HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
wahr“, sagte die Königin. „Missgönnt Euren Eltern das bisschen Glück nicht, das sie vor so vielen Jahren teilten.“
„Ich werde es versuchen“, erwiderte Kathryn ernst, obgleich sie nicht wusste, ob sie die zwei, die ihr das Leben geschenkt hatten, jemals verstehen würde. Zwei Menschen, deren Liebe dafür verantwortlich war, dass sie überhaupt existierte, die aber gleichzeitig ihr Leben zerstörten.
„Kommt“, sagte Heinrich, indem er sich erhob und seine Frau und Kathryn bei der Hand nahm. „Beruhigt Euch, und lasst uns zum Bankett gehen. Es wird mir eine Freude sein, an jeder Seite eine liebreizende Lady zu Tisch zu führen.“
„Ach, Teufel auch“, sagte Kathryn leise vor sich hin.
Ihr Bruder musste lächeln.
„Euer Gnaden.“ Die Stimme eines Mannes riss Wolf aus seinem Gespräch mit Nicholas, der gerade dem königlichen Bier zusprach. Er drehte sich um und sah den Earl of Langston. „Darf ich einer der Ersten sein, der Euch gratuliert. Eure Braut scheint Mut und Verstand zu besitzen und außerdem noch recht hübsch zu sein.“
„Lasst mich Euch ebenfalls beglückwünschen, Euer Gnaden“, fügte der Marquess of Kendal hinzu, der dem Bankett mit seinem Sohn und seiner Schwiegertochter beiwohnte. „Wann werdet Ihr die Lady heiraten?“
„Seine Majestät möchte, dass die Zeremonie in drei Tagen stattfindet“, sagte Wolf geistesabwesend und wandte sich wieder seinem Cousin zu, der aber gerade durch die Menge davonschlenderte. Wie liebenswürdig er ist, wenn er getrunken hat, dachte Wolf.
Wolf hörte, dass der König die Halle betreten hatte, war aber zu weit entfernt, um das Königspaar sehen zu können. Da er wusste, dass er neben der Königin sitzen sollte, entschuldigte er sich bei Beauchamp und Markham und machte sich auf den Weg zur Ehrentafel. Als er schließlich des Königs und der Königin ansichtig wurde, waren es nicht diese beiden, auf die sein Blick fiel. Seine Aufmerksamkeit richtete sich vielmehr auf Kathryn, die neben Heinrich stand. Sie war ein Traum, vom Kopf bis zu den Füßen ganz in schimmerndes Weiß und Gold gekleidet. Kathryns lockiges flachsblondes Haar fiel ihr prächtig den Rücken hinab und umspielte zart ihr Gesicht. Sie war so schön, wie er sie im Gedächtnis hatte, und ihm schwindelte bei dem Gedanken, sie an Rupert Aires zu verlieren. Er dachte an die lange Zeit, die sie mit ihm in seinem Sattel verbracht hatte. Sie war ihm so nah gewesen. Er erinnerte sich auch, wie weich sich ihre Haut angefühlt und wie sie ihn in Kendal geküsst hatte. Sein Herz pochte wie wild. Sie war alles, was er auf dieser Welt begehrte, Wunschbild und Wirklichkeit. Vielleicht würde der König …
Schlagartig wurde ihm die Lage klar. Kathryn nahm einen Ehrenplatz zur Linken des Königs ein. Hölle und Teufel! Kath ryn war des Königs Schwester, die „Catherine“, die er ehelichen sollte.
Doch hatte er sie an diesem Morgen weinen sehen, sicherlich nachdem sie den Befehl erhalten hatte, ihn statt ihres geliebten Ruperts zu heiraten.
König Heinrich blickte Wolf an und bat ihn vorzutreten. In diesem Augenblick drehte sich Kathryn in seine Richtung und sah ihn kommen. Ihr Herz pochte wild. Wolf ist so viel mehr als Rupert jemals sein wird, dachte sie und genoss es, zu sehen, wie er sich behände durch die Menge auf sie zubewegte. Er trug ein tiefblaues Gewand, das sein dunkles Haar und das Silbergrau in seinen Augen unterstrich. Wenn sie doch nur … aber das war unmöglich. Selbst wenn sie nicht mit dem alten Herzog verlobt wäre … was würde Wolf schon mit einem Bastard des alten Königs Heinrich anfangen wollen?
Als er näher kam, fühlte Kathryn, wie sie vor Scham errötete, da Wolf nun bald erfahren sollte, dass sie die illegitime Schwester des jetzigen Königs war. Sie wollte am liebsten davonlaufen und sich ganz allein in einem Raum einschließen.
Während Kathryn noch über ihre missliche Lage grübelte, hörte sie deutlich, wie die König Heinrich am nächsten sitzenden Ritter Wolf mit „Euer Gnaden“ ansprachen, und sah, dass sie sich förmlich vor ihm verneigten. Sie hatte nicht gewusst, dass ein Earl jemals „Euer Gnaden“ genannt wurde, und glaubte, nur einem Duke stände dieser Titel zu.
Grundgütiger! Kann Wolf ein Duke sein?, fragte sie sich. Sie war sich so sicher gewesen, dass Windermere nur ein Grafentum war.
Warum war alles nur plötzlich so verworren? Kathryn warf einen verwirrten Blick auf den König, der Wolf mit einem einzigen Wort grüßte,
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