HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
etwas Einsamkeit gesucht hatte, um sich ihrem Kummer hinzugeben. Sie hatte geweint, bevor sie weggelaufen war. Aber wo sollte er suchen? Er kannte sie nicht gut genug, um zu wissen, wohin sie ging, wenn sie allein sein wollte. Er sollte sich schämen, dass er nicht mehr von den Gewohnheiten seiner Gemahlin wusste. Also suchte er einfach überall.
Agravar schloss sich seiner Suche an, danach Perry und Will. Schließlich halfen alle, die von dem Verschwinden ihrer Herrin gehört hatten, das Innere des Schlosses nach ihr zu durchkämmen.
Mit wachsender Angst befahl Lucien einer Truppe Männer, ihre Hengste zu satteln. Die Wachen an den Toren hatten Alayna nicht gesehen. Dennoch vermutete Lucien, dass sie vielleicht unbemerkt an ihnen vorbeigeschlichen war. Da er außerdem schon überall nach ihr gesucht hatte, stellten sie eine Gruppe zusammen, um in die Wälder zu reiten.
Niemand dachte daran, den Wagen zu erwähnen, der vor wenigen Stunden das Schloss verlassen hatte. Er war mit Vorräten beladen gewesen und von einem schmutzigen, finster dreinblickenden Mann gelenkt worden, der sicher nichts über Alayna of Gastonburys derzeitigen Aufenthaltsort wusste.
Lucien wollte gerade den Befehl zum Aufbruch geben, da überbrachte ihm ein Jüngling aus dem Dorf eine Nachricht. Wie er berichtete, hatte ihm ein fremder Mann ein schimmerndes Goldstück dafür bezahlt, die Botschaft nur dem Lord of Gastonbury persönlich zu überbringen. Sie bestand aus drei einfachen Sätzen. „Ich habe sie. Kommt zum See, allein. Morgen um die Mittagszeit.“
Luciens Hände begannen zu zittern, während er diese Worte las. Fluchend zerriss er das schäbige Stück Pergament in unzählige kleine Fetzen, dann brüllte er den Befehl, man möge seinen Hengst in den Stall zurückführen und stattdessen den Wallach herausbringen.
„Was ist passiert?“, fragte Agravar.
„Ich werde zum See reiten. Allein.“
„Bei allen Heiligen, Lucien, es könnte eine Falle sein. Wir wissen schließlich nicht, mit welchem Feind wir es hier zu tun haben.“
„Wir?“, fragte Lucien. „Das ist meine Angelegenheit, Agravar.“
„Du musst verrückt sein, wenn du annimmst, ich würde dich allein reiten lassen.“
„Hör auf, meinen Entschluss infrage zu stellen, Agravar. Alaynas Sicherheit muss an erster Stelle kommen. Lass dir eines gesagt sein: Wenn du meinen Befehl missachtest, wirst du unsere Freundschaft für immer verlieren. Ich bin gezwungen, diesen Briganden zu seinen Bedingungen zu treffen.“
Der Wikinger schwieg eine Weile, nickte dann jedoch. „Ja, ich schwöre, dass ich mich deinen Wünschen nicht widersetzen werde. Aber wenn du nicht bald zurückkehrst, werde ich mich auf die Suche nach dir machen.“
„Warte bis zum nächsten Sonnenuntergang, bevor du aufbrichst. Ich weiß nicht, was mich erwartet. Vielleicht werde ich etwas Zeit benötigen.“
„Hoffentlich nicht zu lange“, entgegnete Agravar widerstrebend.
Auch Will trat zu ihnen. Seine Sorge stand ihm überdeutlich ins Gesicht geschrieben. „Ihr reitet allein?“, fragte er. Der Ritter verstummte, als Lucien ihm zunickte.
Agravar verließ die beiden. Er war zu besorgt und rastlos, um seine Zeit noch weiter mit Worten zu verschwenden. Ungeduldig ging er davon, und die beiden anderen Männer standen sich schweigend gegenüber. „Ich weiß, dass du sie liebst“, sagte Lucien plötzlich.
Eine Weile sah ihn Will einfach an, ohne sich zu bewegen oder etwas zu sagen. Schließlich antwortete er leise: „Ihr Herz gehört Euch.“
Lucien nickte, während er sich insgeheim über seine eigene Blindheit wunderte. Jeder schien bemerkt zu haben, wie sehr seine Gemahlin ihn liebte – außer er selbst. Als ein Page seinen Wallach herbeiführte, schwang Lucien sich auf das riesige Tier.
Das Tier schnaubte und stampfte ungeduldig auf. Agravar ergriff kurz seine Zügel, um Lucien Lebewohl zu sagen. Obwohl er nur wenige Worte gebrauchte, lag doch all seine Zuneigung und Sorge darin. „Wikinger zu den Waffen, alter Freund.“
Lucien antwortete ihm in gleicher Weise, danach trieb er sein Pferd zu einem schnellen Galopp an. Er ritt zum See, um herauszufinden, wer auch immer seine geliebte Gemahlin entführt hatte. Anschließend würde er sie nach Hause bringen und versuchen, ihre Liebe wiederzugewinnen, die er so töricht aufs Spiel gesetzt hatte.
25. KAPITEL
Als Alayna das Bewusstsein wiedererlangte, lag sie allein in der Hütte, in der bedrückendes Schweigen herrschte. Ihr Kopf
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