Historical Exclusiv 45
prüfenden Blickes voll bewusst, aber sie wollte ihm nicht ausweichen.
„Doch Ihr mögt den Mann nicht?“, fragte er endlich mit gesenkter Stimme.
Sie seufzte und strich mit der Hand durchs Haar. Sie hätte sich denken können, dass er die Wahrheit entdecken würde.
Ehe sie antwortete, versuchte sie, Gefühl und Verstand zu trennen, doch es gelang ihr nicht. „Ich muss zugeben, dass ich einem Mann nicht vorurteilslos gegenüberstehen kann, der glaubt, dass Frauen nur für eine Sache nützlich sind“, gestand sie mit leiser Stimme ein. „Und Seymour de Crecy ist nicht gerade feinfühlig, was dies angeht.“
Yves’ Lachen ließ Gabrielle aufschauen. Als ihr Blick ihn erreichte, war er wieder ernst geworden, obwohl ein verdächtiges Zucken noch immer seine Mundwinkel umspielte.
„Ich kann sehr wohl verstehen, dass Ihr ihn nicht mögt“, versicherte er ihr mit einer leichten Verbeugung. „Indes, es hat wenig damit zu tun, ob der Mann mit der Klinge umgehen kann oder vertrauenswürdig ist.“
Erneut seufzte Gabrielle, und seiner vernünftigen Begründung konnte sie sich nicht widersetzen. „Ich gebe Euch recht“, stimmte sie zögernd zu.
Yves wartete.
Lange Zeit dachte Gabrielle nach, dann blickte sie den Ritter wieder an. Aufrichtigkeit ihm gegenüber verlangte, ihm eine gebührende Erklärung zu geben.
„Michel vertraute Seymour, so viel weiß ich“, gestand sie. „Es gab innerhalb der Burg keinerlei Beschwerden über ihn, außer er wurde gelegentlich bei einer Magd zu aufdringlich. Und wie Ihr schon sagtet, Seymour dachte nicht an seine eigene Sicherheit, als er Michels Körper während des Angriffes auf Perricault beschützte.“
Saint-Roux betrachtete sie und nickte. Er biss sich auf die Lippen und sah nachdenklich zu Boden. Dann sagte er langsam und mit leiser Stimme: „Die Frage bleibt, ob die Neuigkeiten, die er erlauschte, wahr sind oder nicht.“
Gabrielle holte tief Luft und machte sich bereit, abermals ihre Gedanken auszusprechen. Er schien ihre Meinung zu schätzen, und das ermutigte sie, sie mit ihm zu teilen.
Es kam ihr in den Sinn, dass sie sich gut daran gewöhnen konnte, mit diesem Mann solche Unterhaltungen zu führen. Ein prickelndes Gefühl stieg in ihr auf, als sie daran dachte, dass er vielleicht bald ihr Gemahl sein würde, doch sie ermahnte sich sogleich, solch unsinnige Gedanken sein zu lassen.
Es wäre nur eine Verbindung dem Namen nach und dies auf ihr Geheiß hin. Ohne Zweifel würde Yves damit aufhören, an ihrer Meinung interessiert zu sein, sobald – oder besser wenn – er Perricault zurückerobert hatte und dessen Herr war.
Gabrielle räusperte sich. Es widerstrebte ihr zuzugeben, dass dieser Gedanke ihre Stimmung dämpfte. „Ist es nicht seltsam, dass Philippe gerade dann daran denkt, Perricault zu verlassen, wenn die beste Gelegenheit besteht, seinen Angriff zu vergelten?“
„Ja.“ Yves nickte und sah sie durchdringend an. Sie merkte, wie sie errötete, obgleich sie wusste, sie war eine Närrin, seiner Zustimmung eine Bedeutung beizumessen. „Das genau ist es, was ich so seltsam an dieser Neuigkeit finde. Ihr seid klug, diese Unvereinbarkeit zu erkennen.“
Gabrielle zuckte mit den Schultern. Sie war nicht im Geringsten daran gewöhnt, Lob für ihren Verstand zu erhalten. Genau genommen hatte niemals zuvor ein Mann ihr richtig zugehört! „Es macht einfach keinen Sinn“, wandte sie ein, doch der Blick des Ritters blieb undurchdringlich.
„Nur für jemanden, der darüber nachdenkt, so wie Ihr es tut.“ Er hielt inne, und Gabrielles Körper erglühte über dieses Lob.
„Was werdet Ihr tun?“, wollte sie wissen.
Er sah sie an, und ein Lächeln huschte so schnell über seine Lippen, dass es bereits verschwunden war, ehe sie sich dessen richtig bewusst war. „Nicht viel, bis ich mehr darüber weiß“, antwortete er. „Morgen werde ich selbst nach Perricault gehen, um die Lage zu erkunden. Ist es weit?“
„Ein Ritt von einer Stunde.“
„Ich werde zu Fuß gehen, um nicht so leicht entdeckt zu werden.“
„Ich kann Euch den Weg zeigen.“
Yves’ Augen blitzten auf. „Ihr werdet hier bleiben! Es ist nicht nötig, dass Ihr noch mehr riskiert, als Ihr es ohnehin schon getan habt!“
„Ich will nicht zurückbleiben!“, entgegnete Gabrielle. Sie war wütend darüber, dass sie schon wieder von seinen Plänen ausgenommen wurde. „Thomas ist mein Sohn!“
„Und Ihr seid das Einzige auf der Welt, das er noch hat.“
Sie war über
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