HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
wie gerne sie sich an ihn schmiegen wollte, ihm sagen wollte, wie leid es ihr tat, dass er nun auf Befehl des Königs und entgegen seines Willens an sie gebunden war. Kathryn wollte, dass er sie wieder so küsste wie in Kendal oder auch in Somerton, als er noch nicht gewusst hatte, wer sie war. Jetzt, da er es wusste, sah sie, dass er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte.
Es war ein rauschendes Fest. Der ganze hohe und niedere Adel der Umgebung war gekommen, um der Hochzeit beizuwohnen und den König noch ein letztes Mal vor seiner Abreise nach Frankreich zu sehen. Hunderte von Gästen waren zugegen, von denen Kathryn und Wolf die meisten nicht kannten. Die Braut und der Bräutigam setzten sich zum Essen und hörten Trinksprüche, die ihnen zu Ehren ausgebracht wurden.
Schließlich wollte auch der König selbst, bevor er das Bankett verließ, auf den Duke und die Duchess of Carlisle anstoßen und bestand darauf, dass sie seine guten Wünsche mit einem Kuss besiegeln sollten. Wolf gehorchte und küsste Kathryn flüchtig auf die Wange.
„Mein lieber Duke“, ermahnte ihn der König mit einem schalkhaften Lächeln, „solch ein kleiner Hauch genügt nicht. Küsst Eure Braut so, wie ein Mann eine Frau küssen sollte.“
Kathryn errötete, da sie wusste, dass Wolf und sie Heinrichs Aufforderung nachkommen mussten, obgleich sie in Gegenwart Hunderter anderer Leute waren. Sie war sich jedoch der unglaublichen Anziehungskraft ihres Mannes bewusst und sehnte sich sehr danach, von ihm berührt zu werden und die Kluft zwischen ihnen zu schließen. Sie konnte sich nur allzu gut daran erinnern, wie es war, von dem Feuer seiner Hände verzehrt zu werden, da der Gedanke an das eine Mal in Kendal sie seit ihrer Ankunft in London nicht mehr loslassen wollte. Sie wünschte nur, er würde sie jetzt nicht so abstoßend finden.
Wolf nahm ihr Kinn und drehte ihren Kopf zu sich. Es lag eine Leidenschaft, fast schon eine Fieberglut in seinem Blick, als sie ihm in die Augen sah. Ein merkwürdiges Gefühl überkam sie, so als ob er das gleiche Verlangen verspürte wie sie. Seine Lippen berührten die ihren sanft, fast zärtlich. Sie seufzte leicht, laut genug, dass er es vernahm, worauf er den Druck seines Kusses verstärkte.
Keiner von beiden hörte das laute Gejohle der Menge, als Wolf seinen Mund verlangend auf ihren presste und den Arm um ihre Taille legte, um sie fester an sich zu ziehen. Ihre Hände glitten aufwärts und umfassten seinen Nacken, während sie ihm die Lippen bereitwillig, ja geradezu verzweifelt öffnete. Ein Feuer loderte in ihr auf, als sich ihre Zungen trafen, und Kathryn schmolz dahin.
Bitte lass es wahr sein , betete sie im Stillen, doch plötzlich löste Wolf sich von ihr. Ihr Herz pochte so schnell und so wild, dass sie kaum mehr atmen konnte. Es war ihr unmöglich, den Blick von Wolf zu wenden, dessen Augen immer noch dunkel waren von der Leidenschaft ihres Kusses. Langsam drang der laute Beifall der Menschenmenge an ihr Ohr. Beschämt von ihrem Verhalten nahm sie die Arme von Wolfs Nacken.
Doch er ließ sie nicht los. Er war von ihren Augen und ihren geröteten Lippen bezaubert.
„Na also!“, rief der König. „Wenn Ihr so weitermacht, werdet Ihr schon bald Erben für Eure schönen Besitztümer haben!“ Die Gäste lachten und applaudierten zustimmend.
Einer von Heinrichs Gutsherren drängte sich durch die Menge und sprach leise mit dem König. Heinrichs Blick verfinsterte sich, dann nickte er und stand auf.
„Ich muss fort“, sagte er schließlich. Zwei Junker und drei Wachen machten sich auf, König Heinrich zu begleiten. Wolf erhob sich ebenfalls von seinem Sitz, um mit dem König zu gehen.
„Vielleicht sind wir in Schwierigkeiten, Wolf“, sagte Heinrich und bemerkte mit Genugtuung, dass Lady Kathryn mit ihrem Gatten kam.
„Sire?“
„Owen Tudor hat Nachricht erhalten, dass einige Lollarden die Leibgarde unterwandert haben“, sagte Heinrich, als sie den Festsaal verließen und den Flur betraten. „Ein paar Fanatiker, die ihrem … Missfallen darüber Ausdruck verleihen wollen, wie ich die Kirche unterstütze. Ich werde ihre Pläne durchkreuzen, indem ich mich entferne. Ich wollte mich sowieso gerade verabschieden.“
„Halt, Euer Majestät. Schickt jemanden voraus“, warnte Wolf besorgt. Alles geschah zu schnell. Der König ließ nicht seine sonstige Vorsicht walten. Der Gang war ungewöhnlich dunkel. „Wo ist das Licht? Brennen die Kerzen nicht imme…“
Die Tür zur Halle
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