Historical Exclusiv 45
Messer …“ Ein Schauer überflog sie. „Ich hörte auch, dass Ihr den beiden verboten habt, miteinander zu sprechen.“
„Ich habe nur Ketil verboten, das Wort an Orn zu richten. Das war die Bedingung, unter der ich ihn mitgenommen habe. Eine Fehlentscheidung. Othar fragte, ob seine Freunde uns begleiten dürften, und ich war der Meinung, er würde sich dadurch leichter in die Gemeinschaft einfügen, und stimmte zu. Weder Orn noch ich zogen in Betracht, wie weit ein Mann in seiner Feigheit gehen kann.“ Er senkte den Blick auf seine Hand an ihrem Arm. „Ich ahnte nicht, wozu ein Mann fähig ist“, fügte er kaum hörbar hinzu.
Er strich ihr sanft über den Arm und ließ die Hand sinken. „Aber es ist passiert und nicht mehr zu ändern. Wozu noch Fragen stellen?“
Weil ich Antworten brauche.
Yvaine sprach die Worte nicht laut aus, sondern beobachtete fasziniert Roriks Hand, die ihren Arm entlangstrich, als würde er ihn sanft liebkosen. Seine Hand war so groß, so kraftvoll. Sie kämpfte gegen die Empfindung, die seine Berührung in ihr auslöste, gegen die Hitze, die von ihm ausging. Ob ihm das klar war oder nicht, mit dieser Geste gab er etwas von sich preis. Und sie brauchte dringend Bestätigung.
„Ich sehe ein, dass er bestraft werden musste“, sagte sie zögernd. „Es war die Art, wie er sterben musste … an den Leichnam seines Opfers gebunden zu sein, ohne sich befreien zu können …“
„Ich verstehe.“ Der harte Zug um seinen Mund wurde weicher. „Das hat Euch an Eure Hilflosigkeit erinnert, als Ihr selbst in Fesseln gelegen habt. Aber Ketil wäre ein qualvollerer Tod beschieden gewesen, wenn wir ihn ohne Fesseln über Bord geworfen hätten und weitergesegelt wären.“
„Das Schiff hatte das Segel nicht gesetzt.“
„Richtig. Wäre es besser gewesen, wenn er mit Ruderschlägen daran gehindert worden wäre, an Bord zu klettern, bis er vor Erschöpfung aufgegeben hätte?“
Als sie nicht antwortete, lächelte er schwach. „Deshalb tut es mir leid, dass Ihr das grausame Sterben gesehen habt, kleine Wildkatze. Ihr habt ein weiches Herz.“
Der Bann des Augenblicks war gebrochen. Zorn stieg in ihr hoch. „Ich mag ein weiches Herz haben, aber keinen weichen Kopf“, entgegnete sie spitz und entriss ihm den Arm.
„Gewiss nicht.“ Er hob die Hand und strich ihr mit dem Zeigefinger über die Stirn. „Trotzdem bin ich da drin. Ich spuke Euch im Kopf herum.“
Yvaine holte tief Luft. „Was in meinem Kopf vorgeht, ist Euch völlig einerlei. Und was den Rest betrifft …“, rief sie erbost.
„Ihr versteht mich falsch, meine Süße. Sobald ich da drin bin …“, er nahm ihr Gesicht in beide Hände, „… kommt der Rest von selbst.“
„Welcher Rest? Und was dann? Habt Ihr einen Gedanken daran verschwendet, was danach sein wird … Barbar?“
Seine Mundwinkel zogen sich nach oben. „Ein ‚Danach‘ existiert nur, wenn Ihr mich aus Eurem Bann befreit, süße Hexe.“
Yvaine war fassungslos. Was für ein Bann? Wovon redete der Mann eigentlich?
„Wieso sollte ich einen Bann über Euch sprechen, nur um eine Gefangene, eine verstoßene Bettgefährtin und schließlich zur Sklavin werde?“, fragte sie höhnisch. „Falls zwischen diesen drei Möglichkeiten ein Unterschied besteht, was ich bezweifle.“
Vergeblich versuchte sie, seine Hände abzuschütteln.
„Es gibt einen Unterschied“, versicherte er. „Das werde ich Euch beweisen.“
„Aber …“
„Still“, raunte er und näherte ihr seinen Mund. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich begehre dich, aber ich werde dir niemals wehtun, Yvaine.“
Hatte er sie schon einmal beim Namen genannt? Nein. Aus seinem Mund klang ihr Name wie eine Liebkosung. Seine dunkle, weiche Stimme drohte ihr die Sinne zu benebeln, reizte ihre bebenden Nerven, weckte plötzlich ein befremdliches Sehnen in ihr. Sie sehnte sich nach der Wärme seiner Arme, nach der erregenden Hitze seines Mundes.
Sein Mund strich über ihre Lippen, wich zurück, kehrte wieder. Und dann küsste er sie mit einer Leidenschaft, die ihren Verstand lähmte.
Fragen, Forderungen, Bitten wurden vom Sturm ihrer Erregung fortgetragen. Hitze loderte ihn ihr, ließ sie schmelzen. Sie umklammerte seine Handgelenke, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Sie spürte das Beben, das seinen kraftvollen Körper erschütterte, obwohl sie ihn kaum berührte. Yvaine glaubte, im Sog einer Flutwelle zu ertrinken, ihre Lippen teilten sich …
Der dumpfe Aufschlag,
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