ja.“
Schweigen breitete sich aus. Gabrielle hoffte von ganzem Herzen, dass Saint-Roux sich trotz allem auf ihre Seite stellte. Sie hatte getan und gesagt, was sie konnte.
Als die Stille zwischen ihnen anhielt, wurde ihr bewusst, sie musste auch an seinen Stolz appellieren. Es enttäuschte sie, dass er offenbar doch wie alle Männer war, aber sie brachte einen Einwand, der zählen musste.
„Ich weiß, dass die Aussichten für einen Ritter mit weniger Erfahrung, als Ihr sie habt, sehr schlecht stehen“, begann sie und hob entschlossen ihr Kinn. „Und die Aufgabe ist nicht leicht. Ich habe meine Männer von einem Angriff zurückgehalten, denn wir brauchen einen guten Plan und einen starken Anführer.“
Und selbst dann war es ein unsicheres Unterfangen, auch wenn sie sich das nicht eingestehen wollte. Es ärgerte sie, dass sie einem Fremden vertrauen musste, um das, was ihr lieb und teuer war, zurückzugewinnen.
Seit Michels Tod hatte sie sich verändert, wie sie es niemals für möglich gehalten hätte. Sie hatte die Zügel fest in die Hand genommen, auch wenn die Ritter von Perricault zögerten, einer Frau zu gehorchen. Obwohl sie gelernt hatte, alle Probleme alleine zu lösen – und dies auch mit beachtlichem Erfolg –, war ihr die Achtung dafür bisher versagt geblieben.
Und das nur, weil sie eine Frau war. Da so viel auf dem Spiel stand, kränkte sie dies umso mehr.
Gabrielle biss die Zähne zusammen und fuhr fort: „Man sagte mir, Ihr seid der Einzige, der Perricault zurückgewinnen könnte.“
Yves schwieg.
Warum stimmte er nicht zu?
Oder war er ein Mann, dem es gefiel, Frauen vor sich auf den Knien zu sehen? Zur Hölle mit ihm! Konnte er nicht sehen, wie schwer es ihr fiel?
Doch sie hatte keine Wahl.
Sie holte tief Luft und sah ihn an, ohne sich von seinem festen und gleichgültigen Blick schrecken zu lassen. „Ich flehe Euch an, Chevalier, überlegt mein Angebot wohl, bevor Ihr entscheidet. Perricault ist kein schlechter Preis.“
Sie wartete, aber er blieb still und starrte nachdenklich in seinen Weinbecher.
Hatte er sie vergessen?
Dieses Gespräch verlief nicht nach ihren Vorstellungen. Sie hatte erwartet, dass er Perricault freudig annahm.
Doch dieser Mann war anders.
Vielleicht brauchte er Zeit, ihre Worte zu überdenken. Sie konnte das Schweigen nicht länger ertragen. Sie stellte den Becher ab und wandte sich zum Zelteingang.
„Ich würde es schätzen, wenn Ihr mir heute Abend noch Euren Entschluss mitteilen könntet.“ Sie wollte gerade in die Nachmittagssonne hinaustreten, aber seine leisen Worte hielten sie zurück.
„Ihr müsst nicht warten. Ich habe mich entschieden.“
Gabrielle sah dem Ritter direkt ins Gesicht. Ihr Herzschlag stockte, ihre Finger krallten sich in das seidene Zelt. Zu ihrem Erstaunen konnte sie die Antwort nicht in seinen Gesichtszügen erkennen.
Dann schüttelte Saint-Roux stumm den Kopf, und sie wusste es.
Nein! Ihr Herz blieb fast stehen, noch bevor er zu sprechen begann.
„Ich lehne Euer großzügiges Angebot ab, ebenso wie ich das des Comte de Tulley zurückgewiesen habe.“
Zorn erfüllte Gabrielle, und sie trat auf ihn zu, ohne zu
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