HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
ein wenig frisch machen.“ Alles war besser, als den neugierigen Blicken dieser Fremden ausgesetzt zu sein.
„Natürlich. Bitte hier entlang, Miss“, sagte das Mädchen.
Lilly floh.
Wie viel Zeit hatte sie bereits damit verbracht, ihr Haar zu begutachten? Es sah ohnehin perfekt aus, es war hochgesteckt, und Korkenzieherlocken fielen ihr bis zu den Schultern herab. Auch ihr Kleid wirkte vollkommen. Es hatte sie von einem Aschenbrödel in eine Prinzessin verwandelt. Sie war seit ihrem Abenteuer sowieso nicht mehr dieselbe Frau wie früher. Sie war wagemutiger geworden – zwar nicht sehr, aber doch so, dass man es bemerken konnte. Im Umgang zwischen den Geschlechtern hatte sie ihre Unbedarftheit verloren und dachte nicht mehr in Weiß oder Schwarz, Gut oder Böse.
Das hatte sie von Deegan gelernt. Aber auch das verworrene Leben ihres Bruders hatte ihr deutlich gezeigt, dass es viele Seiten bei einem Menschen gab.
Nun wollte sie etwas aus ihrem Leben machen. Hoffentlich bedurfte sie dazu nur eines einfachen Fächers aus Ebenholz.
Lilly klappte ihn auf und betrachtete ihr Spiegelbild. Hatte Vinia gesagt, dass sie den Fächer links oder rechts halten sollte, um ihr Gegenüber zu einem Gespräch einzuladen? Das einzige Zeichen der Fächersprache, das Lilly mit Bestimmtheit konnte, durfte sie auf keinen Fall sofort anwenden. Sie übte es trotzdem, schloss den Fächer und zog ihn über ihre Wange: „Ich liebe dich.“ Wenn sie doch nur Vinia hätte bitten können, es ihr noch einmal zu zeigen.
Als plötzlich heftig an die Tür geklopft wurde, ließ sie vor Schrecken den Fächer fallen. „Ich komme gleich“, rief sie und bückte sich, um ihn aufzuheben.
Die Tür wurde geöffnet, und jemand glitt in den Raum. Von ihrem Standort aus sah Lilly zuerst glänzend polierte Herrenschuhe und dann modisch geschnittene Beinkleider.
Der Mann beugte sich zu ihr herab. „Was tust du denn da unten, Liebling?“, fragte Deegan mit dem irischen Akzent, den sie so mochte.
Sie schaute auf. Er lächelte schalkhaft, und seine Augen funkelten glücklich. „Ich übe“, erwiderte sie und versuchte, seinen Akzent nachzuahmen. Sie hielt sich den Fächergriff an die Lippen.
„Ich hatte schon befürchtet, du würdest mich niemals fragen“, sagte Deegan, der ihr Zeichen ganz richtig verstanden hatte. Er zog sie hoch und schloss sie in die Arme.
Lilly fuhr ihm durchs Haar und legte ihm die Hand in den Nacken. „Ich liebe dich, Deegan Galloway“, sagte sie. „Ich liebe dich, Digger O’Rourke. Ich liebe dich, ganz gleich, wer du bist oder was du getan hast. Ich werde dich immer lieben.“
„Dann heirate mich“, erwiderte Deegan.
Sie hielt vor Überraschung den Atem an.
„Heirate mich, Lilly“, wiederholte er. „Heirate mich und hilf mir, der Mann zu sein, der ich sein will.“
Als sie nicht antwortete, drückte er sie noch fester an sich. Sie fragte sich, ob er wohl ihr Herz klopfen hörte.
„Oh Deegan“, flüsterte sie.
Er küsste sie leidenschaftlich, um ihr auch auf diese Weise zu zeigen, was sie ihm bedeutete und was so schwer in Worte zu fassen war.
„Ja“, antwortete Lilly, als sie sich voneinander lösten. „Ja, ja, ja.“
Er hob sie hoch und wirbelte mit ihr durch den kleinen Waschraum. Sie lachte, während sie sich an ihm festhielt und das Gefühl genoss, ihn so nahe zu spüren. Er weckte die Schönheit in ihr. Wenn sie bei ihm war, wurde sie wahrhaftig schön.
„Wann?“, fragte Lilly. „Auch wenn ich noch trauere, könnten wir vermutlich schon bald eine stille Hochzeit haben.“
Deegan lachte und gab ihr einen raschen Kuss. „Solche Eile macht mich glücklich“, sagte er. „Aber du verdienst mehr, Liebste. Die schönste, größte Hochzeit, die Franklin Street jemals gesehen hat.“ Er stellte sie wieder auf die Füße. „Nein, Lilly, ich werde dir ein ganzes Jahr lang mit allem, was dazugehört, den Hof machen. Jede Frau in der Stadt wird dich beneiden, denn es wird kein anderes Paar geben, das so glücklich ist wie wir.“
„Natürlich wird man mich beneiden“, erklärte Lilly lachend und voll Zärtlichkeit. „Du bist schließlich der attraktivste Mann der Stadt.“
„Und du, Lillith Renfrew, bist die schönste Frau im ganzen Staat“, entgegnete er.
„Nur wenn du bei mir bist“, sagte sie und spitzte die Lippen. „Muss es denn ein ganzes Jahr sein? Mir hat es ganz gut gefallen, was wir … äh … in jener Nacht bei Mrs. McMillan gemacht haben.“ Bei diesem Geständnis errötete
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