HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
dass ihr Duft immer noch so frisch und ansprechend war wie tagsüber auf ihrem gemeinsamen Ritt. Beinahe hätte er sie bei dieser Überlegung fallen lassen.
„Langsamer, Sir Gerhart!“, verlangte Kathryn barsch. „Ich wünsche nicht, mir auch noch den anderen Knöchel zu verstauchen.“
„Wie Ihr befehlt, Mylady .“ Sie war verdammt selbstsicher. Und unverschämt.
Niemand sagte ein Wort, als Wolf sich wieder auf seinen alten Platz mit dem Rücken zum Baum setzte und Lady Kathryn auf seinen Schoß zog. Sie wollte fort von ihm, fühlte aber seinen eisernen Griff wie einen Schraubstock um ihr Handgelenk. Wolfs bohrender Blick ließ sie erkennen, dass er keinen weiteren Widerstand mehr dulden würde.
„Ihr werdet heute Nacht nah bei mir bleiben.“
Obwohl Kathryn beinahe der Atem gestockt hätte, konnte sie noch ihre Stimme beherrschen. „Das könnt Ihr nicht ernst meinen! Das ist ganz und gar unschicklich!“
„Nicht weniger schicklich, als Euch fortlaufen und Euch selbst umbringen zu lassen, wenn Ihr wieder einen Abhang hinunterstürzt.“
Mit diesen Worten raffte er seinen Umhang fest um sich und das Mädchen und lehnte sich zurück. Kathryns Kopf zog er an seine Brust und ließ sie hinuntergleiten zwischen seine Schenkel. Sie erschien ihm viel weicher als zuvor. Vielleicht war sie ja wirklich schon eine voll entwickelte Frau, so wie sie gesagt hatte, und nicht ein verrückter Wildfang.
„Bei allen Heiligen, ich werde nicht hierbleiben!“ Sie versuchte aufzustehen, doch Wolf fasste sie um die Taille und zog sie wieder herunter zu sich, bis sie Brust an Brust mit ihm zu liegen kam.
„Das werdet Ihr“, sagte er scharf.
Da sich aber auf beunruhigende Weise wohlgeformte Brüste unverkennbar in die weiche Wolle seiner Tunika pressten, musste Wolf sich dazu zwingen, seine Aufmerksamkeit wieder ihrem schmutzigen, zerschundenen, missgestalteten Gesicht zuzuwenden. Er konnte nahezu fühlen, wie sich ihre Brustspitzen zu versteifen begannen. Da sein Körper gegen sein besseres Wissen, sie nicht anrühren zu dürfen, zu rebellieren drohte, versuchte er, seine Aufmerksamkeit auf ihr stures, unangenehmes Wesen zu lenken.
Er war ein Mann mit Disziplin und ausgezeichnetem Geschmack. Gewiss hatte er keinen Bedarf für dieses aufsässige, widerspenstige, reizlose, schmutzige Balg. Er war niemand, der einfach irgendeine nahm, nur um eine Frau in seinem Bett zu haben. Auch wusste er, dass er es viel besser treffen würde, wenn er zurückkehrte und die Schönheit vom See fände. Und schon bald, nahm er an, gäbe es ja auch noch Lady Anna. Gewiss brauchte er diesen frühreifen Wildfang nicht, der nur darauf erpicht war, sich selbst Schaden zuzufügen.
Kathryn glitt an ihren alten Platz zwischen seinen Beinen zurück. Ihr Gesicht schmerzte, in ihrer Schulter und Hüfte pochte es seit dem Sturz, und jetzt brannte auch noch ihr Knöchel wie Feuer. Sie verlor jegliche Lust daran, die Sache mit König Heinrichs Ritter auszufechten. Noch dazu wollte der verdammte Rüpel nicht einmal seinen Griff lockern.
Trotz allem, und sehr zu seiner Verwunderung, zog sich Lady Kathryn ihre Kapuze über die abgetragene Kappe und schlief ein.
3. KAPITEL
Wolfram fand nur wenig Ruhe. Lady Kathryn dagegen rollte sich zusammen wie eine kleine Katze und fiel in einen tiefen Schlaf. Ihre unruhigen Bewegungen, ihre kleinen Seufzer und die Art und Weise, wie sie die ganze Nacht lang an seinem Umhang zerrte, hinderten ihn daran, ebenfalls einzuschlafen. Wie hatte die Alte sie genannt? „Kätzchen?“ Das passte zu ihr.
Als sie sich in seinen Schoß schmiegte, hörte er sie beinahe vor Behaglichkeit schnurren. Nein, er konnte sich in dieser Nacht wirklich nicht so recht ausruhen.
Gegen Mittag fing es an zu regnen, was Wolfs ohnehin schon üble Stimmung nicht gerade hob. Wolf gab ein gemäßigtes Reittempo vor, damit die alte Frau leicht mithalten konnte, sah aber bald, dass sie trotzdem Schwierigkeiten hatte. „Nicholas.“
Wolfs Cousin wurde aus seinen eigenen trüben Gedanken gerissen und blickte auf.
„Kümmer dich um sie.“ Mit einem leichten Kopfnicken deutete Wolfram auf das Ende der Reitergruppe.
Kathryn drehte sich so, dass sie an Wolf vorbeischauen konnte, und sah, wie Nicholas Bridget zu sich auf sein Ross nahm. Er ließ sie vor sich sitzen und schlug seinen Umhang um sie, um ihr einen so angenehmen Ritt wie möglich zu verschaffen. Wenn nicht dieser grimmige Blick in Wolfs tiefgrauen Augen gewesen wäre, hätte Kathryn sich
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