HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Kairo jedenfalls ganz zufrieden. Ich nehme an, dass es für dich etwas anderes sein wird, falls Hayden im diplomatischen Korps weiterkommt.“
„Wenn, nicht falls, Mutter“, berichtigte Victoria, die auf die angedeutete Kritik an ihrem Verlobten sofort beleidigt reagierte. „Hayden Reed leistet dem britischen Konsulat unschätzbare Dienste. Das wird man bald anerkennen und ihm einen wichtigeren Posten geben. Wart’s nur ab. Du wirst sehen, wie schnell mein Zukünftiger in seiner Karriere vorankommt.“
„Gewiss, Liebling. Hayden ist ein feiner junger Mann. Dein Vater und ich freuen uns, dass du mit ihm glücklich bist.“ Grace spielte ein wenig mit ihrem Sonnenschirm herum. „Sosehr wir auch Haydens Qualitäten schätzen, so hatten wir doch gehofft, du würdest einen Adeligen heiraten.“
„Mutter, Hayden kommt aus einer untadeligen Familie. Sein Stammbaum gibt keinerlei Anlass zum Naserümpfen“, erklärte Victoria.
„Dennoch wäre es in der Gesellschaft für dich wesentlich angenehmer, wenn die anderen vor dir einen Hofknicks machen müssten, meine Liebe. Nun ja, dein Vater kann möglicherweise noch irgendeinen Titel für Hayden beschaffen, vielleicht den eines Barons oder Viscounts.“
„Hm … Lady Victoria Reed – das gefällt mir jetzt schon“, sagte die zukünftige Braut mit einem Lächeln und ließ sich auf einem der kleinen Bänkchen beim Brunnen sinken, die denen nachempfunden waren, welche sich im Park der Shaws in Warwickshire befanden. „ Vielleicht sollten wir die Hochzeit verschieben, bis Hayden den Titel erhält.“
„ Victoria, du sollst in weniger als drei Monaten getraut werden. Es würde uns größte Ungelegenheiten bereiten, wenn wir jetzt noch unsere Pläne ändern müssten. Schließlich wart ihr beide doch diejenigen, die schnell heiraten wollten, und deshalb solltest du dir nun auch solche dummen Ideen aus dem Kopf schlagen.“ Es ärgerte Grace schon, dass sie die Hoffnungen ihres Gatten überhaupt erwähnt hatte. „Komm jetzt. Wir haben erst kaum die Hälfte der Einladungen geschrieben. Wir müssen uns wieder an die Arbeit machen.“
„Ich wünschte, die britische Gemeinde in Ägypten wäre nicht ganz so groß, und du und Vater würdet nicht alle Leute kennen.“
„Als Repräsentant der Bank, welche die meisten Schuldscheine des Khediven besitzt, ist dein Vater verpflichtet, fast jeden einzuladen, mit dem er bekannt ist“, meinte Mrs. Shaw pikiert. „Im Übrigen sind eine große Anzahl der Einladungen für eure Freunde sowie die Personen bestimmt, die Hayden beeindrucken möchte.“
„Mutter, ich verspreche dir, wenn du mir noch die halbe Stunde bis zum Dinner freigibst, schreibe ich dir hinterher die allerschönsten Einladungen und höre damit erst wieder auf, wenn mir die Hand abfällt oder wenn du mich, die arme Gefangene, begnadigst.“
„Solch frivole Bemerkung ist völlig unangebracht.“
„Gut, also wenn wir fertig sind“, korrigierte sich die junge Dame freundlich lächelnd. „Ich möchte nur noch ein wenig die Luft genießen. Selbst wenn es nicht kühl ist, fühle ich mich beim Blick auf das Wasser wohler. Schau, da fährt eine Feluke auf dem Fluss. Offenbar genießt noch jemand den Zauber des Nils.“
Mutter und Tochter beobachteten das schlanke ägyptische Boot, das den Fluss hinunterglitt.
Da seine Mannschaft vom Ufer aus nicht zu sehen war, schien es sich ganz von selbst vorwärtszubewegen. Solche Bootstypen wurden hier bereits seit Jahrhunderten verwendet, und man wusste nur selten, woher die Feluken kamen und wohin sie unterwegs waren. Nur mit seiner eigenen Fantasie konnte man versuchen, hinter das Rätsel zu kommen.
„In Ordnung, doch veranlasse mich nicht, die Dienstboten auszuschicken, um nach dir zu suchen. Ich erwarte dich am Tisch, wenn ich mich setze. Dein Vater hält sich in Konstantinopel auf, und ich hasse es, allein zu speisen. Mir ist immer, als warteten die Serviermädchen darauf, dass ich etwas verschütte.“
„Nur eine halbe Stunde, Mutter. Das verspreche ich.“ Victoria freute sich sehr auf die wenigen Minuten des Alleinseins, auf die Zeit, in der sie von Hayden und dem zukünftigen gemeinsamen Leben träumen konnte.
Ihr Verlobter war so sehr ein englischer Gentleman, dass es schwerfiel zu glauben, dass er beinahe zwei Drittel seines dreißigjährigen Lebens in Ägypten verbracht hatte. Victoria lehnte sich zurück, schloss die Augen und versuchte, sich ihn an seinem Schreibtisch im Konsulat vorzustellen.
Sein Kinn
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