HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
brach sie in Tränen aus und stürzte aus dem Zimmer. Ihr Mädchen starrte ihn an, während er verärgert die Stirn runzelte.
Zugegeben: Er war seit der Übernahme des Titels nicht mehr der hemmungslose Charmeur seiner Jugend. Doch er hatte noch nie eine Frau zum Weinen gebracht. Es war nicht das erste Mal, dass Anne vor ihm geflohen war. Zuerst hatte er es auf die Trauer um ihren Mann zurückgeführt.
Inzwischen jedoch wusste er, dass er nichts anderes von ihr erwarten konnte, als dass sie sich wie ein aufgescheuchtes Reh verhielt. Er seufzte, als ihr das Mädchen hinterherstürzte. Es sah so aus, als ob er sich heute seiner Korrespondenz nicht mehr würde widmen können, sondern stattdessen die Zeit damit verbringen musste, seine sanfte, aber höchst anstrengende Schwägerin zu beruhigen. Das gehörte zu seinen Pflichten als Marquess.
„Nun?“, fragte Finn, der in der Tür erschien.
Ashdowne zuckte mit den Schultern und warf dem Iren einen bösen Blick zu. „Du hättest mich warnen können“, sagte er. Er sah auf die Uhr und eilte die Treppe hinauf. Schon bald war er mit Georgiana im „Pump Room“ verabredet, und was auch immer hier geschah – er wollte nicht zu spät kommen. Es gab noch eine Menge zwischen ihnen zu besprechen, die verdammte Ermittlung im Fall der gestohlenen Juwelen eingeschlossen.
12. KAPITEL
Georgiana zitterte. Sie schritt aufgeregt in ihrem Zimmer auf und ab und versuchte sich zu konzentrieren, was ihr aber nicht gelang. Obwohl sie mehrmals ihre Handschuhe gewechselt hatte, starrte sie immer wieder auf ihre bebenden Hände und hatte den Eindruck, dass die Fingerspitzen nicht mehr ihr gehörten.
Sie gehörten Ashdowne.
Es machte gar nichts aus, dass sie einen solchen romantischen Unsinn nicht glaubte. Trotz ihrer heftigen Gegenwehr konnte Georgiana nicht leugnen, dass sie sich innerlich erhitzt und erregt fühlte, ganz wie eine Frau, die sich in ein Meer von Gefühlen gestürzt hatte. Sie brauchte nicht ihren Verstand anzustrengen, um einzusehen, dass nicht nur ihre Hände dem attraktiven Marquess zu gehören begannen.
Er war nahe daran, auch ihr Herz zu stehlen.
Und das war ein Diebstahl, den zu untersuchen Georgiana keinerlei Interesse hatte. Sie war eine praktisch veranlagte junge Frau, deren Gewohnheit es war, alles genau in Augenschein zu nehmen. Die Fakten in diesem Fall wiesen nur in eine Richtung: Ashdowne war ein Marquess und als ein solcher außerhalb ihrer Reichweite. Die absurde Anziehungskraft zwischen ihnen konnte schnell ihren Ruin bedeuten, und sie musste dem ein Ende machen.
Doch das Wissen allein half ihr noch lange nicht, es auch in die Tat umzusetzen. Sie war unentschieden, was sie als Nächstes tun sollte. Einen Augenblick lang war Georgiana entschlossen, ihn nicht im „Pump Room“ zu treffen; doch die Vorstellung tat ihr weh. Sie wollte ihn nicht sehen, aber paradoxerweise konnte sie es kaum erwarten, ihn wiederzutreffen. Sie brauchte ihn nicht – außer um atmen und leben zu können. Bisher hatte sie noch nie gezaudert. Ashdowne schaffte es, sie zu einer Frau zu machen, die alle schlimmen Eigenschaften ihres Geschlechts aufwies: Unvernunft, Gefühlsdu selei, Hysterie.
In ihrer Vorstellung waren Damen meist hirnlose Kreaturen, die mit den Fächern wedelten und sich mit Rüschen, neuen Kleidern oder ähnlichem Unsinn beschäftigten. Georgiana, die sich immer mehr für die männliche Welt des Denkens interessiert hatte, wollte nicht so sein. Die Vorstellung, wie ihre Schwestern zu werden, ließ sie entsetzt zusammenzucken.
Dennoch konnte sie die Hochstimmung, die sie ergriffen hatte, nicht abschütteln. Sie liebte es, ihre Zeit mit Ashdowne zu verbringen. Er hörte ihr zu. Er brachte sie zum Lachen. Er spielte mit ihrem Körper wie mit einer präzis gestimmten Geige. Seufzend ließ sich Georgiana auf einem Stuhl nieder und dachte darüber nach, was sie davon hielt, eine Frau zu sein.
Neuerdings schienen auf einmal ihr Gesicht und ihr Körper, die sie lange missachtet hatte, ein Segen zu sein. Sie wurden zu einem wunderbaren Instrument der Freude in den Händen des Marquess. Ihre weibliche Seite, ihre Gefühle und ihr Herz, hatten es mühelos geschafft, über ihren Kopf zu siegen. Trotz ihres beachtlichen Verstandes und ihres Bestrebens, zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, gab sie nach einiger Zeit mit einem Seufzer auf. Sie überließ sich ihrem Herzen, das sie zum „Pump Room“ führte, wo der Mann wartete, der im Begriff war, es ihr zu
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