Historical Exclusiv 45
nicht.“
Yves war gespannt. „Und um welche Begebenheit geht es?“
Seymour beugte sich näher. „Ich vernahm, dass Philippe de Trevaine die Absicht hat, bald nach Château Trevaine zurückzukehren. Perricault soll nur von einem kleinen Verteidigungstrupp besetzt bleiben.“
Yves’ Blick verdüsterte sich. „Warum sollte er dies machen?“
„Ich weiß es nicht.“ Seymour hob fragend die Hände. „Vielleicht fühlt er sich sicher, dass niemand kommen und seinen Angriff auf die Burg rächen wird. Oder es trachtet jemand nach seinem Besitz, und er fürchtet um dessen Sicherheit.“
Saint-Roux dachte lange darüber nach und fragte sich, ob ein Mann wirklich darüber verwundert sein könnte, dass im Winter keine Vergeltung erfolgt war. Schließlich war es allgemein üblich, Krieg nur in den wärmeren Monaten zu führen.
Musste Philippe nicht gerade jetzt im Lenz einen Angriff erwarten?
Hätte indes ein Mann zwischen seinem ursprünglichen Besitz zu wählen und einem kürzlich errungenen, wer konnte sagen, wofür er sich entscheiden würde? Was wusste er schon über Philippe de Trevaine?
Der Mann konnte sehr gut ein ungestümer Narr sein. Yves hatte viele dieser Art getroffen.
„Wo habt Ihr das vernommen?“
„Außerhalb der Mauern von Perricault.“ Seymours Worte kamen leise und rasch. „Wir beobachten fast täglich die Burg. Es gibt da eine Behelfsbrücke über den Fluss in der Nähe der nördlichen Mauer. Sie befindet sich so dicht am Waldrand, dass man im Schutze der Bäume nahe genug herankriechen kann, um zu hören, was die Wachen untereinander reden. Es ist wahrhaftig ein ausgezeichneter Ort, um die Stärke der Truppen auszukundschaften. Dort verstecken wir uns, um Philippes Männer zu zählen.“ Seymours Augen strahlten. „Erst gestern war es, dass ich dort zwei Wachen über die bevorstehende Abreise reden hörte.“
Saint-Roux starrte zu Boden. Er dachte daran, was diese Neuigkeit bedeutete. Es schien ein Geschenk des Himmels zu sein.
Konnte Philippe wirklich solch ein Narr sein?
„Es könnte die Gelegenheit sein, nach der wir suchen, Herr!“, flüsterte de Crecy.
Der Ritter blickte in die glänzenden Augen des Mannes. „Ja“, sagte er bedächtig. „Das könnte es sein.“ Er zuckte mit den Schultern. „Oder es ist eine List, um uns zu täuschen und in eine Falle zu locken.“
„Das wäre nicht undenkbar“, erklang eine Stimme hinter ihnen aus der Dunkelheit. „Philippe hat Perricault durch Verrat erlangt.“
Seymour sprang entsetzt auf, Yves drehte sich langsam um und erblickte einen Schatten hinter sich. Undeutlich nahm er Gabrielles Umrisse wahr. Sie hatte die Arme über der Brust verschränkt.
„Ich dachte, Perricault wurde im Kampf erobert“, sagte Saint-Roux nachdenklich.
„Ja, so sah es aus“, gab Gabrielle zu. „Ich habe mich indes immer gefragt, ob es nicht jemand in der Burg gab, der uns auslieferte.“
„Madame!“, rief Seymour überrascht. „Ich war auf der Mauer in jener Nacht! Sie haben das Tor heimtückisch genommen und uns überrascht.“
St. Roux sah, dass Gabrielle nicht davon überzeugt war, obwohl sie nichts weiter sagte. Sie betrachtete den Söldner, dann blickte sie wortlos zu Yves. Er war ernsthaft geneigt, ihre Einschätzung der Situation in Betracht zu ziehen. Hatte sie nicht schon zuvor einen klaren Verstand bewiesen?
De Crecy hingegen schien kein Mann mit Scharfblick zu sein. Es war gut möglich, dass er im Schatten jemanden übersehen hatte, der dem Feind Einlass geboten hatte.
Der Söldner lachte spöttisch. „Madame! Bei allem Respekt, ich bitte Euch, überlasst Kriegsangelegenheiten denen, die etwas davon verstehen!“
Gabrielle erstarrte, und der Blick, den sie Yves zuwarf, war alles andere als freundlich. „Gewiss“, sagte sie knapp, dann wandte sie sich ab und ging.
Doch dieser war nicht so schnell bereit, die Wahrnehmungen der Burgherrin als Hirngespinst zu betrachten. Er entließ Seymour und folgte ihr.
Würde es jemals in der ganzen Christenheit einen Mann geben, der zugab, dass auch eine Frau Wichtiges zu sagen hatte?
Gabrielle stapfte durch die Finsternis, sie kannte den Weg genau. Doch sie zweifelte daran, dass sie in der Stimmung sein würde, an ihrem besonderen Ort für Thomas zu beten.
In Wahrheit war sie wütend über sich selbst. Wie konnte sie nur gehofft haben, dass Yves sich um ihre Meinung kümmerte. Närrin! Natürlich tat er es nicht! War er nicht ein Mann wie alle anderen?
„Madame?“
Sie fuhr herum
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