HISTORICAL EXCLUSIV Band 14

Mädchen“, flüsterte er spröde. „Hier gibt es nichts mehr zu tun. Gehen wir zu Jenny, und kehren wir heim.“

EPILOG
    Nairobi, am 14. Juni 1900

    Unruhig schritt Cameron über den Perron und schaute abwechselnd auf die Uhr und das Gleis. Der Zug hatte keine Verspätung, doch die Gattin und die Kinder waren in Mombasa eine Woche lang die Gäste des Emirs gewesen. Ohne sie war es zu Haus so still wie in einem Mausoleum, und Cameron sehnte sich danach, wieder Leben um sich zu haben. Er steckte die Uhr in die Westentasche, starrte durch das beginnende Zwielicht auf den sich durch das Ukambaland windenden schimmernden Schienenstrang und fragte sich, wie er so viele Jahre des Alleinseins überstanden und ohne die Liebe, die nun sein Dasein erfüllte, existiert hatte.
    Die Silhouette der Stadt hob sich schwarz vom feuerroten Abendhimmel ab. In Bezug auf Nairobi hatte Malcom Robertson recht behalten. Seit die Eisenbahn die Siedlung erreicht hatte, war sie aufgeblüht. Privathäuser, Regierungsgebäude, Geschäfte und sogar Hotels waren entstanden, und die Baufirma „Robertson und MacKenna“ war bis an die Grenzen der Kapazität mit Aufträgen ausgelastet. Cameron gestattete sich einen zufriedenen Seufzer. Abgesehen davon, dass er Mary geheiratet hatte, war die Entscheidung, eine Partnerschaft mit Malcolm Robertson einzugehen, die beste seines bisherigen Lebens gewesen. Zu seiner Überraschung war er bereits auf dem besten Wege, ein begüterter Mann zu werden. Das Leben war so angenehm, dass er von Zeit zu Zeit darüber nachgrübelte, ob nicht alles nur ein schöner Traum sei.
    Ein langes, schrilles Pfeifen riss ihn aus den Gedanken. Sein Herz klopfte schneller, als die wuchtige, qualmende Lokomotive in Sicht kam. Seine Ungeduld wuchs, bis der Zug endlich am Perron angehalten hatte. Die erste Reisende, die einem der Waggons entstieg, war Jennifer. Sie rannte über den Bahnsteig und warf sich dem Vater mit der Wucht eines Wirbelwindes an die Brust. Ungestüm schlang sie ihm die Arme um den Nacken und küsste ihn unzählige Male auf die Wange. Über ihre Schulter erblickte er die Gattin. Den sechs Monate alten Sohn auf dem Arm haltend, kletterte sie behutsam aus dem Wagen. Sie sah abgespannt aus, aber wunderschön in dem veilchenblauen Reisekostüm, dessen Farbe so gut zu ihren Augen passte.
    Cameron hob die Tochter hoch und ging auf die Gemahlin zu. Als er sie erreicht hatte, legte er ihr den freien Arm um die Taille und zog sie an sich. Beglückt, sie wieder bei sich zu haben, schloss er die Augen.
    Der kleine schwarzhaarige Duncan regte sich, wimmerte leise und fiel wieder in Schlaf.
    Mary gab dem Gatten einen zärtlichen Kuss auf den Mund. „Weck den kleinen Unhold nicht“, flüsterte sie. „Er gehört ins Bett, und ich hoffe, er wird die ganze Nacht durchschlafen.“
    Cameron war das Funkeln in Marys Augen nicht entgangen. Die Bemerkung hatte harmlos geklungen, aber er wusste, dass seine Frau sich genauso wie er auf die Abgeschiedenheit und Geborgenheit des Schlafzimmers freute. Ja, die ganze Woche hatte er sich nach Mary gesehnt und war bereit, mehr als bereit, sie zu lieben.
    Jenny zupfte ihn am Ohr. „Wir haben Giraffen gesehen!“, verkündete sie. „Und Jehani hat eine kleine Tochter bekommen, die Fatima heißt und so winzig ist.“ Jennifer kuschelte sich an ihn und fragte neugierig: „Hast du uns vermisst, Papa?“
    Ein überwältigendes Gefühl des Glücks erfasste ihn, als er seine Familie anschaute. „Ja, das habe ich, Jennifer Jane“, antwortete er aus vollster Überzeugung. „Ich habe euch alle sehr vermisst.“
– ENDE –

GLOSSAR
Askari
eingeborener ostafrikanischer Soldat
Baggala
eineinhalbmastiger Segler
Binisch
vorn offenes Übergewand der
Mohammedaner mit geschlitzten Ärmeln
Boma
Dornenumfriedung
Bumboot
Händlerversorgungsboot im Hafen
Bwana
Herr
Dawa
Zauberkraft
Gharri
zweirädriger Zweisitzer
Gibbeh
langes, vorn offenes Übergewand der Mohammedaner
Gladstone
zweiteilige leichte Reisetasche
Jiba
weites indisches Hemd, Kittel
Jupon
Unterrock
Kansu
hemdartiges Gewand
Katar
Dolch
Khol
schwarzes Kosmetikpulver
Kurta
Kittel, indische Hemdbluse
Lungi
langer Wickelrock der Inder
Memsahib
Herrin
Panga
flaches Buschmesser
Salwar
indische Pluderhose
Sambuke
zweimastiger Segler
Saratoga
großer Reisekoffer
Schesche
langes Gesichtstuch
Scheschia
Stoffmütze mit Quaste
Scow
Boot zum Leichtern seegehender Schiffe und zum Personentransport
Seruel
eine Art wadenlanger